Ausgezeichnete Gründungsidee: Gemüseanbau im Schiffs-Container

09.01.2024 Die drei Leuphana-Studierenden Martin Auer, Joshua Biron und Anabel Burchill haben die Landwirtschaft für sich entdeckt. Neben ihrem Bachelor-Studium gründeten sie das Projekt CubeCrops. Ihre Idee ist es, Bevölkerung in Städten mit nachhaltig angebauten Lebensmitteln zu versorgen. Diese werden vor Ort in umgebauten Frachtcontainern mit der Anbaumethode des Vertical Farmings angebaut. Das Konzept wurde im November bei der Lünale, der alljährlichen Preisverleihung für erfolgreiches Unternehmertum im Landkreis Lüneburg, als Gründungsidee des Jahres ausgezeichnet.

Durch Vertical Farming kann auf kleiner Grundfläche ein höherer Ertrag erzeugt werden. ©CubeCrops
Das Gründer*innen-Team: Martin Auer, Joshua Biron und Anabel Burchill

Der zündende Funke entstand aus einer einfachen Feststellung. „Joshua und mir war aufgefallen, dass die Landwirtschaft, die uns jeden Tag mit Lebensmitteln versorgt, ganz anders aussieht, als das romantisierte Bild, das so oft vermittelt wird“, erklärt Martin Auer. Konventionelle, industrielle Landwirtschaft verursache Umweltschäden durch den Einsatz von Pestiziden und Schadstoffemissionen durch lange Transportwege. Und am Ende würde eine unglaubliche Menge dieser so hergestellten Lebensmittel weggeschmissen, weil sie bereits auf diesen langen Transportwegen verdorben oder über den tatsächlichen Bedarf hinaus produziert worden seien. Deshalb suchten die beiden nach einer Lösung, wie Gemüsezucht mit vielen kleineren dezentralen, lokalen Einrichtungen funktionieren kann.

Hier kommt das Prinzip des Vertical Farming zum Tragen. Pflanzen werden platzsparend auf Regalen übereinander angebaut. Dadurch kann auf kleiner Grundfläche ein höherer Ertrag erzeugt werden. Zudem wird Vertical Farming in der Regel in kontrollierten Wachstumsumgebungen durchgeführt. Die Pflanzen werden durch eine Nährstofflösung mit den nötigen Nährstoffen versorgt. Gleichzeitig sorgen Pflanzenlichter und Klimatisierungssysteme für eine optimale Wachstumsumgebung. Hierdurch kann gegenüber der herkömmlichen Feldwirtschaft deutlich schnelleres und jahreszeitenunabhängiges Pflanzenwachstum erfolgen, vollkommen auf Pestizide verzichtet werden und bis zu 97% weniger Wasser verwendet werden.
 

Herausforderungen des hohen Energieverbrauchs lösen

Die Idee ist allerdings nicht neu. „Es gibt schon Firmen, die dieses Prinzip anwenden“, so Joshua Biron. „Die sitzen aber in den USA, Asien oder auf der arabischen Halbinsel.“ In Deutschland und Europa sei dieses Konzept noch nicht so verbreitet oder bestehende Firmen mit einem ähnlichen Ansatz hätten in den letzten Monaten wieder aufgegeben, weil sich ihr Geschäftsmodell bei den gestiegenen Energiepreisen nicht mehr rentiert habe. „Es fehlen vor allem resiliente Geschäftsmodelle, die unabhängig von steigenden Energiepreisen funktionieren“, so Joshua. Um die Herausforderung des hohen Energieverbrauchs zu lösen, verfolgt das Gründungsteam Ansätze zur Nutzung von Industrieabwärme und technischen Energieeffizienz-Verbesserungen.

Aus diesen Überlegungen entstanden erste Ideenskizzen, mit denen sich Martin und Joshua beim Gründungscamp im Startup Port anmeldeten. Dort hatten sie Gelegenheit, innerhalb eines Wochenendes das Konzept ein großes Stück weiterzuentwickeln.

