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Lehrveranstaltungen

Wir, das etwas andere Ich. Künstlerische Projektarbeit und Gesellschaftsfiktionen mit Johanna Binder (Seminar)

Dozent/in: Clemens Krümmel, Susanne Leeb

Termin:
Einzeltermin | Di, 22.10.2019, 16:00 - Di, 22.10.2019, 20:00 | extern | Leuphana Kunstraum
Einzeltermin | Sa, 23.11.2019, 10:00 - Sa, 23.11.2019, 18:00 | extern | Leuphana Kunstraum
Einzeltermin | So, 24.11.2019, 10:00 - So, 24.11.2019, 18:00 | extern | Leuphana Kunstraum
Einzeltermin | Sa, 25.01.2020, 10:00 - Sa, 25.01.2020, 18:00 | extern | Leuphana Kunstraum

Inhalt: > Die Künstlerin Johanna Binder arbeitet als Stipendiatin des Leuphana Arts Program während ihrer Zeit an der Leuphana Universität an ihrem Projekt "Junto". Dabei handelt es sich um ei­n fik­ti­ves anthropologisches Archiv, einen besonderen Paartanz ohne Geschlechterhierarchien und einen Dokumentarfilm über die ega­litär or­ga­ni­sier­te Ge­mein­schaft der Ma­mai­ra, de­ren Be­son­der­heit dar­in be­steht, kein Wort für „Ich“ zu ken­nen, was sich auch in ihren sozialen Strukturen und Kulturtechniken niederschlägt. Während ihrer Zeit am LAP steht vor allem die Entwicklung des Tanzes im Vordergrund sowie die Erstellung des fiktiven Archivs einer Ethnologin, die diese Gemeinschaft entdeckt haben soll. > > Das Seminar geht aus von Alltagsbeobachtungen über die Frage, was "ich" und "wir" heißt. Nach einer Auftaktveranstaltung, in denen Johanna Binder das Projekt vorstellt und die grundlegenden Fragestellungen erläutert, sollen die Studierenden über einen Zeitraum von ca. 4 Wochen eigene Recherchen anstellen. Die Recherchen umfassen Beobachtungen, Fragestellungen, Material, Notizen, Skizzen, Gedankenskizzen zu und über Situationen, in denen das "Ich" problematisch wird. Ebenfalls besteht das Gedankenexperiment darin zu sehen, was passieren würde, wenn man das Ich durch ein Wir ersetzen würde. Der zweite, längere Seminarteil besteht darin, sich erarbeitete Fragen zu teilen, sich Szenen gegenseitig vorzustellen und Situationen zu erarbeiten, die in die weitere Projektarbeit an "Junto" einfließen. Weiterhin sollen Materialien, Filme und Texte ausgetauscht und diskutiert werden, die für Junto relevant sind. Der dritte Seminarteil besteht in einem performativ-experimentellen Teil. Zusammen mit einem Schauspieler erarbeitet Johanna Binder für ihr Projekt relevante Szenen, die von den Studierenden während eines Tages ausprobiert werden. Diese Proben werden gefilmt und fließen als Teile in das fiktive Archiv ein. Referate zu Stichworten: Sprachwissenschaft "Wir/Ich" (Sprachen ohne Ich) Beispiele für geschlechtliche Nichtzuordnungen Gleichheit (Christoph Menke) / "Gleichgültigkeit" (Jacques Rancière) Ethnographischer Blick und dessen Umkehrung (z.B. Jean Rouch) Ethnographische Tagebücher/Reiseberichte Paartänze ohne Hierarchie Youtube-Tanztutorials Genderrollen in utopischen Romanen (Abbott, Huxley, LeGuin, Samjatin...) Tanz und Sexualisierung Recherche im Museum am Rothenbaum (Darstellung von Gesellschaften)

Zeichnung als Abweichung. Ein Künstlerinnen-Seminar mit Susan Turcot (Seminar)

Dozent/in: Clemens Krümmel

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 16:15 - 17:45 | 14.10.2019 - 31.01.2020 | C 14.102 b Seminarraum

