Course Schedule


Lehrveranstaltungen

Ökologien des Lebendigen: dekoloniale Perspektiven auf Animismus, Relationalität und Materialität (Seminar)

Dozent/in: Anika Beckwermert

Termin:
Einzeltermin | Fr, 29.10.2021, 14:15 - Fr, 29.10.2021, 17:45 | Online-Veranstaltung | Kickoff (online)
Einzeltermin | Sa, 11.12.2021, 08:15 - Sa, 11.12.2021, 11:45 | C 40.530 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 11.12.2021, 14:15 - Sa, 11.12.2021, 15:45 | C 40.530 Seminarraum
Einzeltermin | So, 12.12.2021, 12:15 - So, 12.12.2021, 15:45 | C 40.530 Seminarraum
Einzeltermin | Fr, 21.01.2022, 14:15 - Fr, 21.01.2022, 17:45 | C 40.146 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 22.01.2022, 08:15 - Sa, 22.01.2022, 11:45 | C 40.146 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 22.01.2022, 14:15 - Sa, 22.01.2022, 15:45 | C 40.146 Seminarraum
Einzeltermin | So, 23.01.2022, 12:15 - So, 23.01.2022, 15:45 | C 40.146 Seminarraum

Inhalt: „Today, it seems interesting to me to go back to what I would call an animist conception of subjectivity...“ (Félix Guattari, zitiert in Melitopoulos and Lazzarato 2012) Der Begriff des Animismus entzieht sich einer eindeutigen Bestimmung.Vielmehr lässt sich heute ein neues Interesse und eine konzeptionelle Verschiebung beobachten, die sich von seinen anthropologischen und kolonial geprägten Besetzungen im 19. Jh. als religiöse und metaphysisch vor-moderne Praxis (Tylor 1913 ) löst. Sind diese vor allem geprägt von Binarismen, welche die Vorstellungen einer Animiertheit (etym. animatur, filled with life; animare, to breath u.a., sh. M. Chen) gegen rationale, „entzauberte“ Modelle von Welterklärung als epistemisch unterlegen einordnen und damit die Differenzen von Dynamismus/Stasis, Leben/Tod, Subjekt/Objekt, Sprachliches/Nicht-Sprachliches, Mensch/Tier konsolidierten (M. Chen/ C. Borck), setzt ab den 90er Jahre ein kritischer und dekolonial orientierter Gegendiskurs ein (sh. etwa R. Grosfoguel, W. Mignolo, E. Dussel u.a.). Innerhalb der Ansätze etwa des „New Animism“ betreffen „animistische Logiken“ eine Kritik der Moderne, ihrer kolonialen Differenzen und Klassifizierungen animistischer Weltdeutungen als „failed epistemolog[ies]“ (N. Bird-David, sh. auch M. Naidu 2011). Sie befragen dann vor allem die relationalen, ethischen und emergenten Bedingungen lebendiger und posthuman relevanter Prozesse von Subjektivierung, Kollektivierung und Materialisierung (siehe etwa G. Harvey 2013). Jenseits eines Definitionsversuchs verfolgt dieses Seminar deshalb eine komparative und kritische Befragung diverser “animierter“ Praktiken, Wissensformen und “lebendiger“ Ökologien, die aus ihren situierten Kontexten zu entfalten sind. Über eine kritische Reflexion posthumaner Ökologien und relational-ethischer Debatten (I. Stengers, D. Haraway, K. Barad, S. Zepke), wie auch der Befragung differenter indigener Verständnisse von Körperlichkeit, Ethik und Kollektivität (Viveiros de Castro, L. Hogan, V. Watts, C. Barnett), verlaufen animistische Diskurse heute verstärkt entlang subversiver Perspektiven in Hinblick auf die komplexen Krisen von Umweltzerstörung, kapitalistischer Entfremdung und individualisierter Subjekte (T. Ingold, D. Abram, J. Bennett, B. Latour, P. Descola). Als nicht-duale Gegenbewegungen bestimmen neuere Konzepte des Animismus/Animierten dann eine „primacy of relationality” (N Bird-David 1999; Ingold 2006). Und damit zum einen die relationalen Bedingungen sozialer, wie ökologischer Entwürfe einer mehr-als-menschlichen, ethischen Existenz und zum anderen auch die Effekte dynamischer Prozesse von Werden und Erfahrung innerhalb digitaler, medialer und ästhetischer Milieus (O. Taiwo, T. Lamarre, C. Brunner). Über eine Pluralisierung diverser Animismen (G. Harvey) erscheinen ihre Entwürfe und ortsbasierten Praktiken dann sowohl eingefügt in anthropologische (s. O.), semiotische (A. Weber), philosophische (F. Guattari, K. Barad, V. Plumwood u.a.), künstlerische (C. Braddock, Melitopoulos and Lazzarato 2012, C. Bagnall) und literarische (L. M Silko, S. Alexie, P. F. Grace, W. R. W. Emerson) Diskurse und stellen eurozentrische Kategorien von Wissen, Glauben, Subjekt und Rationalität in Frage. Das Animistische markiert hierüber eine Analysekategorie ökologischer und intersektionaler Auseinandersetzung (M. Chen) mit Formen körperlicher und kollektiver Genese von Verwandtschaft (E. Lewis), Nicht-Neutralität (A. Hornborg) und dekolonialer Intervention (H. Garuba).