Energieforum 2014
Experten warnen vor gedrosseltem Tempo bei der Energiewende
Ex-Umweltminister Klaus Töpfer und 260 Teilnehmer diskutieren über aktuelle Herausforderungen im Systemwandel
Unter der Überschrift „Vernetzt. Regionale Lösungen für die Energiewende.“ diskutierten am 17. September 2014 mehr als 260 Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit beim Energieforum an der Leuphana Universität Lüneburg. „Die Energiewende ist aus Deutschland nicht mehr wegzudenken“, sagte der frühere Bundesumweltminister und Hauptredner Prof. Dr. Klaus Töpfer. „Aber sie könnte besser gemacht werden.“ Der Ausbau der Erneuerbaren Energie könne schneller gehen, Speicherkapazitäten etwa seien kein Hindernis. Kritisch zu hinterfragen seien die sozialen Konsequenzen mancher Regelung des Umbaus: „Wir müssen höllisch aufpassen, welch hohen Belastungen bei den Umlagepflichtigen auflaufen.“ Dem stimmte der wissenschaftliche Leiter der Tagung, Prof. Dr. Thomas Schomerus, zu. Derzeit gingen Bürger, Energiegenossenschaften und mittelständischen Unternehmen voraus. Energie- und Umweltrechts-Professor Schomerus plädierte für mehr Breite bei der Energiewende. „Der Wille zum Umdenken muss weiter von unten aus der Gesellschaft kommen. Aber wir brauchen ein breites Bündnis von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.“
Töpfer: Europa wird aus Kostengründen auf Erneuerbare Energien setzen
Deutschland sei internationales Vorbild und müsse dem gerecht werden, erklärte der ehemalige Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen Töpfer. „Wenn Deutschland, einem wirtschaftlich und technologisch stabilen Land, die Energiewende nicht gelingt, dann haben wir die falsche Karte gezeigt.“ Allerdings sei er zuversichtlich. „Allein aus Kostengründen wird Europa eine Erneuerbare Energien Region werden“. Denn Erneuerbare Energien seien letztlich die günstigeren Energiequellen. „Bei der Kernenergie haben wir Zusatzkosten einfach nie in einer Umlage in den Preis eingerechnet.“
Ähnlich argumentierten die Teilnehmer der Podiumsdiskussion des Energieforums. SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer nannte den schnellen Ausbau der Erneuerbaren „eine Erfolgsstory“ der Industrienation Deutschland. „Wir müssen Ausbaubegrenzungen wegbekommen.“ Der Leuphana-Gastprofessor für Management der Energiewende, Prof. Erik G. Hansen, pflichtete bei: „International wird die deutsche Energiewende positiv wahrgenommen, tatsächlich wird sie hier im Land massiv gebremst.“ Dies geschehe durch veränderte gesetzliche Bedingungen und eine negative Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Der mittelständische Maschinenbauer Wolfgang Schmalz, der in Glatten (Schwarzwald) ein florierendes Positiv-Energieunternehmen führt, sprach sich für eine weitere Dezentralisierung des Energiemarktes aus: „Energie muss dort erzeugt werden, wo sie gebraucht wird. Derzeit haben wir eine Energiewende auf Erzeugerseite, bald werden wir eine Energiewende auf Verbraucherseite haben.“ Der Leiter der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen Lothar Nolte plädierte ebenfalls darauf, den Blick zu weiten, Energiewende betreffe nicht nur Stromerzeugung. „Energieeffizienz muss die zweite Säule der Energiewende werden.“