Transformation | Projekt-Sustil: Wie Konflikte um Landnutzung vermieden werden können
Abschlusskonferenz von Leuphana und Kooperationspartner*innen
01.10.2024 Wohnen, Arbeit, Erholung, Ernährung: All diesen Funktionen müssen Städte und Kreise gerecht werden. Und das bei begrenztem Platz. Wie das vor den Anforderungen einer Nachhaltigen Entwicklung gelingen kann, hat die Leuphana Universität Lüneburg mit Kooperationspartner*innen untersucht und Konzepte zur Lösung entwickelt. Jetzt trafen sich die Beteiligten zum Abschluss des Projekts für ein Resümee.
Ulrike Ahlers bringt es kurz auf den Punkt: „Wir sind nicht da, wo wir sein sollten“, sagt die Referentin vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Zentralgebäude der Leuphana. Denn laut den internationalen Zielen für Nachhaltigkeit der UNESCO (Sustainable Development Goals) sollen spätestens ab dem Jahr 2050 keine neuen Flächen mehr versiegelt – sprich: bebaut – werden. Stattdessen sollen bereits vorhandene Flächen intensiver genutzt werden. Doch die Gemeinden bewegen sich nur sehr langsam auf dieses Ziel zu. „Dabei müssen wir unseren Boden als Lebensgrundlage schützen“, betont Ahlers mit Blick auf eine gelingende Transformation unserer Gesellschaft.
Aber welche Möglichkeiten gibt es, in Stadt und Landkreis Lüneburg weniger Platz zu verbrauchen und diesen gerecht zu verteilen? Diese Frage untersuchten die Kooperationspartner*innen in den vergangenen fünf Jahren im Projekt „SUSTIL“. Die Abkürzung steht für „Szenarien zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele in Stadt und Landkreis Lüneburg“. Für diese Szenarien haben die Leuphana, die Stadt und der Landkreis Lüneburg und der BUND im Projekt Lösungsvorschläge entwickelt.
So hat Tobias Neumann von der Stabstelle Nachhaltige Stadtentwicklung der Stadt Lüneburg bei der Abschlusskonferenz das Aufstockungspotenzial-Modell vorgestellt. Dieses soll Möglichkeiten der „Innenverdichtung“ Lüneburgs aufzeigen. Oder anders gesagt: Es verdeutlicht, wo es zulässig ist, vorhandene Bebauung aufstocken zu lassen. „Das Modell zeigt bisher nicht die gesamte Stadt, da die Ausgangsdaten der Bebauungspläne nicht vollständig vorliegen“, erläutert Neumann. Die bisherigen Ergebnisse legen jedoch dar, dass die Möglichkeiten der Nachverdichtung Lüneburgs weitaus geringer sind, als vielfach von der Politik angenommen. Die Vervollständigung der Datenlage verfolgt Neumann weiter. Ein weiteres Ergebnis des Projekts: Das durch SUSTIL entwickelte Berechnungsmodell können auch andere Städte nutzen.
Und wie ist das in ländlichen Gemeinden? Hier haben Vanessa Subke, Mitarbeiterin von Stadt und Landkreis Lüneburg, und ihre Kollegin Janna Hoveida vom Landkreis Lüneburg, erhoben, welche Erwartungshaltungen und Perspektiven es gibt. In ländlichen Regionen zeigen sich Probleme ganz anderer Natur. Zum einen sind diese in der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen begründet, die in der Produktion erneuerbarer Energien Konkurrenz finden. Zum anderen haben sie ihre Ursache in der weiterhin bestehenden Landflucht, die sich an leerstehenden Gebäuden zeigt. Diese werden nicht genutzt, sondern neue Wohn- und Arbeitsflächen auf der „Grünen Wiese“ errichtet, weil sie den modernen Bedürfnissen stärker entsprechen. Mithilfe von Veranstaltungsreihen haben Hoveida und Subke die Gemeinden über unterschiedliche Problemstellungen informiert. Ein Resultat: „Die Beteiligten haben jetzt ein besseres Verständnis für die Probleme der jeweils anderen“, sagt Vanessa Subke.
„Wir haben ein massives Handlungsbedürfnis hinsichtlich der UN-Nachhaltigkeitsziele“, betont Jacob Hörisch. Der Professor für Nachhaltigkeitsökonomie & -management an der Leuphana leitet das Projekt SUSTIL, das Anfang 2025 endet. Für ihn war es besonders spannend zu sehen, „wie die unterschiedlichen Interessen über die Projektlaufzeit zusammengefunden haben, wie sich das gegenseitige Verständnis verbessert hat.“ Dies sei eine wichtige Grundlage, um die Sustainable Development Goals tatsächlich erreichen zu können – neben den praktischen Ergebnissen aus dem Projekt SUSTIL. Dazu gehört auch, dass einige Gemeinden des Landkreises Lüneburg bereits Folgeprojekte initiieren, die auf den Ergebnissen von SUSTIL aufbauen. Zudem hat die an der Elbe gelegene Gemeinde Bleckede Konzepte bezüglich der sogenannten Blau-Grünen Infrastruktur erarbeitet – ein besonders aktuelles Thema, das geplante Netzwerke natürlicher und naturnaher Flächen unterschiedlicher Naturräume behandelt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Projekt mit insgesamt 1.302.190 Euro gefördert.