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Lehrveranstaltungen

Freiheit und Deregulierungsrhetorik gegen Überwachung und Kontrolle im digitalen Feld (Seminar)

Dozent/in: Ulf Wuggenig

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 17:45 - 20:00 | 14.10.2024 - 31.01.2025 | C 5.310 Seminarraum

Inhalt: KI und Big Data gehen Hand in Hand. Das eine ermöglicht das andere. In diesem Seminar, das in das Forschungsprojekt »Commodified Agency« eingebunden ist, welches sich den mit der Digitalisierung einhergehenden gesellschaftlichen Transformationen widmet, denken wir diese zwei Vektoren des digitalen Wandels zusammen. Ihre vereinte Reichweite ist global, doch ihr Wirken bleibt auch immer in einem beträchtlichen Ausmaß lokal. Während die Vereinheitlichungstendenzen der digitalen Dienstleistungen und die Abwehr von Monopolbildungen am digitalen Markt viele Schlagzeilen machen, bleiben das national Spezifische, Idiosynkratische, Partikularistische der Infrastrukturen, IT-Ausstattungen, Vertragsausgestaltungen, Datenverwaltungsmodi und Vorstellungen von Intelligenz als solche meist unkommentiert. Dabei prägt diese Divergenz im Kleinen die Entwicklung der Weltvernetzung im Großen. In diesem Seminar werden wir u.a. die von der EU Kommission und dem EU Parlament konzipierten bzw. beschlossenen Regulierungsmaßnahmen – Digital Markets Act, Digital Services Act und Artificial Intelligence Act – betrachten und dabei auch ein Augenmerk auf das Zusammenspiel zwischen supranationaler und nationaler Ebene (nationale Digitalstrategien) richten. Wir wollen die in Gang gesetzten und noch geplanten Maßnahmen erfassen – einschließlich ihrer auf sozialwissenschaftliche Forschung gestützten Vorbereitung und Begleitung (z.B. spezielle, Technologie- bzw. KI-Akzeptanz erfassende Eurobarometer-Studien) – sowie ihre zu erwartenden Auswirkungen untersuchen. Welche bzw. wessen Interessen werden hier primär berücksichtigt? Die Anliegen der großen Tech-Firmen stehen etwa den Belangen der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) entgegen. Der Schutz der Nutzer*innen steht wieder auf einem anderen Blatt. Regulierungsforderungen (seitens der EU-Kommission und der Regierungen sowie der Verbraucherorganisationen) kollidieren mit Deregulierungsansprüchen (seitens der Industrie), Risikoaversion steht Disruptions-Bereitschaft entgegen. Nicht zuletzt mit dem Cultural Theory Ansatz von Mary Douglas – berühmt für ihre Studie »Risk and Culture« (gemeinsam mit Politikwissenschaftler Aaron Vildavsky) und ihre Theorie des Konflikts zwischen vier Kulturen (unternehmerische Kultur, hierarische Kultur, dissidente Kultur, Kultur der Zurückgezogenen bzw. Isolierten) – möchten wir dieser Vielfalt der Positionierungen im Feld digitalen Handelns eine strukturelle Logik entnehmen. Auch Sanktionsmaßnahmen, wie die Milliarden-Strafen gegen u.a. Apple oder Google finden vor dem Hintergrund der Digitalstrategie der Europäischen Kommission Beachtung. Die praktische Prüfungsleistung könnte z.B. auch darin bestehen, dass Sie Segmente eines Filmes, der im Rahmen des Projekts über einen Austausch von Philosophen und einer Sozialwissenschaftlerin zu Fragen der Digitalisierung gedreht wurde bearbeiten und das Wesentliche für die Fragestellungen des Seminars nach Ihrem Ermessen markieren. Die Film-Segmente zeigen Interviews in zwei Kamera Ansichten, das laufende Gespräch der Film-Protagonist*innen in Echtzeit und die vollständig transkribierten Dialoge. Sie können aber auch eigene kurze Videofilme herstellen, die der Vermittlung von Einsichten in Mechanismen und Konflikte, die in Zusammenhang mit der digitalen Ökonomie stehen.