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Lehrveranstaltungen
Subversive Subjekte (Seminar)
Dozent/in: Roberto Nigro
Termin:
wöchentlich | Dienstag | 12:15 - 13:45 | 14.10.2025 - 27.01.2026 | C 40.152 Seminarraum
Inhalt: Das Seminar widmet sich der Lektüre und Interpretation eines klassischen, jedoch erst kürzlich veröffentlichten Werkes: Michel Foucault, Die Strafgesellschaft (Suhrkamp, 2015). Es handelt sich um eine Vorlesungsreihe, die Foucault 1973 am Collège de France hielt. Gerade weil es Vorlesungen sind, also mündliche Lehrveranstaltungen, ist der Text gut lesbar und zugleich ein faszinierender Einblick in die Genese von Foucaults Denken. Das Werk gilt als erster Entwurf zu Überwachen und Strafen (1975), greift jedoch auch zahlreiche Themen auf, die heute von bemerkenswerter Aktualität sind. Im Zentrum des Seminars steht die Frage nach dem Verhältnis von Subjektivität und Macht, die wir anhand von Foucaults Text aus historischer wie konzeptueller Perspektive erarbeiten werden. Dabei diskutieren wir zentrale Problemfelder, die auch gegenwärtig hochrelevant sind: Krieg und Bürgerkrieg als politische und theoretische Kategorien, gesellschaftliche Kämpfe gegen Faulheit, Landstreicherei und Nomadentum, die Entstehung der Begriffe des „gefährlichen Individuums“ und der „Anormalität“, die Konstruktion „gefährlicher“ Klassen und Subjekte, die Herausbildung einer Moral der Kontrolle über als abweichend oder bedrohlich wahrgenommene Verhaltensweisen. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Zusammenhang zwischen Lohnarbeit und Strafe in der entstehenden kapitalistischen Gesellschaft: In beiden Fällen wird die Lebenszeit der Subjekte vereinnahmt – sei es durch die Disziplinierung zur produktiven Arbeitskraft oder durch den Entzug von Freiheit. Damit stellt sich die zentrale Frage, wie Menschen historisch zur Arbeit gezwungen wurden und welche Formen von Subjektivität daraus hervorgegangen sind. Es geht somit auch um die Kategorie der Zeit und um den „Diebstahl der Existenzzeit“ – eine Frage, die am Beginn des Kapitalismus steht und heute angesichts unserer Gesellschaften, die sich durch eine immer weitergehende Aneignung der Lebenszeit auszeichnen, von höchster Dringlichkeit ist. Das Seminar basiert auf der gemeinsamen Lektüre von Foucaults Text, wird jedoch durch ergänzende und kontrastierende Materialien ergänzt, die eine kritische Auseinandersetzung mit seinen Thesen ermöglichen.