Essaywettbewerb 2011


Die Liebe fürs Leben: spießig – möglich – ideal?

Die Shell-Jugendstudie hat 2010 erneut festgestellt, dass die Generation der heute 20- bis 30-Jährigen viel bodenständiger ist als ihr Ruf – und möglicherweise sogar als ihre Eltern. Stabile Partnerschaften, Hochzeit, Kinderkriegen – das alles steht bei den jungen Erwachsenen hoch im Kurs. Doch wie sieht es wirklich mit der „großen Liebe“ aus? Braucht es einen festen Lebenspartner, um glücklich zu werden? Ist das „Happy End“ à la Hollywood der Anfang oder das Ende der Liebe? Was ist eine erfüllte Beziehung? Gibt es Gründe der Liebe? Was sagt die Psychologie, Anthropologie oder Evolutionsbiologie dazu? Mit dieser vielseitigen und spannenden Frage beschäftigte sich das Modul „Wissenschaft macht Geschichte“ im Wintersemester 2010/11. Zum dritten Mal schrieb das Modul außerdem den Leuphana Essay-Wettbewerb aus. Abiturientinnen und Studienanfänger aus ganz Deutschland waren eingeladen, einen Text zu schreiben zum Thema: „Die Liebe fürs Leben: spießig? möglich? ideal?“ Über 400 Teilnehmer reichten schließlich ihre Essays rechtzeitig vor Ablauf der Frist ein. Dabei gingen in der Kategorie Schüler mehr als doppelt so viele Bewerbungen wie im Vorjahr ein.

Am 14. April 2011 um 18 Uhr fand die feierliche Preisverleihung statt. Prof. Christoph Jamme als Modulverantwortlicher begrüßte die Gäste, und nach einer kurzen Ansprache durch Universitätspräsident Prof. (HSG) Dr. Sascha Spoun konnten die 6 Preisträgerinnen und Preisträger endlich geehrt werden.

In der Kategorie „Schülerinnen und Schüler“ belegte Karolin Salmen (Friedrich-Spee-Gymnasium, Rüthen) den ersten Platz. In seiner Laudatio lobte Juror Jan Thiemann (Redakteur Unicum) die Risikobereitschaft, mit der sich die Abiturientin „dem Zustandsbericht der eigenen Generation“ widmet, ohne dabei altklug zu werden. „Mit klarer schöner Sprache, mit Ideen, mit einer überzeugenden Meinung und mit viel Musik, ja richtig Musik“ habe der Text „Liebesmedley“ die Jury überzeugt.

Auf Platz zwei gelangte Ludwig Bachmann (Elisabeth-von-Thadden-Gymnasium, Heidelberg) mit dem Essay „Eine Rose auf giftigem Grund“. Thiemann lobte den Autor, denn „aus vielen klugen Gedanken und Bildern leiht er sich seine Ideen, holt sich Anregungen, macht es zu seinem Projekt!“ Um seine Zukunft brauche sich die Jury keine Sorgen zu machen. Beide können sich über eine neue Fotokamera von Olympus freuen, die sich auf der ebenfalls gewonnenen vierwöchigen Interrail-Reise (1. bzw. 2. Klasse) sicherlich bewähren wird. Den dritten Platz, einen iPod Touch, gewann Hanna Hiepe, die schon letztes Jahr ihr Abitur auf der Peter-Joseph-Lenné-Gesamtschule, Potsdam absolviert hat. Die Autorin des Essays "Die Poesie der Sinne" fragte gleich vorneweg provokant: Sind wir alle doof? Beeindruckt war die Jury laut Thiemann von der Vielzahl der Orte, an denen Hiepe nachgefragt hat – bei Disney, bei den Naturwissenschaftlern, bei Psychologen, Schriftstellern und Pärchen im Bekanntenkreis. Beruhigend fand er auch die Antwort: Wir sind nicht alle doof! Thiemann lobte: „Das Ganze ist klug argumentiert, mit der Wärme erzählt, die dieses Thema braucht, ohne sich im Kitsch oder Banalen zu verlieren.“

Die Laudationes in der Kategorie „Studentinnen und Studenten“ hielt Jan Martin Wiarda (ZEIT), der schon von Anfang an als Juror den Leuphana Essaywettbewerb unterstützt hat. Geradezu begeistert lobte er den Mut von Leuphana Studentin Anna Aridzanjan, die mit ihrem Essay „Amor wird nur in Krisen wach“ den besten Essay eingereicht hatte – und möglicherweise auch den persönlichsten, hatte sie ihren ursprünglichen (positiveren) Essay doch aufgrund der Trennung von ihrem damaligen Freund völlig neu schreiben müssen. Wiarda lobte die anschauliche, locker wirkende und doch exakte Sprache und den Mut, „auf unaufdringliche Weise ein Stück von ihrem Inneren zu zeigen – gelegentlich wütend, stets geistreich, vor allem aber nie kitschig“ und wünschte, stellvertretend für die ganze Jury: „Ich würde gern mehr von Anna Aridzanjan lesen.“ Einen neuen Reisebegleiter für ihre Interrail-Tour 1. Klasse und ihre Olympus-Kamera hat sie zum Glück offenbar schon gefunden...

In der zweiten Klasse wird Gerrit Steffen reisen, der den zweiten Platz belegt hat. Besonders sympathisch fand Wiarda die „unprätentiöse, journalistisch anmutende Sprache“ des jungen Autors, tröstlich fand er, „dass Steffen doch noch irgendwo und irgendwie an die Liebe glaubt – wenn auch mit Bodenhaftung.“ Die von Steffens für die Partnerwahl empfohlene Devise „Gut genug ist besser“ habe er für seinen Essay nicht gelten lassen: „Steffens Essay dagegen ist nicht gut, sondern bestens.“

Platz drei und damit ein iPod Touch ging an Teresa Pfützner, die Wiarda mit ihrem bewusst logisch-deduktiven Ansatz beeindruckt hatte: Ihre klare Argumentation, in der nur die Gesetze der Logik gelten, führte sie allerdings zu dem Schluss: „Die Liebe fürs Leben gibt es nicht, es kann sie nicht geben.“ Auch wenn die Jury das hart fand, und Wiarda ihr „Erfahrungen wünschte, die ihre Logik widerlegen“ würden, so müsse man ihr dennoch „Tribut zollen für die Direktheit, für die Ehrlichkeit und die Qualität ihres Essays“ – zumal vor dem Hintergrund gleichbleibend hoher Leistung, denn Frau Pfützner hatte auch schon 2010 in der Kategorie „Schülerinnen und Schüler“ einen dritten Platz belegt. Die selbsternannte „ewige Dritte“ fand es nur schade, dass sie im nächsten Jahr nicht erneut antreten kann…

Beim anschließenden inoffiziellen Teil konnten stolze Eltern, Freunde und Kommilitoninnen und Kommilitonen ausgiebig Fotos machen und mit den Preisträgern noch einmal anstoßen. Im Hörsaalgang hatte das Essay-Team einen Sektumtrunk und ein großzügiges Angebot von Häppchen und Kanapés vorbereitet.