Blended Learning
Blended Learning kombiniert sinnvoll die Vorteile und Methoden der Präsenzlehre mit modernem e-Learning. Lehrpersonen können Blended-Learning-Formate sehr vielfältig gestalten und einen Mix aus Methoden und Modi arrangieren: Wissensvermittlung im Frontalsetting wechseln sich mit Selbstlernphasen, Gruppenübungen oder Projektarbeiten ab. Dabei sind die genutzten Medien – beispielsweise Learning Management Systeme (LMS), Lernvideos und -audios, Handouts, Bücher oder Wikis –situativ passend. Blended Learning meint damit mehr als die von der Covid-19-Pandemie beeinflusste Online-Lehre, die oft eher als „Emergency Remote Teaching“ (Hodges et al., 2020) bezeichnet wird.
Im Unterschied zur hybriden Lehre (Verlinkung zu Unterseite zur hybriden Lehre), in der die Studierenden zeitgleich vor Ort wie digital an den Veranstaltungen teilnehmen können, zeichnet sich Blended Learning durch eine sinnvolle Sequenzierung synchroner und asynchroner Phasen aus.
Aspekte
Die folgende Übersicht wirft Fragen auf, die sich Lehrende bei der Konzeption und Evaluation eines Blended-Learning-Kurses stellen sollten (abgewandelte und ergänzte Skala von Schulmeister et al., 2008). Teilweise sind diese Fragen aber auch unabhängig von dem gewählten Lehrformat des Blended Learning relevant.
Virtualität: Wofür und wie oft wähle ich das Format einer Vor-Ort-Veranstaltung und wann ist ein Online-Lehrangebot sinnvoll?
Modi/Synchronizität: Finden die Veranstaltungen synchron, asynchron oder als Mischform statt?
Sequenzierung der Modi: Wie oft wechseln synchrone Phasen und Selbstlernphasen? Wechseln sie sich ab oder ist die Sequenzierung unregelmäßig und passt sich an den Bedarf der jeweiligen Lehreinheit an?
Distribution der Lehr- und Lernziele: Wann möchte ich welche Lehr- und Lernziele umsetzen?
Gruppengröße: Wie viele Lernende sind in meinem Kurs und wie teile ich diese wiederum sinnvoll zu kleineren Einheiten auf? Wann und wofür möchte ich individuelles Lernen, wann Lernen in Kleingruppen und wann Lernen in Großgruppen einsetzen?
Medialität: Sollte der Grad der Medialität gering, mittel oder hoch sein?
Bereitgestellte Inhalte vs. Diskurs: Wie findet Lernen statt - anhand bereitgestellter Inhalte, im Diskurs oder als Mischform?
Aktivitätsgrad: Wie aktiv werden die Studierenden miteinbezogen? Ist es eher eine rezeptive oder eine aktive Lernform?
Aufgaben der Lehrenden: Ist das Ziel, eine Wissensbasis zu schaffen oder eine bereits vorhandene Wissensbasis zu verarbeiten?
Lernorte: Welche Lernorte (z. B. Universität, Bibliothek, eigenes Zuhause) sind für die Realisierung meiner Lehrveranstaltungsziele wichtig und was muss dort jeweils berücksichtigt werden (z. B. Technikausstattung)?
Szenarien
Das Inverted-Classroom-Modell (ICM), auch „Flipped Classroom“ genannt, kann als ein Szenario des Blended Learnings verstanden werden. Hierbei wird die übliche Phasenabfolge der „traditionellen“ Lehre vertauscht (ge“flippt“): Statt in der Präsenzvorlesung erstmals den Stoff zu erarbeiten und diesen später durch Reflexion und Übungen im Eigenstudium zu festigen, wird beim ICM erst der Lernstoff asynchron (interaktiv) bearbeitet. In der darauffolgenden Session mit der Lehrperson wird der Stoff dann weiter diskutiert und Fragen beantwortet.
Gelingensbedingungen
Blended Learning zu realisieren kann aufwändig und komplex sein. Orientiert an einer Checkliste der Universität Freiburg (siehe Literatur) werden hier wichtige Fragen gestellt, die die Planung und Durchführung vereinfachen sollen.
Bereitschaft: Zunächst kann es förderlich sein, dass allen Akteuren, Studierenden wie Lehrenden, der Mehrwert von Blended Learning ersichtlich ist.
Lernzielplanung: Konkrete Lernziele für die Online-Selbstlernphasen und für die synchronen Phasen sollten definiert werden.
