Neu an der Leuphana: Prof. Dr.-Ing. Arthur Seibel – Der kreative Konstrukteur

16.01.2024 Wie schöpferisch kann eine Künstliche Intelligenz sein? Der Maschinenbauer Arthur Seibel wurde gerade zum Professor für Produktentwicklung und Konstruktionslehre berufen. Er will einen digitalen Sparringspartner für junge Ingenieure entwickeln.

Prof. Arthur Seibel sitzt in einem Büro ©Leuphana/Markus Tiemann
„Der heilige Gral wäre ein Softroboter mit integrierter Pneumatik und Elektronik, die selbst auch weich sind“, erklärt Arthur Seibel

„Erfindungen entstehen, wenn unterschiedliche Muster zusammengefügt werden, deren Verbindung man vorher nicht gesehen hat“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Arthur Seibel. Um diese Verbindungen zu erkennen, braucht es Erfahrungen: „Wer Innovatives konstruieren will, muss viele Bauteile oder Maschinen gesehen haben.“ Der Maschinenbauer wurde jetzt zum Professor für Produktentwicklung und Konstruktionslehre berufen. Ein Schwerpunkt seiner Forschung ist die Digitalisierung. Arthur Seibel möchte eine Künstliche Intelligenz entwickeln, die junge Ingenieure unterstützt und ein Sparringspartner für sie ist. „Lösungen auf Basis von Simulationen sind Stand der Technik. Mit kreativ erdachten Bauteilen kann man aber nicht rechnen“, erklärt Arthur Seibel. Er muss die KI also mit den Daten realer Bauteile füttern. Keine leichte Aufgabe: „Die Datenlage ist begrenzt. Es gibt nicht unendlich viele reale Bauteile, um Trainingsdatensätze zu erstellen.“ Dennoch will der Forscher versuchen, der KI Kreativität beizubringen: „Für Innovation braucht es Kreativität. Ich bin der Ansicht, dass kreatives Denken zu einem gewissen Grad auch von einer Maschine erlernbar ist“, erklärt Arthur Seibel.

In einer Studie an der Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT in Hamburg untersuchten Arthur Seibel und sein Team bereits, wie computer-generierte Modelle von industrierelevanten Bauteilen vermessen und die Daten von einem tiefen neuronalen Netz analysiert werden können. Die Ergebnisse zeigten eine gute Übereinstimmung mit realen Fällen und könnten durch Training mit zusätzlichen Daten kontinuierlich verbessert werden.

Arthur Seibel arbeitete immer nah an der Mathematik und wurde zu einem mathematischen Thema promoviert. In seiner Habilitation beschäftigte er sich dagegen mit methodischer Produktentwicklung. Auf dem Gebiet der Parallelkinematiken hat er gemeinsam mit anderen Konstrukteuren einen statisch stabilen Laufroboter entwickelt, der sogar Wendeltreppen hinaufgehen kann. „Unsere Hoffnung ist, dass dieser Roboter irgendwann Querschnittgelähmten hilft“, sagt Arthur Seibel. Zudem beschäftigt er sich mit Tribologie. „Reibung spielt in der Konstruktion eine große Rolle. In der Literatur geht man von einem volkswirtschaftlichen Schaden von 7 bis 8 Prozent aus. In Maschinen möchte man die Reibung deshalb häufig reduzieren“, erklärt Arthur Seibel. Der Ingenieur beschäftigt sich insbesondere mit statischer Reibung, also der Kraft, die es braucht, um einen Körper in Bewegung zu setzen.

In der Softrobotik hat Arthur Seibel einen Gecko aus Silikon entwickelt. Er könnte etwa unwegsame oder gefährliche Gebiete erforschen, da Silikon erst bei sehr hohen Temperaturen brennt und auch mit vielen gefährlichen Chemikalien nicht reagiert. Weiche Greifer können in der Handhabung von fragilen oder unregelmäßig geformten Objekten eine Rolle spielen. Im Moment werden Softroboter beispielsweise noch über pneumatische Schläuche mit Druckluft versorgt, sind also begrenzt in ihrer Reichweite: „Der heilige Gral wäre ein Softroboter mit integrierter Pneumatik und Elektronik, die selbst auch weich sind“, erklärt Arthur Seibel. Auf dem Gebiet der Softrobotik wird der Forscher mit der ebenfalls neu ernannten Professorin Dr.-Ing. Ghada Bouattour an der Leuphana kooperieren.

Arthur Seibel studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Hamburg mit der Studienrichtung Konstruktionstechnik und dem Studienschwerpunkt Produktentwicklung. Er war Wissenschaftlicher Mitarbeiter und später Oberingenieur im Arbeitsbereich Anlagensystemtechnik und methodische Produktentwicklung an der Technischen Universität Hamburg. Dort promovierte er zum Thema „On the Inclusion of Parameter Uncertainties into Engineering Design Computations“. Bis 2023 war er Gruppenleiter und später Abteilungsleiter in der Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT in Hamburg. Er habilitierte auf dem Fachgebiet Konstruktionslehre an der Technischen Universität Hamburg; Titel der Habilitationsschrift: „Systematic Design of Soft Machines“. Seit dem Wintersemester 2023 ist er Professor für Produktentwicklung und Konstruktionslehre am Institut für Produktionstechnik und -systeme der Leuphana Universität Lüneburg.

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