Psychology in Society

In der Fakultät Bildung wurde durch Bezüge zu gesellschaftsrelevanten Forschungsthemen (z.B. Digitalisierung der Gesundheitspsychologie, gesellschaftlicher Interessensausgleich und Professionalisierungsforschung in pädagogischen Kontexten) eine Weiterentwicklung der psychologischen Forschung vorangetrieben, die das Ziel verfolgt, einen Beitrag zur Lösung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen zu leisten. Der Forschungsschwerpunkt „Psychology in Society“ widmet sich insbesondere der Betrachtung von gesellschaftsrelevanten Veränderungs- und Transformationsprozessen, die auf der individuellen (Mikro-Perspektive), kontextuellen (Meso-Perspektive) oder gesellschaftlichen Ebene (Makro-Perspektive) verortet sein können. Auf der individuellen Ebene werden psychologische Prozesse erforscht, die das Erleben und Verhalten des Einzelnen verändern und somit auf einer grundlegenden Dimension gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen können. Hierzu zählt Forschung zu Selbstregulationsprozessen und -strategien, wie z.B. Selbstregulation und Stressbewältigung im Rahmen internetbasierter Trainings, Selbstregulation und Gesundheitsverhalten gestützt durch mobile Anwendungen, Selbstregulation und emotionaler Kompetenzen im Kindes- und Jugendalter oder Selbstregulation und Bewältigung stereotyper Bedrohungen.

Auf der kontextuellen Ebene werden psychologische Prozesse analysiert, die das Erleben und Verhalten von Individuen in ihrem unmittelbaren sozialen Kontext (z.B. Schule, Familie, Nachbarschaft, Arbeit) verändern und somit mittelbar einen Beitrag zu gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozessen leisten können. Hierzu zählen Forschungsarbeiten zu Interventionen in Schule und Kindergarten (z.B. Achtsamkeitsrituale), zur Verbesserung der Fairness bei Leistungsbewertung und Feedback in der Schule, zum konsensorientierten Interessensausgleichs in sozialen Beziehungen (z.B. Erbschaft, Nachbarschaft, Geschäftsbeziehungen) oder zur Veränderung des Arbeitskontextes zur Förderung der psychischen Gesundheit (z.B. Schule und Stress). Auf der gesellschaftlichen Ebene stehen schließlich Veränderungs- und Transformationsprozesse im Forschungsfokus, die unmittelbar auf einen gesellschaftsrelevanten Wandel abzielen. Hierzu zählt Forschung zum Erleben und Verhalten von Akteuren gesellschaftlicher Transformationsprozesse (sog. Change Agents, z.B. Repräsentant_innen in politischen Verhandlungen, Interessensvertreter_innen in Tarifkonflikten, betrieblicher Gesundheitsmanager bei der Implementierung digitaler Interventionen), kulturvergleichende Forschung (z.B. zu gesellschaftlichen Bedingungen der Übernahme von Aufgaben in Erziehung, Gesundheit, Schule), bildungswissenschaftliche Forschung (z.B. Inklusion, sonderpädagogischer Förderbedarf) oder Studien zu gesellschaftsübergreifenden Interventionsmaßnahmen (z.B. Massive-Open-Online-Kurse zum Thema „Commons & Negotiations“). Neben den genannten Forschungsschwerpunkten bestehen interdisziplinäre Forschungskooperationen mit den Feldern Interessensausgleich und Nachhaltigkeit, Gesundheit und Digitalisierung, Wertekonflikte und Kultur, Verhandlung und Management sowie Entwicklung und Bildung.

Ausgewählte Forschungsprojekte

  • Fühlen, Denken Sprechen.
    Die mit den internationalen Schulleistungsstudien transportierte Erkenntnis, dass die Beherrschung der Unterrichtssprache Deutsch eine wichtige Voraussetzung für den schulischen Erfolg aller Kinder sei, hat in der Vergangenheit vor allem zu additiven vorschulischen Sprachfördermaßnahmen geführt. Die entsprechenden Studien kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Sprachfördermaßnahmen, die einen kompensatorischen Anspruch mit einem auf sprachliche Teilleistungen abzielenden Training verknüpfen, keinen erheblichen Einfluss auf die Sprachentwicklung der Kinder entfalten. Das interdisziplinäres Längsschnittprojekt (Psychologie, Linguistik, Erziehungswissenschaft) verfolgt zunächst das grundlagenorientierte Ziel der Identifikation relevanter Sprachmuster und Sprachlehrstrategien bei der Ko-Konstruktion von Emotionswissen einerseits und Sachwissen andererseits zwischen Fachkräften und Kindern. Anschließend werden diese Erkenntnisse in einem anwendungsorientierten Forschungssetting in eine Professionalisierungsmaßnahme für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen umgesetzt, deren Wirksamkeit auf der Ebene der Kita-Fachkräfte und der Kinder überprüft wird.
     
  • Arbeit und Gesundheit in KMU der Industrie 4.0
    Die Veränderung der Arbeitswelt hat – vor allem in der Industrie – eine besondere Dynamik angenommen. Der technische Fortschritt sorgt dafür, dass Beschäftigte neuen oder veränderten Belastungen ausgesetzt sind. Unternehmen stehen daher der Herausforderung gegenüber, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Beschäftigten zu erhalten und zu fördern. Ziel des Projektes Dynamik 4.0 ist es, ein „Dynamisches System“ zu entwickeln, mit dem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Industrie 4.0 im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GBP) zielgerichtet und wirkungsvoll Arbeitsschutzmaßnahmen ableiten und gestalten können.
     
  • Verhandlungen und Ressourcenallokation
    Das internationale Projekt erforscht Prozesse der mentalen Buchführung in Verhandlungen über Gemeinschaftsgüter (z. B. Steuerhaushalt, Bodenschätze, Klimawandel, Fischfang). In dem Projekt wird die Hypothese  untersucht, dass Individuen in Verhandlungen über positiv valente Ressourcen (z.B. Bodenschätze, Frischwasser, Energieträger) dazu neigen, Gewinne aus Ge­meinschaftsgütern in ihren privaten Besitz zu überführen (Privatisierung von Profiten). In Verhandlungen über negativ valente Ressourcen (z.B. radioaktive Bodenmaterialien, kontaminiertes Wasser, Abfälle) werden die Kosten hingegen auf die Gemeinschaft verlagert (Kollektivierung von Kosten). Das Forschungsprojekt untersucht, welche kognitiven Prozesse für die postulierten Effekte verantwortlich sind.
     
  • The Wellbeing Game.
    Das Projekt befasst sich mit der Entwicklung eines spielerischen Ansatzes zur Förderung des psychischen Wohlbefindens durch digitale Medien. Die Online-Anwendung "The Wellbeing Game" wurde von der Mental Health Foundation Neuseeland entwickelt und wird im Rahmen des Projekts an deutsche Verhältnisse angepasst. In anschließenden Evaluationsstudien wird der Ansatz hinsichtlich seiner Wirkung in verschiedenen Settings überprüft. Das Projekt wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) finanziert.
     

Alle psychologischen Forschungsprojekte finden Sie in der Forschungsdatenbank FOX.