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Neu an der Leuphana: Prof. Dr. Belén González: „Frieden braucht Zeit“

13.01.2020 Die Po­li­tik­wis­sen­schaft­le­rin un­ter­sucht mit sta­tis­ti­schen Me­tho­den die Qua­lität von Kon­flik­ten in der Welt. Dar­aus will sie Grund­mus­ter ab­lei­ten - für eine bes­se­re Po­li­tik.

Prof. Dr. Belen Gonzalez ©Leuphana/Patrizia Jäger
Prof. Dr. Belen Gonzalez ©Leuphana/Brinkhoff/Mögenburg

2009 en­de­te der Bürger­krieg in Sri Lan­ka. 25 Jah­re lang kämpf­te die ta­mi­li­sche Min­der­heit für ihre Un­abhängig­keit. Ohne Er­folg. Auch nach dem Ende des Kon­flikts dau­ern die Span­nun­gen an. „Men­schen, die vor­her im Krieg mit­ein­an­der stan­den, müssen plötz­lich in Frie­den mit­ein­an­der aus­kom­men. In Sri Lan­ka ha­ben wir ge­se­hen, wie dies zur Un­ter­drückung von Min­der­hei­ten führen kann", sagt Belén González. Die Kon­flikt­for­sche­rin ist Ju­ni­or­pro­fes­so­rin für Sustainable Go­ver­nan­ce. Als ver­glei­chen­de Po­li­tik­wis­sen­schaft­le­rin beschäftigt sie sich nicht nur mit Ein­zel­fall­stu­di­en, son­dern sucht auch nach Mus­tern. „Wir be­trach­ten Kon­flik­te und Post-Kon­flikt-Ge­sell­schaf­ten auf der gan­zen Welt seit 1949, um ihre grund­le­gen­den Ursprünge und ihre Funk­ti­ons­wei­se bes­ser zu ver­ste­hen. Dar­aus las­sen sich dann Emp­feh­lun­gen für po­li­ti­sches Han­deln ab­lei­ten“, sagt Belén González.
 
Me­tho­disch stützt sich die For­sche­rin auf In­for­ma­tio­nen von großen Nach­rich­ten­agen­tu­ren, Zei­tun­gen und Agen­tur­mel­dun­gen so­wie auf das Wis­sen von Ex­pert*in­nen oder auf his­to­ri­sche Li­te­ra­tur. Sie un­ter­sucht die Re­ak­tio­nen der Bevölke­rung oder der Op­po­si­ti­on auf po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen. In Sri Lan­ka wur­den bei­spiels­wei­se In­ter­views mit rund 2500 Per­so­nen geführt und ge­fragt, wie sie die Nach­kriegs­ge­sell­schaft einschätzen. „Wir ar­bei­ten mit sehr großen Da­tensätzen, um sta­tis­tisch gülti­ge Aus­sa­gen ma­chen zu können. Das er­for­dert kol­la­bo­ra­ti­ve For­schungs­teams“, erklärt die gebürti­ge Ar­gen­ti­nie­rin. Des­halb ar­bei­tet sie mit Kol­le­gen auf der gan­zen Welt zu­sam­men.

Zu­letzt hat sich Belén González un­ter an­de­rem mit der post­au­to­kra­ti­schen Ge­sell­schaft in Chi­le beschäftigt“ „Un­ter Pi­no­chets Herr­schaft wur­den Tau­sen­de von Men­schen ge­fol­tert, er­mor­det oder Sys­tem­geg­ner ver­schwan­den spur­los. Die Art und Wei­se, wie Chi­le An­fang der 1990er Jah­re wie­der zur De­mo­kra­tie über­ging, hin­ter­ließ vie­le au­to­kra­ti­sche En­kla­ven, die bis heu­te nach­wir­ken.“ So sei es bei­spiels­wei­se noch im­mer un­klar, wer zu den Mi­li­zen gehörte, die die­se Ge­walt­ta­ten be­gin­gen, und wie das Re­gime sie or­ga­ni­sier­te, um sich nicht die Hände schmut­zig zu ma­chen. „Die­se au­to­kra­ti­schen Vermächt­nis­se mo­ti­vie­ren zum Teil auch die so­zia­len Pro­tes­te, die seit Ok­to­ber ver­gan­ge­nen Jah­res im Land pas­sie­ren“, sagt Belén González. In Nach­kriegs­ge­sell­schaf­ten müsse das Ver­trau­en durch Versöhnungs­po­li­tik und die Re­chen­schafts­pflicht für die Ge­walt in der Ver­gan­gen­heit er­neut auf­ge­baut wer­den. „Vie­le Men­schen ver­trau­en sich noch im­mer nicht ge­gen­sei­tig oder nicht ein­mal der Re­gie­rung“, sagt die Po­li­tik­wis­sen­schaft­le­rin. Die Kriegs­vermächt­nis­se in den Fällen Sri Lan­ka und Chi­le zei­gen ihr, wie fra­gil die De­mo­kra­tie ist: „Frie­den braucht Zeit. Vie­le Struk­tu­ren wie Po­li­zei oder Ver­wal­tung funk­tio­nie­ren nach Kriegs­en­de nicht mehr rich­tig. Das schafft Un­si­cher­heit", sagt die For­sche­rin. Vor al­lem freie Me­di­en sind wich­tig für die po­li­ti­sche Sta­bi­lität. 

Belén González stu­dier­te in Ma­drid Phi­lo­so­phie und hat an der Uni­ver­sität Es­sex ei­nen Mas­ter in In­ter­na­tio­na­le Be­zie­hun­gen so­wie ei­nen Dok­tor­ti­tel in Po­li­tik­wis­sen­schaft er­wor­ben. Für ihre Post­doc-Zeit kam sie an die Uni­ver­sität Mann­heim. Zu­vor war sie am Peace Re­se­arch In­sti­tu­te Oslo (PRIO) tätig und ist der­zeit Re­se­arch Fel­low am Deut­schen In­sti­tut für Glo­ba­le und Re­gio­na­le Stu­di­en (GIGA) in Ham­burg.

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- Institut für Politikwissenschaft