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Lehrveranstaltungen

Bilder schreiben Geschichte (Seminar)

Dozent/in: Dennis Göttel

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 12:15 - 13:45 | 17.10.2016 - 03.02.2017 | C 11.307 Seminarraum

Inhalt: Der moderne Begriff dessen, was ›Geschichte‹ ist, und die Erfindung der Fotografie fallen, mehr oder weniger, in den selben Zeitraum, ins 19. Jahrhundert. Der Anspruch der Geschichtsschreibung – wie sie im Zuge der Etablierung der wissenschaftlichen Disziplin der Geschichtswissenschaft Kontur annimmt – ist, vergangenes Geschehen möglichst exakt wiederzugeben. Gegenüber anderen, älteren Bildarten scheint die Fotografie wegen des Aspekts der Indexikalität eine besondere Nähe zu Fragen der Geschichtsschreibung aufzuweisen. So verspricht der Diskurs zur Fotografie, dass das analoge Medium Realität (vermeintlich oder tatsächlich) getreu aufzeichnen kann – unter der Maxime: »es-ist-so-gewesen« (Roland Barthes). Trotz jener historischen und diskursiven Überschneidungen blieb der Bezug der Geschichtswissenschaft gegenüber der Fotografie, und später dann auch dem Film, zunächst eher marginal – was angesichts wachsender Foto- und Filmarchive revidiert werden musste. Wie sich Fotografie und Film als Quellen der Geschichtsschreibung eignen und welche methodischen Besonderheiten im Vergleich zu schriftlichen Dokumenten auftauchen, ist deswegen eines der Themen des Seminars. Wo sich die Geschichtswissenschaft zurückhaltend zeigte, waren und sind es die Kulturwissenschaften, die sich im Laufes des 20. Jahrhunderts mit dem Verhältnis technischer Bildmedien zur Geschichte intensiv befassten. Über die Frage nach dem Status einer Quelle hinaus taucht dort immer wieder die These auf, dass sich das Verständnis von und der Bezug auf Geschichte durch die fotografischen Medien ganz grundsätzlich verändert habe. In der Lektüre klassischer Texte – u.a. von Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, Hayden White, Jacques Rancière – werden verschiedene Positionen ausgelotet; daneben werden auch jüngere Forschungen berücksichtigt. Hier wird zu diskutieren sein, inwiefern technische Bildmedien einerseits mit dem Topos der Evidenz verknüpft sind, andererseits eines der großen Themen der Historiografie, nämlich die Notwendigkeit der Erzählung und damit der Herstellung von Zusammenhängen historischer Ereignisse, nicht ad acta gelegt werden können.