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Lehrveranstaltungen

Literatur des Fin de Siècle (Hofmannsthal – Schnitzler – Rilke) (Seminar)

Dozent/in: Andreas Jürgens

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 12:15 - 13:45 | 01.04.2019 - 05.07.2019 | C 1.209 Seminarraum

Inhalt: In diesem Seminar wollen wir uns an Beispielen mit der Literatur des Jahrhundertendes beschäftigen, die sich einer präzisen Definition entzieht und infolge dessen nicht auf die eine, ja ohnehin immer problematische Epochenbezeichnung zu bringen ist. So fungiert „Fin de Siècle“ als ein Sammelbegriff, der diverse ästhetische oder literarische, sich mitunter widersprechende Bewegungen, Programme und Lebensgefühle (Décadence, literarischer Jugendstil, literarischer Impressionismus, Ästhetizismus, Symbolismus, Heimatkunst etc.) fasst und mit dem die Zeit von 1890 bis 1914 charakterisiert werden soll. Hermann Bahr, Protagonist der Wiener Variante des Fin de Siècle, proklamiert 1891 die Überwindung des am naturwissenschaftlichen Objektivitätsideal ausgerichteten Naturalismus durch eine das Äußere verinnerlichende „nervöse Romantik“. Tatsächlich sind am Jahrhundertende an der Literatur Symptome der „kulturellen Nervosität“ (Freud), der Weltuntergangsstimmung, aber auch eine große Lust am gesellschaftlich-künstlerischen Experiment ablesbar. Ästhetische Extravaganz, übersteigerte Intellektualität, Sprachskepsis, eine Lust am Morbiden, eine Affinität zur zweckfreien Schönheit und die Hinwendung zum Seelenleben kennzeichnen das zeitgenössische metropolitane Lebensgefühl in Europa (und in einer Variante auch in Nordamerika) ebenso wie rasanter technologischer Fortschritt und eine seismographische Kunst- und Musikszene. Eines der Zentren dieser taumelnden Welt ist die k. u. k. Hauptstadt Wien mit ihren literarischen Exponenten Hofmannsthal, Schnitzler, Beer-Hoffmann, Hermann Bahr und Karl Kraus. Im Seminar werden wir uns vor allem mit dieser Wiener Moderne beschäftigen. Neben kleineren Texten zum historisch-kulturellen Kontext sollen Arthur Schnitzlers psychologisierende Novellen „Fräulein Else“ und „Leutnant Gustl“ sowie kürzere ästhetizistische Erzählungen und sprachkritische Prosa Hugo von Hofmannsthals gelesen werden. In Rainer Maria Rilkes „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ mündet die kulturelle Verunsicherung in eine morbide Identitätskrise. Diese Werke dokumentieren die zeitgenössische „kulturelle Nervosität“ auf eindrucksvolle Weise. Zugleich kündet sich in ihnen das erzählerische Experiment an, das in den nachfolgenden großen Erzählentwürfen der literarischen Hochmoderne zur vollen Entfaltung gelangen wird.