Ökobilanz von Elektroautos untersucht

Hochleistungsakkus belasten die Umwelt - ökologischer Nutzen überwiegt trotzdem

Lüneburg. Elektroautos gelten als viel versprechendes Mittel im Kampf gegen den Treibhaus-Effekt. Allerdings kann die Massenproduktion der Fahrzeuge auch erhebliche Umweltprobleme verursachen. Denn in ihren Hochleistungs-Akkus steckt Lithium, ein seltenes Metall, dessen Gewinnung in Zukunft immer aufwändiger werden dürfte. Forscher der Leuphana Universität Lüneburg, der ETH Zürich und der Schweizer Forschungseinrichtung Empa haben eine Ökobilanz gezogen und geben Entwarnung: Zwar werde die zunehmende Nachfrage nach Lithium zu einer steigenden Umweltbelastung führen. Nur unter sehr ungünstigen Bedingungen könne dieser Nachteil jedoch den ökologischen Nutzen der Elektrofahrzeuge überwiegen. Die Ergebnisse sind im Journal of Cleaner Production erschienen.

So manch guter Vorschlag entpuppt sich nach seine Umsetzung als Schnapsidee - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Beispiel Bioethanol: Ursprünglich wurde der Brennstoff aus nachwachsenden Rohstoffen als besonders klimafreundlich geschätzt. Doch der massenhafte Anbau von Pflanzen, die zu „Öko"-Treibstoff vergoren werden, schadet der Umwelt, unter anderem durch den Einsatz von Düngern und Pflanzenschutzmitteln oder durch die Rodung der Regenwälder.

Auch die Idee mit den Elektroautos klingt einleuchtend: Betankt mit Strom aus Wind, Sonne oder Wasser, könnten sie helfen, den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid drastisch zu vermindern. Das gilt sogar dann, wenn sie einen Teil ihrer Antriebsenergie aus konventionellen Kraftwerken beziehen. Dennoch könnte auch diese Vision in einem Fiasko enden, befürchten manche Kritiker: „Elektrofahrzeuge benötigen Hochleistungsakkus, die enthalten unter anderem Lithium, und damit einen nur begrenzt verfügbaren Rohstoff", sagt Professor Dr. Daniel Lang von der Leuphana Universität Lüneburg. „Wir laufen da möglicherweise in ein massives Ressourcen-Problem."

Lang will verhindern, dass die Welt unbedacht auf Elektromobilität setzt und dann mit einem ähnlichen Kater erwacht wie nach der Bioethanol-Sause. Dazu sei es nötig, die Auswirkungen der neuen Technologie einzuschätzen, bevor sie sich flächendeckend durchsetzt. „Es ist sehr schwer, die Weichen neu zu stellen, wenn der Zug schon fährt", sagt der Nachhaltigkeits-Forscher. Zusammen mit seiner Kollegin Anna Stamp von der ETH Zürich und Patrick Wäger von der Empa hat er daher untersucht, mit welchen Auswirkungen für die Umwelt der steigende Lithium-Bedarf in Zukunft verbunden sein könnte.

Im „Journal of Cleaner Production" geben die Forscher nun Entwarnung: Nur wenn das Lithium unter extrem ungünstigen Bedingungen gewonnen würde, könnten die ökologischen Nachteile der Elektroautos ihre Vorteile überwiegen. Heutzutage wird Lithium vor allem aus Salzseen extrahiert, beispielsweise in der Atacama-Wüste in Chile. 2010 betrug die weltweite Produktion 30.000 Tonnen. In den nächsten Jahren werde die Nachfrage aber sprunghaft steigen, zitieren die Autoren aktuelle Studien: Der Akku eines einzigen Elektroautos enthalte nach dem heutigen Stand der Technik zwölf Kilogramm Lithium; schon in zehn Jahren könne die gesamte jährliche Nachfrage bei mehr als 100.000 Tonnen jährlich liegen.

In Zukunft könnten daher die leicht zugänglichen Lagerstätten zur Deckung des Bedarfs nicht mehr reichen. Stattdessen müsste man Lithium verstärkt aus Salzlagerstätten schlechterer Qualität oder auch aus Erzen gewinnen. Meerwasser halten die Wissenschaftler für die wohl ergiebigste Lithium-Quelle. Weil das Metall darin aber nur in Spuren vorkommt, ist die Gewinnung energieaufwändig und teuer. „Doch selbst dieser Weg könnte ökologisch gesehen sinnvoll sein", sagt Lang.

Insgesamt bescheinigen die Autoren Elektromobilen eine positive Umweltbilanz, solange sie vorwiegend mit regenerativer Energie gespeist werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Daniel J. Lang
Professur für Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung
Leuphana Universität Lüneburg
Telefon: 04131/677-1678
E-Mail: daniel.lang@leuphana.de

Anna Stamp
ETH Zürich
Telefon: 0041/44-632 54 25
E-Mail: anna.stamp@env.ethz.ch