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Lehrveranstaltungen

Esskultur. Der Geschmack zwischen Zivilisation und Habitus (Seminar)

Dozent/in: Anna Henkel

Termin:
Einzeltermin | Di, 18.10.2016, 14:00 - Di, 18.10.2016, 16:15 | C 11.319 Seminarraum
Einzeltermin | Di, 25.10.2016, 14:00 - Di, 25.10.2016, 16:15 | C 11.319 Seminarraum
wöchentlich | Dienstag | 14:00 - 16:15 | 01.11.2016 - 31.01.2017 | C 14.102 a Seminarraum

Inhalt: Essen ist eine Selbstverständlichkeit. Essen gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen und bedarf als solches keiner besonderen Reflektion. Zugleich ist es aber gerade das wie?, was?, wo? und mit wem? des Essens, über das sich Kulturen, soziale Schichten, Generationen und Individuen unterscheiden. Und so kann die Art des Umgangs mit dem legendären, im Vorstellungsgespräch angebotenen Mandelhörnchen ausschlaggebend sein für den beruflichen Werdegang. Das Seminar widmet sich diesem Geschmack zwischen Zivilisation und Habitus aus drei Perspektiven: Im ersten Teil des Seminars gilt es anhand kulturhistorischer und phänomenologischer Literatur der zivilisatorischen Dimension der Esskultur nachzuspüren. Norbert Elias Prozess der Zivilisation, Wolfgang Schivelbuschs These eines „Jede Kultur hat die Genussmittel, die sie verdient“ oder auch Hartmut Rosas Reflektion auf das Essen als Weltverhältnis, dienen hier als Diskussionsgrundlage. Während es so zunächst um den Wandel der zivilisatorischen und damit gesamtgesellschaftlichen Esskultur geht, nehmen wir im zweiten Teil des Seminars die Esskultur als Distinktionsmittel in den Blick. Denn der Geschmack, so Pierre Bourdieu, ist ein Teil des Habitus, den man zunächst unbewusst inkorporalisiert und dann nur schwer verändern kann. Zugleich sind aber soziale Felder je mit einem spezifischen Habitus verknüpft – so dass nicht nur Bildungstitel oder Beziehungen, sondern auch der „richtige“ Geschmack ausschlaggebend ist für sozialen Aufstieg oder Einstieg in ein gewünschtes Feld. Neben Bourdieu werden wir uns hier mit „Manieren“ befassen und in vergleichenden Exkursionen verschiedene „Esskulturstätten“ quasi empirisch beobachten. Doch in der spätmodernen, industrialisiert-digitalisierten Gesellschaft ist Esskultur kein harmloses, individuell-interaktionales Phänomen. Vielmehr sind Nahrungsmittel wissenschaftlich standardisierte, politisch-rechtlich regulierte und wirtschaftlich in globale Produktionsketten eingebettete Produkte. Diese globale und politische Dimension der Esskultur wird im abschließenden Teil des Seminars in den Blick genommen, wobei der Fokus auf den Aspekt der Nachhaltigkeit gelegt wird: Welche Logiken prallen aufeinander, wenn Lebensmittel verschwendet werden und in ihrer Produktion hohe Kosten für Umwelt und Gesellschaft entstehen? Und nicht zuletzt – wie hängt eben dies möglicherweise mit einer spezifischen Zivilisation und einem spezifischen Habitus zusammen?