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Lehrveranstaltungen

Ästhetiken des Protests (Seminar)

Dozent/in: Christoph Brunner

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 10:15 - 11:45 | 20.10.2022 - 02.02.2023 | C 5.019 Seminarraum
Einzeltermin | Do, 12.01.2023, 10:15 - Do, 12.01.2023, 11:45 | C 40.606 Seminarraum | mit Gruppe des Gymnasiums Oedeme

Inhalt: Das Seminar befasst sich mit den ästhetischen Aspekten historischer und gegenwärtiger Protestbewegungen. Mit Ästhetik sind nicht nur die Wahrnehmung oder die Ausdrucksformen von Protest, bzw. auch das „Künstlerische“ als Teil von Protest gemeint, sondern ein zentrales Element der Organisation von Protest. Ästhetiken des Protests verweisen auf die Art und Weise, wie sich Widerstand nicht allein aufgrund von Inhalten formiert, sondern inwiefern Widerstand eine Frage der Wahrnehmung und Empfindung ist. Dies schließt sowohl einer Anerkennung von Erfahrung als Grundlage von Widerständigkeit und deren teilbare Dimension mit ein als auch die Organisation des Sinnlichen (bzw. der Wahrnehmung) als Teil sog. affektiver Politiken von Protest. Anders gesagt, jede Art von Protest hat ihre jeweils spezifischen Kommunikations- und Ausdrucksweisen, die die jeweiligen Anliegen und Kämpfe vermitteln sollen. So ist z.B. die Variation karnevalsartiger Proteste, wie sie im Westen erstmals 1999 in Seattle bei Protesten gegen das WTO-Treffen aufkamen, seitdem Inspirationsquelle für Demonstrationsstrategien zur Vermeidung von (polizeilicher) Gewalt. Ebenso sind Strategien der Repräsentation von Protest seit langem ein wichtiger Bezugspunkt medialer Praktiken, in denen Protestierende, Main-Stream-Medien und Staatsgewalt (Polizei) um die Interpretationshoheit in der Darstellung von Protest kämpfen. Somit widmet sich das Seminar insbesondere auch den medialen Strategien, sozialen Medienplattformen und ihren Logiken der Anordnung und Orientierung sinnlicher Wahrnehmung. Es werden unterschiedliche ästhetische Ansätze verglichen und ihre Differenzen herausgearbeitet. Wichtig ist anzumerken, dass mit Protest hierbei nicht allein progressive, sprich linke, soziale Bewegungen gemeint sind. Gegenstand des Seminars werden ebenso Strategien (neuer) rechter Bewegungen oder auch Verschwörungstheorien und Phänomene wie die Querdenker sein. Ein übergeordnetes Anliegen ist die Sensibilisierung für die jeweiligen medialen, praktischen und geopolitischen Differenzen von Protest, die sich an einer allzu vereinheitlichenden Vorstellung von Ästhetik und Wahrnehmung reibt, bzw. diese hinterfragt. Daher werde Protestformen und -praktiken aus unterschiedlichen geographischen Kontexten behandelt und sowohl historische als auch gegenwärtige Beispiele herangezogen. Das Seminar enthält zahlreiche Materialien, die eine Theoriebildung in den Kulturwissenschaften über eine rein textliche Praxis hinaus eröffnen.