Konzeption: Es sollte überlegt werden, wann der Einsatz digitaler Medien und Lerntechnologien didaktisch-methodisch begründet ist. Zudem sollten Sie wissen, welche technischen Voraussetzungen wichtig sind und wie diese optimiert werden können (z. B. Raumausstattung, Tonqualität).
Wichtig ist auch, die Studierenden in den Online-Selbstlernphasen optimal auf die jeweilige Präsenzphase vorzubereiten, um die anschließende gemeinsame Zeit für Diskussion, Reflektion und Vertiefung des Lernstoffes nutzen zu können.
Innerhalb der Präsenzphasen sollten die Studierenden zum aktiven Mitmachen ermutigt werden, damit möglichst alle wichtigen Fragen und Diskussionspunkte gehört werden können (Verlinkung zu „Aktivierung in Großveranstaltungen“ und „Classroom Response System“).
Implementierung und Evaluation: Wichtig ist, sich auch vor Ende des Moduls Feedback einzuholen. Dafür sollte überlegt werden, welches Evaluationsverfahren für Sie sinnvoll ist und wie die Ergebnisse genutzt werden können, um die Integration von Blended Learning im Curriculum zu verbessern (Verlinkung zu Shift!).
Vorteile
“People are not single-method learners! We are, as a species, blended learners”
(Masie, 2002, zitiert nach Allison Rossett).
Manche Vorteile des Blended Learnings liegen auf der Hand: Im Unterschied zu traditioneller Lehre sind die Lernenden zeit- und räumlich flexibler und können zudem ihr eigenes Lerntempo bei der Vorbereitung der Inhalte wählen. Wird traditioneller Präsenzunterricht jedoch nur auf eine Onlineumgebung ohne einen gut abgestimmten Mix aus Methoden und Modi umgestellt, wurden keine Verbesserungen festgestellt. Es gibt jedoch Variablen, die Lehrende und Lernende bei Blended-Learning-Formaten beeinflussen können und wodurch Meta-Analysen signifikante Vorteile von Blended-Learning oder Flipped-Classroom-Modellen gegenüber traditionellem Lernen zeigen konnten (siehe Vallée et al., 2020; Cheng et al., 2019; Wandera, 2017; Means et al., 2013).
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Laut Means et al. (2013) ist eine der wichtigsten Komponenten die Gestaltung bzw. Didaktik der Lehr- bzw. Lerneinheiten. Besonders effektiv sind eine Vielfalt der Lernaktivitäten, kollaborative Lernformen sowie ein roter Faden, sodass die Studierenden wissen, wann sie was, wo, warum machen oder lernen sollen. Bezogen auf die Online-Phase haben sich insbesondere zusätzliche Lernangebote, aus denen die Studierenden wählen können, als hilfreich herausgestellt, während in der Präsenzphase eine klare Struktur wichtig war.
Wandera (2017) hat an die Arbeit von Means et al. (2013) angeknüpft und aus weiteren Studien folgende Erkenntnisse gewonnen: Betrachtet man die Perspektive der Lernenden ist für eine erfolgreiche und effektive Blended-Learning-Erfahrung zusätzlich zu den eben genannten Punkten die Vertrautheit mit einem bestimmten Format relevant. Aus Sicht der Lehrenden ist es hingegen besonders wichtig, dass sie qualifiziert und kompetent in der Durchführung der Lehre sind. Zusätzlich hat sich ein hohes Commitment als sehr fruchtbar erwiesen, insbesondere im Kontext von Hochschulen.
Ressourcen
Literatur
Bohndick, C., Enders, N., Hanke, U. Mayweg, E., Mörth, M. & Rückmann, J. (2021, 29. September). Präsenz, digital, blended, hybrid? Was wissen wir über die Effektivität der verschiedenen Lehrformate und ihre Gelingensbedingungen für hochschulisches Lernen und Lehren? [Folienpräsentation]. Online-Event der dghd-AG Psychologie und Lehr-Lern-Forschung. Abgerufen von: https://www.dghd.de/wp-content/uploads/2021/10/dghd-AG-Online-Event-29.9-Folien-Etherpad.pdf (zuletzt geöffnet: 09.00.20222). [G1]
Cammann, F., Hansmeier, E., & Gottfried, K. (2020). Möglichkeiten und Szenarien einer durch digitale Medien gestützten Lehre – zentrale Tendenzen des aktuellen E-Learning-Einsatzes im Hochschulsektor. Vom E-Learning zur Digitalisierung, p. 208.
