Lüneburg. Vor dem Hintergrund von Umweltverschmutzung und immer knapper werdenden Rohstoffen müssen die Chemieindustrie und ihre Produkte fit gemacht werden für die Kreislaufwirtschaft: Abfälle müssen weitgehend vermieden, Produkte so entwickelt werden, dass sie wiederverwendet bzw. recycelt werden können. Das spart Rohstoffe und vermindert Umweltfolgen. So lauten Kernaussagen eines jetzt in der renommierten Fachzeitschrift ‚Science' veröffentlichten Aufsatzes von drei Wissenschaftlern. Der Erstautor ist Dr. Klaus Kümmerer, Professor für nachhaltige Chemie und stoffliche Ressourcen an der Leuphana Universität Lüneburg.

Am Beispiel des Rohstoffs Kupfer lassen sich die Probleme des Recyclings gut erkennen: Bis zum Jahr 2012 hat die Menschheit etwa 560 Millionen Tonnen Kupfer gefördert (19 Millionen davon allein im Jahr 2010). Nur ungefähr die Hälfte dieses Kupfers ist nachweisbar immer noch in Gebrauch. „Wo ist der Rest?“ - fragen sich die Wissenschaftler. Vielfach ist nämlich gar nicht klar, ob es – zum Beispiel in Kabeln – immer noch genutzt wird oder für eine Weiterverwertung endgültig verloren ist. Gleichzeitig werden für die strombasierte Gesellschaft der Zukunft große Kupfermengen benötigt. Leicht zugängliche Lagerstätten und solche mit hoher Qualität werden diesen Bedarf jedoch nicht decken können. Der Abbau wird aufwendiger und für die Gewinnung und Anreicherung muss mehr Energie eingesetzt werden. Ähnlich stellt sich die Situation für viele andere Metalle dar.

Noch schwieriger ist die Lage bei Produkten mit offenen Umweltanwendungen, also etwa Pestiziden, Kosmetika, Bioziden und Pharmazeutika. Sie können nicht erneut in Umlauf gebracht oder recycelt werden, weil niedrige Konzentrationen und hohe Dispersion bei der Anwendung eine Wiederverwertung unmöglich machen.

Abhilfe könnte nach Meinung von Kümmerer und seinen Kollegen ein besseres Produktdesign schaffen. Sie versuchen deshalb auf atomarer und molekularer Ebene zu entschlüsseln, wie chemische Produkte und die ihnen zugrunde liegende synthetische Chemie in das Konzept einer Kreislaufwirtschaft passen könnten. Endprodukte sollten künftig in ihrer Zusammensetzung so einfach wie möglich sein, weniger Zusatzstoffe enthalten und toxische Bestandteile ebenso vermeiden wie solche, die beim Recycling nur schwer zu trennen sind.

Die Autoren fordern, Unternehmen für das Recycling ihrer Produkte ebenso verantwortlich zu machen, wie sie es für die Nutzbarkeit ihrer Produkte sind. Davon versprechen sie sich ein stärkeres Engagement der Industrie in Erforschung und Entwicklung von Recyclingtechnologien und verbessertem Produktdesign im Sinne der Kreislaufwirtschaft.


Originalpublikation:
Klaus Kümmerer, James H. Clark, Vânia G. Zuin, Rethinking chemistry for a circular economy, Science, 24. Januar 2020, Issue 6476, pp. 369-370, DOI: 10.1126/science.aba4979

 

Am Bei­spiel des Roh­stoffs Kup­fer las­sen sich die Pro­ble­me des Re­cy­clings gut er­ken­nen. ©Anna Stojan
Am Bei­spiel des Roh­stoffs Kup­fer las­sen sich die Pro­ble­me des Re­cy­clings gut er­ken­nen.