Course Schedule


Lehrveranstaltungen

Das koloniale Erbe der Instrumentenkunde. Ein Forschungsprojektseminar (Seminar)

Dozent/in: Sarah-Indriyati Hardjowirogo

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 10:15 - 11:45 | 18.10.2021 - 04.02.2022 | C 11.319 Seminarraum

Inhalt: Die Etablierung der Instrumentenkunde als wissenschaftliche Disziplin vor gut einem Jahrhundert ist untrennbar mit dem damaligen Selbstverständnis europäischer Nationen verknüpft, als Kolonialmächte Besitz- und Deutungsanspruch auf alles zu haben, was den unter ihrer »Schutzherrschaft« stehenden Gebieten entstammt. Mit den Forschungsexpeditionen in die Kolonien werden auch zahlreiche bis dahin hier unbekannte Musikinstrumente aus Asien und Afrika nach Europa gebracht, oftmals unter fragwürdigen oder zumindest ungeklärten Umständen. Von dieser »Flut« noch weitestgehend unerforschter Objekte profitieren vor allem die zu dieser Zeit populären völkerkundlichen Museen und Musikinstrumentensammlungen. Diese sehen sich dadurch jedoch zugleich vor die Aufgabe gestellt, sich wissenschaftlich – und das heißt damals vor allem: objektiv und systematisch – mit diesen Instrumenten auseinandersetzen, sie zum Gegenstand einer Erzählung der Musikinstrumente »aller Völker und aller Zeiten« (Curt Sachs) zu machen. Es ist die Geburtsstunde einer Disziplin, die für sich in Anspruch nimmt, Aussagen über Dinge treffen zu können, über deren Herkunft und Gebrauch sie nur wenig weiß, und deren Versuche, kulturelle Artefakte unabhängig von ihrer kulturellen Dimension analysieren zu wollen, aus heutiger Sicht als Ausdruck einer eurozentristischen Kulturhegemonie, ja als »Akt der Kolonisation« (Kevin Dawe) gelesen werden können. Das Seminar reflektiert und diskutiert die Voraussetzungen und Bedingtheiten der wissenschaftlichen Instrumentenkunde im europäischen Kolonialismus und betritt dabei bemerkenswerterweise seinerseits »Terra incognita«, denn dieses Kapitel in der Geschichte der Instrumentenkunde ist bislang noch weitgehend unkartografiert geblieben. Aus diesem Grund können wir hier nicht auf einen tradierten Kanon an einschlägiger Literatur zurückgreifen, sondern müssen uns selbst auf Spurensuche begeben und wissenschaftshistorische Forschung in Echtzeit betreiben. Die Studierenden entwickeln im Seminar eigenständig Forschungsfragen zum Thema, diskutieren in Gruppen und im Plenum mögliche theoretische und methodische Ansätze und veröffentlichen ihre Ergebnisse am Ende des Semesters in Form von Blogbeiträgen auf der Webseite des ((audio))-Schwerpunkts. Auf diese Weise erproben sie im Laufe des Semesters ganz praktisch und am konkreten Beispiel Prozesse des wissenschaftlichen Arbeitens. Dabei erhalten sie fortlaufend inhaltliche Impulse und stehen in engem Austausch miteinander und mit der Seminarleitung.