Ausstellung: „Die Mädchen von Zimmer 28 L410“

Theresienstadt ist eine der berüchtigten Orte des Vernichtungsprogramms der Nationalsozialisten. Im Ghetto starben unzählige Menschen, überwiegend mit jüdischem Hintergrund. Obgleich ihnen der Tod bereits vor Augen stand, entwickelten die Menschen im Konzentrationslager dennoch vielfältige Ansätze, ihrer Existenz weiter einen Sinn zu geben. Einige wenige von Ihnen konnten sich so nicht nur das Überleben sichern. Nach der Befreiung gelang es ihnen auch, Ansätze zur Bewältigung der schweren psychischen Folgen des Lageraufenthaltes und des allgegenwärtigen Todes zu entwickeln.

Die Leuphana Universität gab in einer Ausstellung einen Einblick in das Lagergeschehen in Theresienstadt. "Die Mädchen von Zimmer 28" zeigten den Nachbau eines Raumes, in dem 30 Mädchen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren auf engstem Raum zusammen lebten. Dazu Schautafeln, die das Leben im KZ Theresienstadt widerspiegelten und eine Reihe von Reproduktionen zu Bildern, die von den Mädchen gemalt, gezeichnet oder als Collage gearbeitet worden waren. Die Ausstellung ist ein Projekt des Frauen- und Gleichstellungsbüros der Leuphana, der Geschichtswerkstatt Lüneburg und des Kulturbüros des Studentenwerks Braunschweig.

"Unsere Betreuerinnen vermittelten uns einen Begriff von Menschlichkeit, Freundschaft und Solidarität. Wir, alle Mädchen aus "28" waren bestrebt, uns zu vervollkommnen, mehr zu lesen, mehr zu erfahren - besser zu werden", berichtet Eva Landová von ihrer Zeit in Theresienstadt. Der Gemeinschaft der Lagerinsassen gelang es, den Mädchen einen Gegenpol zu bieten gegen das Bewusstsein der alltäglichen Morde an Mitinsassinnen durch die Nazis, gegen Verzweiflung und Einsamkeit, die Angst und die Hoffnungslosigkeit. Bildung und Gemeinschaftssinn, vermittelt von starken Menschen, die ihre Verantwortung wahrnahmen, standen unter dem Motto: Erziehung zur Menschlichkeit.

"Ich möchte von Herzen den Zeitzeuginnen und den Initiatorinnen dieser Ausstellung dafür danken, dass sie uns zu wahrhaftigem Zugang geholfen und mit ihrer Arbeit dazu beitragen haben, ein kleines Stück des verlorenen Geistes, der fehlenden Lebendigkeit und dem unbeschreibbaren Leiden zugänglich zu machen. Erfahrungen lassen sich zwar nicht darstellen, nicht repräsentieren, aber Erzählungen können Einblicke geben, Bilder Eindrücke vermitteln - und so können sie helfen, auch wenn der Zivilisationsbruch bleibt und die Erinnerung der Opfer unsere einzige Quelle ist", sagte Unipräsident Sascha Spoun zur Ausstellungseröffnung am 9. November 2008.

Dokumentiert war das Leben im Zimmer 28 im Bibliotheksfoyer der Leuphana Universität Lüneburg. Der Nachbau des Zimmers stand im Zentrum, ergänzt durch Bilder, Schautafeln und ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm an der Leuphana und in der Stadt Lüneburg. Bereits bei der Eröffnung hatten sich rund 200 Besucherinnen und Besucher einen Eindruck verschafft. Einen Tag später berichtete die Zeitzeugin Evelina Merova über ihre Erinnerungen. Verfügbar sind auch Lehrmaterialen, mit denen die Ausstellung und deren Thema in den Unterricht und in Besuche von Schulklassen integriert werden können.

Die Ausstellung an der Leuphana war bis zum 28. November 2008 zu sehen. Zum Thema gibt es auch ein Buch, das als Grundlage für die Ausstellungskonzeption diente: Hannelore Brenner-Wonschick; Die Mädchen von Zimmer 28. Es ist im Jahr 2004 mit authentischen Berichten, Erinnerungen der Überlebenden, Briefen, amtlichen Eintragungen, Tagebuchnotizen, Poesiealben und gemalten Bildern erschienen.