Inhalt: Abweichendes Zeichnen / Deviant Drawing. Ein Künstlerinnen-Seminar mit Susan Turcot, Quebec (Workshop und Exkursion) Das Zeichnen und die ihm zugehörigen künstlerischen Praktiken und Techniken nehmen in letzter Zeit wieder eine bedeutende Stelle in zahlreichen Diskursen zur gesellschaftlichen Wirksamkeit (künstlerischer und nichtkünstlerischer) Bilder ein, vor allem im Kontext sozialer Protest-, Widerstands- und Aufklärungskampagnen. Nicht nur die Publikationsflut von graphic novels, zeichnerischen Weblogs und Urban-Sketching-Initiativen sind hier zu nennen, sondern auch die besonderen Reportagegrafik-Abteilungen, die große Nachrichtenagenturen und Zeitungen wie der britische Guardian inzwischen im Netz betreiben. Mit ihrer (kunst-)historisch stark überfrachteten Rhetorik von Unmittelbarkeit und persönlichem Engagement, aber auch einer ins Extrem geführten Subjektivität der Wahrnehmung und Äußerung, haben sich zeichnerische und zeichnungsbasierte Verfahren zu einer wirkungsmächtigen Kombination visueller Sprachen gruppiert, die Verlässlichkeit und Authentizität signalisieren sollen – in einer Zeit, die in einer dramatischen politischen Auseinandersetzung mit den Herausforderungen von algorithmischer Nachrichtengenerierung und „Fake News“ begriffen ist, sind dies äußerst begehrte und hoch gehandelte Güter. Die Künstlerin Susan Turcot (www.susanturcot.info) arbeitet seit über fünfzehn Jahren mit einem speziellen Schwerpunkt: der künstlerischen Vor-Ort-Reportage zur industriellen, globalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen. So hat sie früher als die meisten anderen Künstler*innen umfangreiche gezeichnete, auch von Texten begleitete oder animierte Reportageprojekte etwa zu Orten der Abholzung oder des Raubbaus an fossilen Stoffen verwirklicht, die weltweit ausgestellt wurden und werden. Wichtig für sie ist dabei aber weit über die Aufmerksamkeitsgenerierung im Kunstfeld hinaus eine selbstreflexive und historisch informierte künstlerische Praxis, in der sich die Behandlung ökonomischer und politischer Dimensionen der Ausbeutung und ein hochgradig intuitiv und offen funktionierender künstlerischer Bildverstand nicht wechselseitig ausschließen, sondern verstärken. In einem durch ein Einführungsseminar mit Clemens Krümmel, das am Dienstag, den 22. Oktober 2019 um 14:15 Uhr am Kunstraum der Leuphana stattfindet, vorbereiteten zweitägigen Workshop (29./30.11.2019) wird die in Kanada lebende und arbeitende Künstlerin Susan Turcot, die ihre Ideen seit langem in vielen unterschiedlichen reportagehaften und symbolischer orientierten künstlerischen Zeichnungsformen ausdrückt, zunächst – am ersten Workshoptag – eine allgemein zugängliche Einführung in Geschichte, Gegenwart und Erfahrungshorizont ihres Praxisfelds geben. Am zweiten Tag sollen Studierende in Zusammenarbeit mit der Künstlerin eigene visuelle Rechercheprojekte konzipieren, die dann die Grundlage der zugehörigen Prüfungsleistung bilden sollen. Zusätzlich zum Workshop bietet der Kunstraum in Zusammenarbeit mit Susan Turcot eine eintägige Exkursion nach Wietze in der Nähe von Celle an – dem historisch ersten Ort einer systematisch betriebenen Erdölförderung, an dem ein Museum der Erdölförderung unterhalten wird. Vor Ort soll das im Workshop erarbeitete Reportage-Instrumentarium zu eigenen reportagenhaften Bild-Text-Kombinationen (auf ca. 10-15 Seiten) über ein ressourcenbezogenes Thema eingesetzt und angewandt werden. Dazu kann auch zur Reportagetätigkeit historischer und/oder zeitgenössischer Künstler*innen gearbeitet werden. Je nach Grad der Teilnahme der Studierenden kann am Ende des Wintersemesters eine kleine Präsentation gemeinsam mit Werken von Susan Turcot erfolgen. Besondere zeichnerische Fähigkeiten werden für die Teilnahme an den Veranstaltungen ausdrücklich nicht vorausgesetzt, wohl aber ein lebendiges Interesse an der Diskussion und Erforschung künstlerischer Visualisierungsstrategien.