Vorlesungsverzeichnis

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Lehrveranstaltungen

Kritik der Environmentalität (Seminar)

Dozent/in: Erich Hörl

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 10:15 - 11:45 | 18.10.2018 - 01.02.2019 | C 5.019 Seminarraum

Inhalt: Unter dem Titel »Environmentalität« hat Michel Foucault bereits Ende der 1970er Jahre das Umweltlich-Werden von Macht als das Grundcharakteristikum zeitgenössischer Gouvernementalität diagnostiziert und damit eine originäre Problematisierung gegenwärtiger Gesellschaften auf den Weg gebracht. Aber erst durch die Ubiquität von digitalen Medientechniken wurde der allgemeine Prozess der Environmentalisierung, der unsere Gesellschaften und ihre Weisen des Weltwerdens, der Subjektivierung, der Affizierung und des Denkens seither erfasst hat, in seiner ganzen Reichweite und Durchschlagskraft herausgestellt. Dank algorithmischer Umgebungen, sensorischer Umwelten und überhaupt dem Umweltlich-Werden von Komputation, auf dem medientechnischen Grund von sogenannten relationalen Technologien, also Technologien der algorithmischen Verschaltung, die nicht nur in Beziehung setzen, sondern Beziehungen herstellen, sie materialisieren und akkumulieren, operationalisiergen und abschöpfen, befinden wir uns auf dem Weg in eine nachgerade environmentalitäre Kondition. Diese ist im Kern durch eine durchgreifende, auf der großen Verdatung basierenden Kybernetik des Verhaltens charakterisiert, die nicht mehr über eine direkte Anpassung von aktualen, erfahrenden, gegenwärtigen, empfindenden Subjekten und deren Verhalten operiert, sondern mittels konstanter ›Anpassung‹ von Umwelten an individuelle und kollektive ›Profile‹. Capture (Erfassung), nicht Surveillance (Überwachung) mutiert zum Grundbegriff der Environmentalität, deren Leitproblem in der Erfassung und Kontrolle, im Management, der Modulation des Verhaltens, der Affekte, der Beziehungen, von Intensitäten und Kräften besteht. Diese environmentale Gouvernementalität, die man auch als automatische Regierung wird bezeichnen können, zielt auf eine riesige Reduzierung des Possiblen. Ihre Zeitlichkeit ist nicht mehr einfach die der Vorhersage (Prädiktion), sondern der Vorwegnahme (Präemption). Das Seminar versucht, die sich dergestalt abzeichnenden environmentalen Vereinnahmungsapparat in Richtung einer Machttheorie von Digitalität zu entfalten und in ihren konzeptuellen Details kenntlich machen. Dazu werden Lektüren u.a. von Michel Foucault, Brian Massumi, Luciana Parisi, Mark B. N. Hansen, Antoinette Rouvroy, Gilles Deleuze, Félix Guattari und Shoshana Zuboff durchzuführen sein. Eine Bibliographie wird zu Seminarbeginn zur Verfügung gestellt.

Mediengeschichten der Futurologie (Seminar)

Dozent/in: Sebastian Vehlken

Termin:
Einzeltermin | Di, 16.10.2018, 16:15 - Di, 16.10.2018, 17:45 | C 14.204 Seminarraum
wöchentlich | Dienstag | 16:15 - 17:45 | 23.10.2018 - 01.02.2019 | C 14.006 Seminarraum

Inhalt: "Über die Zukunft", so sagte der Philosoph Karl Popper einmal, "können wir nichts wissen, denn sonst wüssten wir es ja." Die Beschäftigung mit der Zukunft – und eben dies macht ihren Reiz aus – führt ganz genuin in Bereiche des Ungewissen, des Unsicheren, des Unbekannten. Hier steht das Wissen-Können – und damit eine grundsätzliche Frage von Wissenschaft – als solches zur Debatte: Der Begriff 'Zukunftswissen' verweist dabei einerseits auf erhoffte zukünftige Wissenfortschritte oder befürchtete Wissensgrenzen. Andererseits bezieht er sich auf ein Wissen ÜBER die Zukunft, das auf spezifischen Methoden der Prognose, Spekulation, oder des Szenariodenkens beruht. Zukunft – ob als Subjekt oder Objekt des Wissens – ist mithin a priori stets abwesend. "Sie kann hier wie dort nur medial erzeugt werden: in Modellen und Simulationen, in Bildern und Visionen, und nicht zuletzt mit den Mitteln der Sprache“ (Bühler/Willer 2016, 9). Obwohl bereits ab dem Ende des 18. Jahrhunderts – Stichwort Jules Verne – Zukunft zum Modethema avancierte, begann erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine wissenschaftliche Zukunftsforschung, die sich eine Welt von morgen nicht nur erträumte, sondern ausgehend von realen technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, diese extrapolierte und auf wissenschaftliche Expertise zu stützen suchte. Hier setzt unser Seminar an, wenn es historisch wechselnde Medien, Methoden und Konzepte der Zukunftsforschung analysiert und kritisch in jeweilige sozio-politische und kulturelle Kontexte einbettet, die von Widersprüchlichkeiten zwischen Technizismen auf der einen Seite und Technikskepsis auf der anderen geprägt ist – ganz gleich, ob es dabei in den 1970ern z.B. um die Segnungen oder Gefahren der Kernkraft ging oder um jene aktueller 'digitaler Revolutionen' geht.