Grabowski, S., Pape, A. (2016). Digitales Lehren und Lernen. nexus impulse für die Praxis Nr. 12.
Hodges, C., Moore, S., Lockee, B., Trust, T. & Bond, A. (2020). The Difference Between Emergency Remote Teaching and Online Learning. Retrieved from https://er.educause.edu/articles/2020/3/the-difference-between-emergency-remote-teaching-and-online-learning
Means, B., Toyama, Y., Murphy, R., Baki, M. (2013). The Effectiveness of Online and Blended Learning: A Meta-Analysis of the Empirical Literature. Teachers College Record, 115, 1-47.
Reinmann, G. 1., & Vohle, F. (2003). Didaktische Innovation durch Blended Learning (1. Aufl.). Huber.
Wandera, S. (2017). Continuing the Conversation About Face-to-Face, Online, and Blended Learning a Meta-Analysis of Empirical Literature 2006-2017 [Wilmington University (Delaware)].
Würffel, N. (2014). Auf dem Weg zu einer Theorie des Blended Learning. Kritische Einschätzung von Modellen. Lernräume gestalten - Bildungskontexte vielfältig denken, p. 150.
Präsentationen und Websites anderer Universitäten
Checkliste: Blended Learning Formate planen und realisieren. https://www.medstudek.uni-freiburg.de/studienganguebergreifende-bereiche/elearning-1/content/checkliste-blended-learning-planen-und-realisieren-pdf (zuletzt geöffnet: 09.02.2022).
Diese Checkliste bietet einen sehr praxisnahen Überblick über die bei der Konzeption von Blended-Learning-Formaten notwendigen Aspekte in Bereichen wie „Lernzielplanung“, „Konzeption“ oder „Implementierung“.
Humboldt-Universität zu Berlin
Diekjürgen, D.; Minah, M. (2021). Blended Learning – Konzept für ein digital-präsentisches Lehren und Lernen im SLE STUDIUM. Seminar für Ländliche Entwicklung (SLE).
Dieses ausführliche Konzeptpapier dient als Planungsgrundlage für Blended-Learning-Formate und geht zudem der Frage nach, ob sich Blended-Learning-Ansätze für Post-Covid-Zeiten eignen. Obwohl es in erster Linie für ein bestimmtes Seminar an der Humboldt-Universität geschrieben wurde, können davon auch andere Hochschulen profitieren.
Harvard University
https://vpal.harvard.edu/onlinemodules (zuletzt geöffnet: 09.02.2022)
Auf dieser Seite der Harvard-Universität werden kurz und knapp die Vorteile und Herausforderungen sowie Takeaways und Best Practices von Blended Learning dargestellt.
ETH Zürich
https://ethz.ch/de/die-eth-zuerich/lehre/innovation/blended-learning.html (zuletzt geöffnet: 09.02.2022)
Diese Seite der ETH Zürich zeichnet insbesondere durch die detaillierte Darstellung von vier Praxisbeispielen aus.
RWTH Aachen
https://www.rwth-aachen.de/cms/root/Studium/Lehre/Digitalisierungsstrategie-der-Lehre/~hjjv/Blended-Learning-Formate/ (zuletzt geöffnet: 09.02.2022)
Die RWTH Aachen erklärt hier einige Blended-Learning-Formate wie MOOCs, Serious Games, virtuelle Labore oder elektronische Assessments sehr verständlich und praxisnah.
e-teaching.org
Auf e-teaching.org finden Sie wissenschaftlich fundierte und praxisorientierte Informationen zur Gestaltung von Hochschulbildung mit digitalen Medien.
e-teaching.org (2017). Blended Learning. Zuletzt geändert am 28.03.2017. Leibniz-Institut für Wissensmedien:
https://www.e-teaching.org/lehrszenarien/blended_learning/index_html (zuletzt geöffnet: 09.09.2022).
Feedback
Gerade bei der Einführung und Erprobung neuer Formate ist regelmäßiges Feedback schon während des Semesters von großer Bedeutung. Was hat gut funktioniert? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Was fehlt und wie können die Beteiligten ein gutes Lehren und Lernen noch besser unterstützen?
Zudem steht wie jedes Semester auch das qualitative Feedbackformat Shift! und die Lehrveranstaltungsevaluation zur Verfügung.