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Lehrveranstaltungen

Kritische Theorie (Seminar)

Dozent/in: Thomas Saretzki

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 10:15 - 11:45 | 03.04.2023 - 07.07.2023 | C 12.112 Seminarraum

Inhalt: Was ist und warum Kritik? Welche Bedeutung hat Kritik für eine Gesellschaft, ihre Kultur, ihre Politik und Wissenschaft? Immanuel Kant verstand sein Zeitalter, das Zeitalter der Aufklärung, zugleich als „das eigentliche Zeitalter der Kritik, der sich alles unterwerfen muß“ (KrV AXI). Heute hegen viele Kinder der Aufklärung Zweifel, ob sie in Bezug auf ihre Gegenwart noch vorbehaltlos von der „gereiften Urteilskraft“ sprechen würden, die Kant seinem Zeitalter auf dem Weg der Selbsterkenntnis und der Prüfung von kritischen Geltungsansprüchen zuweisen wollte. Überdies sind im Prozess der Aufklärung nicht nur Religion und Politik, sondern auch die Wissenschaften in Verdacht geraten, mit ihrem Wissen fragwürdige Herrschaftsansprüche zu verbinden oder ihre Theorien, Methoden und Verwendungsweisen doch der kritischen öffentlichen Prüfung zu entziehen. Um diese Zusammenhänge zu reflektieren, müssen Aufklärung und Wissenschaften allerdings in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext betrachtet werden. Das war und ist das Anliegen einer philosophisch inspirierten Sozialforschung, die sich dezidiert in einem spezifischen (klärungsbedürftigen) Sinne als „kritisch“ versteht. Ging es für Kant zunächst einmal um Erkenntniskritik, so rückten die (später mit großem K) gekennzeichneten Vertreter der Kritischen Theorie auch die Kritik der Gegenstände der Sozialforschung und die kritische Reflexion der Rolle der Wissenschaften im Prozess der Herstellung, der Prüfung und der praktischen Verwendung ihres Wissens in der Gesellschaft in den Blick. Damit stellten sich u.a. Fragen nach dem Verhältnis von Theorie und Praxis, nach der Vermittlung von Kritiksubjekt und Kritikobjekt und nach den Maßstäben der Kritik und ihrer Rechtfertigung. In diesem Seminar geht es zunächst darum, wie der Begriff „Kritik“ in der Philosophie und Ideengeschichte verstanden und verwendet wurde. Auf dieser Grundlage wird sodann die Kritische Theorie untersucht, wie sie sich seit den 1930er Jahren im Programm des Instituts für Sozialforschung und in Schlüsseltexten ausgewählter Vertreter der Frankfurter Schule darstellt. Deren Arbeiten sind von nachfolgenden Generationen der Kritischen Theorie im Lichte historischer Veränderungen neu interpretiert und im Rahmen neuer theoretischer Referenzen in verschiedene Richtungen weiterentwickelt worden. Vor diesem Hintergrund geht es abschließend um die Frage nach den Perspektiven, die sich heute für eine kritische Theorie der Politik ergeben.