Ballhaus und Wilson neu an der Leuphana

Michael Ballhaus, der mit Filmen von Rainer-Werner Fassbinder, Wolfgang Petersen und Martin Scorsese berühmt geworden ist und dreimal für den Oscar nominiert war, besuchte die Leuphana erstmals während der Startwoche für Studienanfänger, der ARTotale 2009. Die Erstsemester der Universität hatten die Aufgabe, die Kommunikationskonzepte von 35 international bekannten Streetart-Künstlern in Videoclips zu übertragen. Ballhaus begleitete und unterstützte sie in der Endphase der Filmbearbeitung, gab Anregungen zu Schnitt und Vertonung und wirkte in der Jury unter Vorsitz von Berlinale-Direktor Dieter Kosslick mit.

Prof. Ballhaus wird auf dem Gebiet der Nachhaltigkeitsforschung ein Projekt gemeinsam mit Wissenschaftlern der Leuphana vorantreiben. Seine im Jahr 2007 ins Leben gerufenen Umweltinitiative „The Future is now“ e.V. verfolgt das Ziel, mit Hilfe kurzer Filme breite Aufmerksamkeit für ein klimabewusstes Verhalten zu erreichen. Ein Team aus fünf Nachwuchswissenschaftlern der Leuphana wird ihn künftig dabei unterstützen, die Themen und Skripte für die Kurzfilme fachlich überprüfen und Vorschläge zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Filmreihe entwickeln.

Ballhaus freut sich auf seine neue Aufgabe: „Schon bei der Startwoche hat mich beeindruckt, wie kreativ und professionell die Studierenden des Colleges arbeiten. Auch die Gespräche mit den jungen Nachhaltigkeitswissenschaftlern haben mir gezeigt, dass die Leuphana der richtige Ort ist, um neue Ideen zu entwickeln und dabei Erfahrung und Innovation miteinander zu kombinieren.“

Ballhaus verfügt über jahrzehntelange Lehrerfahrungen: Er unterrichtete u.a. an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin, der Hamburg Media School und dem Berlinale Talent Campus. Er leitet die Abteilung Kamera an der Hochschule für Film und Fernsehen in München als Honorarprofessor. Holm Keller, Kanzler und Hauptamtlicher Vizepräsident der Leuphana, sieht in dem neuen Professor eine große Bereicherung für die Universität: „Wir freuen uns sehr, dass Michael Ballhaus künftig noch enger mit der Leuphana Universität zusammen arbeiten wird. Seine Verdienste um die Filmkunst, seine Vertrautheit mit dem internationalen Filmgeschäft und sein Engagement für das Thema Nachhaltigkeit bieten hervorragende Anknüpfungspunkte für die Entwicklung gemeinsamer Vorhaben.“

 

Ein Engagement an der Leuphana kann sich auch Robert Wilson vorstellen. Wilson zählt zu den einflussreichsten und meistdiskutierten Theatermachern der Gegenwart. In einem Vortrag an der Leuphana beschäftigte er sich jetzt mit dem Aufbau und Konzept des Watermill Centers.

Die 1992 von Wilson gegründete Einrichtung macht künstlerische Projekte zum Gegenstand der Lehre, die verschiedene Genres und Formen von Kunst in neuartiger Weise miteinander verbinden. Ausgewählte junge Künstlerinnen und Künstler werden eingeladen, gemeinsam mit etablierten Stars des Kunstbetriebs im Watermill Center zu leben und zu arbeiten. Das Center versteht sich als ein Sprungbrett für die künftige künstlerische Avantgarde. „Die Stärke, die das Watermill Center ausmacht, ist seine Vielfältigkeit“, sagt Wilson. Die Idee könne auch in Lüneburg funktionieren, ist der 68-Jährige überzeugt.

Mit seinem Vortrag lieferte Wilson einen wichtigen Diskussionsbeitrag für die künftige Ausrichtung der Künstlerförderung des Landes Niedersachsen. Das niedersächsische Wissenschaftsministerium hatte mit Blick auf nationale, europaweite und internationale Entwicklungen im Feld der Artist in Residence-Programme vor einem Jahr entschieden, seine Künstlerförderung neu zu strukturieren und an der Leuphana Universität Lüneburg zu konzentrieren.

Die Universität verfügt über eine langjährige Tradition in der Kulturforschung. Sie bietet so die besten Voraussetzungen dafür, junge Kunstschaffende in den laufenden Betrieb einer Universität einzubinden. Die enge Verzahnung des Kunst- und Wissenschaftsumfelds ermöglicht eine neuartige Auseinandersetzung und integriert zugleich die vielfältigen Netzwerke und Möglichkeiten in Kunst und Wissenschaft.

Holm Keller, Hauptamtlicher Vizepräsident der Leuphana: „Es ist uns eine Ehre, mit Robert Wilson einen der wichtigsten Vertreter des Gegenwartstheaters in Niedersachsen begrüßen zu dürfen. Wilsons Watermill Center hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Innovationsführer in der interdisziplinären Künstlerförderung entwickelt. Wir hoffen, dass sich aus dem Vortrag Ansatzpunkte für eine dauerhafte Zusammenarbeit ergeben.“

 
Zu den Personen:

Michael Ballhaus:
Als Kameramann wurde er zunächst durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Rainer-Werner Fassbinder bekannt. Seinen ersten Film mit Martin Scorsese drehte er 1985. In der Folge arbeitete er unter anderem mit den Regisseuren Mike Nichols, Volker Schlöndorff, Wolfgang Petersen und Francis Ford Coppola zusammen.

1987 erhielt Prof. Ballhaus für seine Arbeit an „Nachrichtenfieber“ seine erste Nominierung für einen Academy Award. Zwei Jahre später wurde er für „Die fabelhaften Baker Boys“ ein weiteres Mal für den Oscar nominiert. Seine dritte Nominierung für Beste Kameraarbeit (Best Cinematography) erhielt er für den Scorsese-Film „Gangs of New York“ im Jahr 2002. Michael Ballhaus erhielt 2007 für sein Lebenswerk – als erster Deutscher und einer von weltweit insgesamt nur 18 Preisträgern – den International Achievement Award der renommierten American Society of Cinematographers sowie den Europäischen Filmpreis.


Robert Wilson:

Robert Wilson ist einer der einflussreichsten und meistdiskutierten Theatermacher der Gegenwart, und ist mit über 100 Produktionen auch einer der produktivsten. Sein Weg führte ihn dabei an nahezu alle großen Häuser der Welt. Robert Wilsons Produktionen haben Theatergeschichte geschrieben. Retrospektiven im Centre Pompidou, im Guggenheim Bilbao und im Boston Museum of Fine Arts würdigten ihn auch als bildenden Künstler.

Als einer der führenden Kräfte der Avantgardeszene in Manhattan schuf Wilson gemeinsam mit dem Komponisten Philip Glass die monumentale Oper "Einstein on the Beach" (1976), die weltweit Aufsehen erregte. Nach dem Erfolg mit Einstein arbeitete Wilson zunehmend an den wichtigsten europäischen Theatern, Opernhäusern und Festivals. Seit den frühen 90er-Jahren inszenierte er verstärkt das klassische Opernrepertoire, unter anderem "Parsifal" (1991), "Die Zauberflöte" (1992) oder "Madame Butterfly" (1993). Zu Wilsons vielfältigen Ehrungen gehören unter anderem zwei Guggenheim Fellowships (1971 und 1980), das Rockefeller Foundation Fellowship (1975) oder der National Design Award (2001).