Lettischer Staatspräsident Egils Levits erhält Ehrendoktorwürde

Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaat

02.05.2023 Der lettische Staatspräsident Egils Levits wurde von der neuen Fakultät Staatswissenschaften mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Bei der Verleihung hob er die rechtsdogmatischen Grundlagen für gemeinsame europäische Werte hervor und sprach die damit verbundenen politischen Herausforderungen an. In der anschließenden Podiumsdiskussion zu „Die Europäische Union als Rechts- und Wertegemeinschaft“ diskutierte Egils Levits mit der Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle Stefanie Otte, der Professorin für vergleichende Politikwissenschaft Sarah Engler und dem Staats- und Verwaltungsrechtsexperten Professor Till Patrik Holterhus über den Zustand der Europäischen Union. Moderiert wurde die Runde vom Professur für Internationale Beziehungen Tobias Lenz.

Lettischer Staatspräsident Egils Levits erhält Ehrendoktorwürde ©Fred Dott
Axel Halfmeier, Egils Levits, Sascha Spoun ©Fred Dott
Podiumsdiskussion ©Fred Dott

„Wie geht man damit um, wenn der Kampf um die Freiheit, aber auch um die Rechtsstaatlichkeit und den Wohlstand, den die Republik Lettland seit über 30 Jahren führt, in den Gründungsstaaten kaum Beachtung findet?“, fragte Universitätspräsident Sascha Spoun in seiner Eröffnungsrede und sprach die unterschiedlichen historischen Entwicklungen im Osten und Westen der EU an. Gerade in Zeiten des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine fallen diese Unterschiede besonders ins Gewicht.

„Wenn wir aus der Vergangenheit lernen wollen, das hat Egils Levits in seinen Schriften und Reden immer wieder betont, so müssen wir diese Zusammenhänge deutlich sehen: Nur eine Union der Werte kann den Frieden dauerhaft sichern“, sagte Vizepräsident Jörg Terhechte in seiner Laudatio. Levits, der in Hamburg Politik und Jura studierte, lobte die interdisziplinäre Ausrichtung der neuen Fakultät Staatswissenschaft: Es sei „zeitgemäß und sehr richtig, dass der Staat als Gegenstand aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden muss.“ Die Gründungsidee der Fakultät Staatswissenschaften, aus Politik-, Recht- und Wirtschaftswissenschaft eine Fakultät zu formen, die sich der Analyse der komplexen und dynamischen Wechselbeziehungen unserer Gegenwart widmet, sei sehr wichtig. „Nur zusammen und interdisziplinär können wir verstehen, was der Staat ist“, sagte Levits, der fünfzehn Jahre lang Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war und eine entscheidende Rolle in der Beitrittsbewegung Lettlands spielte.

Derweil herrscht Uneinigkeit innerhalb der EU, wies Levits in seiner Dankesrede hin, über das Verhältnis von Rechtsstaat und Demokratie. Den Rechtsstaat brauche die Demokratie als Garant, sodass die Mehrheit nichts entscheidet, das die Demokratie selbst in Gefahr bringt. Als Richter am EuGH stattete er selbst die EU 2018 mit Definitionsmacht aus. Das heißt, dass die EU-Richter*innen heute die Kompetenz besitzen, die Werte der Union festzulegen und ihre Verwirklichung zu prüfen. „Und damit sind nicht alle glücklich", pointierte er.

In der anschließenden Podiumsdiskussion erinnerte der Moderator Tobias Lenz daran, dass sich Polen und Ungarn von den europäischen Werten entfernen. Politikwissenschaftlerin Sarah Engler plädierte dafür, den Streit innerhalb der EU als politisches Problem zu betrachten und nicht bloß als rechtsstaatliches. Levits ergänzte: „Wo demokratische Wahlen möglich sind, gibt es auch Möglichkeiten der Kurskorrektur“ - man müsse dafür sorgen, dass es zu politischen Lösungen kommen könne. Das sei Aufgabe des Rechtsstaates. Bezüglich des Angriffskrieges in der Ukraine sagte Levits: „Investitionen in Verteidigung bedeuten Investitionen in Frieden.“ Er plädierte klar für „Abschreckung durch glaubwürdiges militärisches Potenzial“.

Trotz allen politischen und rechtlichen Streitigkeiten innerhalb der EU ergab die Diskussion auch, dass der Angriffskrieg auf die Ukraine so etwas wie einen „Consitutional Moment“ erzeugen könne. Ein Momentum, in dem man sich neu aufstellen und gemeinsames Handeln stärken könne. Levits mahnte: „Der Gegner für Russland ist nicht Lettland, sondern die NATO. Wir müssen das weniger provinziell sehen. Wir müssen alle dafür sorgen, dass das demokratische Europa verteidigt wird."