Das überarbeitete Konzept sieht jetzt vor, ausrangierte Schiffscontainer so umzubauen, dass darin in Regalen Pflanzen angebaut werden können. Die Spannweite reicht von Blattgemüse und Kräutern bis zu Erdbeeren oder Algen. „Sogenannte Leafy Greens,  also solche Pflanzen, bei denen zum Verzehr die Blätter geerntet werden, sind für diese Form des Anbaus besonders gut geeignet“, sagt Joshua. „Damit sind rund zehn Ernteperioden pro Jahr möglich. Mit Obst oder Gemüse, bei dem man immer auf die Reife einer Frucht warten muss, können nicht so viele Zyklen erreicht werden.“ Außerdem seien solche Pflanzen meist größer und komplizierter im Anbau. Das gehe zu Lasten der Effizienz in den räumlich begrenzten Containern.

Ein erster Prototyp ist bereits entwickelt. Hierfür waren die Kontakte des Teams in das Lüneburger Gründungsökosystem von Nutzen: Im „Utopia Lüneburg“ fanden sie Räumlichkeiten für die Entwicklung ihres Prototypen, im FabLab Lüneburg erhielten sie Hilfestellung bei der Programmierung eines Steuerungsgeräts. Als Mini-Container diente zunächst eine ausgediente Kühlvitrine. „Da hat uns der Zufall geholfen“, sagt Martin, „als wir eines Abends aus dem Utopia in der Lüneburger Innenstadt kamen, fanden wir die Kühlvitrine, die gerade jemand als Sperrmüll an die Straße gestellt hatte. Sie war für uns ideal, um sie nach einem kleinen Umbau für unsere Experimente mit Pflanzenanbau in einer kontrollierten Wachstumsumgebung zu nutzen.“
 

Zusammenarbeit mit mittelständischen Unternehmen

Die Auszeichnung bei der Lünale und die anschließende Berichterstattung haben dem Team einige Aufmerksamkeit beschert. So meldeten sich kurz nach der Veranstaltung Mittelständler aus der Region, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben. Kooperationen mit Industrieunternehmen sind für das Team besonders vielversprechend, da die in den Unternehmen anfallende Abwärme für das Heizen der Anlagen besonders im Winter gut genutzt werden kann.  Dafür würden die Container auf den Firmengelände der Partner aufgestellt werden. Neben der Energieeffizienz würde sich dadurch noch ein weiterer Vorteil ergeben: Die Container stünden auf bereits versiegelten Flächen und es müssten keine Grünflächen neu dafür versiegelt werden. Gleichzeitig wäre die Anbaufläche nah an den Konsument*innen, nimmt aber in Innenstädten den Anwohner*innen keinen wertvollen Wohn- oder Erholungsraum weg.

Mittlerweile ist Kommilitonin Anabel Burchill zum Team dazugestoßen und arbeitet fleißig mit ihren Mitstreitern an der Optimierung des Prototypen. Die drei planen inzwischen auch schon eine Nummer größer: Es finden erste Gespräche zur Anschaffung und zum Ausbau eines ersten richtigen Schiffscontainers statt. Generell soll der Bau der Anlagen aber später outgesourct werden.

Für das Gründungsteam steht die Organisation der Community im Fokus des gesamten Konzeptes. Joshua erklärt: „Wir haben uns viel von der solidarischen Landwirtschaft abgeschaut, bei der die Erträge untereinander aufgeteilt werden.“ Und Martin ergänzt: „Bei uns erhalten die Teilnehmenden regelmäßig Gemüse aus hyper-lokalem, nachhaltigem und schadstofffreiem Anbau.“

Interessierte, die CubeCrops bei der Umsetzujng eines Pilotprojektes unterstützen möchten, erreichen das Team am besten per E-Mail an: info@cubecrops.de.