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Lehrveranstaltungen

Fakt/Fiktion. Zum Dokumentarischen in den Künsten. (Seminar)

Dozent/in: Mimmi Woisnitza

Termin:
Einzeltermin | Mi, 23.10.2019, 16:00 - Mi, 23.10.2019, 17:30 | C 11.307 Seminarraum
Einzeltermin | Fr, 15.11.2019, 10:00 - Fr, 15.11.2019, 18:00 | C 7.307 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 16.11.2019, 10:00 - Sa, 16.11.2019, 12:30 | C 7.320 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 16.11.2019, 14:00 - Sa, 16.11.2019, 17:30 | C 7.320 Seminarraum
Einzeltermin | Fr, 31.01.2020, 13:00 - Fr, 31.01.2020, 18:00 | C 7.320 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 01.02.2020, 14:00 - Sa, 01.02.2020, 17:30 | C 7.320 Seminarraum

Inhalt: Das Seminar widmet sich anhand von Beispielen aus der künstlerischen Praxis des 20. und 21. Jhs dem Status des Dokuments und des Dokumentarischen in den Künsten. Dies betrifft den Bezug von Kunst und lebensweltlichen Realitäten, vermeintlicher gesellschaftlicher Verantwortung und dem aktuell präsenten Anspruch auf Kritikalität einerseits und künstlerischer Autonomie andererseits. Im ersten Block werden auf der Grundlage von Forschungsbeiträgen einschlägige Positionen zur Dokumentarkunst diskutiert. Im zweiten Block stellen die TeilnehmerInnen in Kurzreferaten erste Fragestellungen vor, die dann in einer Art Workshop in Gruppenarbeit zu einem Exposé weiterentwickelt werden. Das Begriffsfeld Dokument/Dokumentarisch hat eine vergleichsweise junge Geschichte, die mit der fortschreitenden Ausdifferenzierung wissenschaftlicher Disziplinen und entsprechend disziplinären Darstellungsverfahren im Verlauf des 19. Jahrhunderts im Sinne eines neuen Paradigmas der Objektivität verknüpft ist. So bestimmt Meyers Konversationslexikon von 1905 erstmals das Dokument (lat.) als „im weitern Sinn alles, was dazu dienen kann, eine Tatsache zu beweisen; im engern Sinne soviel wie Urkunde (s. d.), beweisendes Schriftstück; daher dokumentieren, beurkunden, rechtsgültig beweisen; dokumentarisch, urkundlich beglaubigt.“ Bereits hier zeigt sich eine zweifache Bedeutungsbewegung. Auf der einen Seite stellt das Dokument die Referenz auf eine zurückliegende „Tatsache“ her, auf der anderen Seite (dem „engeren Sinn“) hat ein Dokument eine „urkundlich“ setzende, bzw. performative Kraft. In beiden Fällen ist dabei die Medialität des jeweiligen Beweismittels wie z.B. das „Schriftstück“ zwar aufgerufen, aber nicht weiter thematisiert. Wir werden sehen, dass es genau diese Mittlerstelle ist, die Dokumente zu durchaus problematischen Elementen macht. Als solche werden sie im Laufe des 20. Jahrhunderts soziologisch, philosophisch und künstlerisch untersucht, verhandelt und in Szene gesetzt. Dass die Frage nach dem Dokument bzw. dem Dokumentarischen und damit nach einem wie auch immer gearteten Wirklichkeitsbezug für künstlerische Praktiken wie Photographie, Dokumentarfilm und Autobiographie zentral ist, mag auf der Hand liegen. Auch wer sich ein wenig mit zeitgenössischem Theater auskennt, ist mit Sicherheit dem Begriff des dokumentarischen Theaters schon begegnet. Mit dem sogenannten performative turn der letzten Jahrzehnte und einem erstarkenden Ruf nach neuen Realismen und Materialismen wird vermehrt auch über den Körper und über körperliche Gesten, etwa im Tanz oder in den performativen Künsten, ebenso wie über Architekturen, Dinge und Objekte sowie in letzter Zeit auch über digitale Darstellungsformen im Sinn von Dokumenten gesprochen. Zugleich lässt sich beobachten, dass künstlerische Praxen selbst den Status des Dokuments reflektieren, analysieren und sich zum Gegenstand machen. Das Seminar geht von folgenden zwei Fragen aus: 1) Welche Ebenen und Aspekte künstlerischer Praxen sind mit den Begriffen Dokument/Dokumentarisch aufgerufen? 2) Welche dokumentarischen Darstellungsverfahren kommen dabei zum Einsatz? 3) Inwiefern werden die Unsicherheiten dokumentarischer Verfahren reflektiert und/oder sind Teil des künstlerischen bzw. eben dokumentarischen Mehrwerts an Information im Sinne des lateinischen Wortursprungs von docere „unterrichten“ bzw. „warnen“. Das Seminar ist in zwei Blöcken konzipiert, die in einer einführenden Sitzung vorbereitet und gemeinsam geplant werden. In einem ersten Block werden theoretische Positionen besprochen, die von Teilnehmer*innen in ersten Kurzreferaten vorgestellt und anschließend diskutiert werden sollen. Die für den zweiten Block vorgesehene Arbeit an Fallbeispielen soll insofern vorbereitet werden, als wir uns neben begriffshistorischer Einordnung und allgemein theoretischen, von allein gemeinsam vorbereiteten Positionen (Walter Benjamin, Michel Foucault, Lorraine Daston), bereits mit verschiedenen spezifischen Bezugsfeldern des Dokumentarischen in den Künsten auseinandersetzen, die von Studierenden in Einzel- oder Gruppenreferaten anhand von Fallbeispielen vorgestellt werden. Dazu gehören 1) das Dokument als Motiv und Darstellungsverfahren in den Künsten (Theater, Performance, Installation, Collage), 2) Die Dokumentation von künstlerischen Arbeiten insbesondere in den performativen, sonst flüchtigen Künsten, und damit verbunden, die Frage nach dem Archiv 3) Kunstwerke bzw. künstlerische Arbeit als Dokumente in der Provenienzforschung, 4) der dokumentarische Charakter künstlerische/ästhetischer Darstellungsverfahren in kunstfernen Feldern. Im zweiten Block wird es in einer Art Workshopformat darum gehen, die in Einzel- oder Gruppenvorbereitung erarbeiteten Fragestellungen aus den theoretischen Positionen und den Fallbeispielen gemeinsam zu diskutieren und zu Exposés bzw. ersten Verschriftlichungen weiterzuentwickeln.