Forschungsthema und Ziele

 

Allgemeine Bedeutung
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Unternehmertum (Entrepreneurship) und die mit ihnen verbundenen Freien Berufe bestimmen in besonderer Weise das wirtschaftliche Geschehen. Sie sind nicht nur der Teil der Wirtschaft mit dem höchsten Beschäftigtenanteil, sondern tragen mit ihrer wirtschaftlichen Bedeutung allgemein Wirtschaft und Gesellschaft und sind ihr besonderer Motor. Neben dem gewerblichen und wirtschaftlichen Aspekt sichern Freie Berufe wesentliche Grundbedürfnisse der Gesellschaft mit der Produktion hochbewerteter Güter, wie z.B. Gesundheit, Recht und Sicherheit. Neben der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung gehen viele Innovationen von diesen Unternehmens- und Wirtschaftsformen auch auf die nachhaltige Entwicklung aus.

Ziel der Forschergruppe sind inhaltliche Analysen über die Struktur und die Dynamik von Entrepreneurship, KMU und Freien Berufe mit den in ihnen agierenden Individuen im Umfeld von Selbständigkeit und wachsender Bedeutung von Dienstleistungen. Die individuelle Vielfalt und Besonderheit von Entrepreneurship, kleiner und mittlerer Unternehmen und Freier Berufe macht es notwendig, individuelles Handeln auf der ihr adäquaten Ebene, der Individualebene, zu analysieren. Mit der Individualebene werden einerseits die wirtschaftlichen Einheiten (Betriebe/Praxen, Kanzleien etc.) als auch ihre Eigentümer und Beschäftigten thematisiert. Die Mikroanalyse ist somit neben der regionalen und gesamtgesellschaftlichen Analyse das besondere Instrument. Im Zentrum der Forschungsarbeiten und Lehre dieser Forschergruppe stehen Entrepreneurship, KMUs und freie Berufe als Wirtschaftsformen, die sich durch Gründung, Kleinheit, Risikokontexte, Innovation und Dynamik kennzeichnen.

Ausgehend von einer beschreibenden Analyse, was Entrepreneurship in allen seinen Formen in unterschiedlichen Branchen und Ländern sowie ihrer Ausrichtung des Kerngeschäfts auf Nachhaltigkeitsleistungen ausmacht und welche Strukturen und Entwicklungen zu beobachten sind, werden mit quantitativen und qualitativen Verfahren Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren herausgearbeitet. Als theoretische Grundlage werden sowohl im engeren Sinne ökonomische als auch sozial- und verhaltenswissenschaftliche Theorien herangezogen. Die Analysen alternativer Politiken, Strategien und Nachhaltigkeitsorientierung z.B. mit (Mikro-) Simulationsrechnungen führen dann darauf aufbauend zu Empfehlungen für Gründer, Ausgründer und andere Unternehmensformen und -entwicklungen.

Das gemeinsame Dach ist einerseits der explizite Bezug auf Entrepreneurship, KMU/Freie Berufe als Zielgruppe mit andererseits inhaltlichen Schwerpunkten sowohl auf der Unternehmensseite wie auch auf der personellen Seite des Unternehmers selbst.

Thematische, inhaltliche Forschungsschwerpunkte
Unter diesem gemeinsamen Dach konzentrieren sich die thematischen Schwerpunkte auf die Struktur und die Dynamik der Gründung und Sicherung einer Existenz, der Unternehmensform, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungssituation sowie der Politikanalyse. Im einzelnen sind sechs Forschungsschwerpunkte zu nennen, die interdisziplinär gemeinsam aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert werden:

  • Neue Unternehmensansätze und Kooperationen
  • Existenzgründung und Existenzsicherung
  • Wirtschaftlicher Erfolg und Wachstum von Unternehmen
  • Die Person des Unternehmers und wirtschaftlicher Erfolg
  • Arbeitsmarkt, Beschäftigung und Neue Selbständigkeit
  • Politikanalysen mit Wirkungsanalysen wirtschafts- und sozialpolitischer Maßnahmen.

Theoretische Grundlage der empirisch ausgerichteten Analysen sind generell ökonomische (Firma und Privathaushalt, BWL/VWL) und sozio-ökonomische Theorieansätze aus dem Mikrobereich; insbesondere was den Bereich von betrieblichen und personellen Entscheidungen betrifft. Mit den quantitativen und qualitativen Ansätzen auf der Individualebene werden herrschende Theorieansätze einerseits überprüf- und testbar, andererseits werden über quantifizierte Erklärungsfaktoren neue Theorien und Erklärungsmuster möglich. Die theoretischen und analytischen Ansätze dieses Forschungsschwerpunkts sind inter- und intradisziplinär (BWL/VWL) und sind schwerpunktmäßig: managementtheoretisch, organisationstheoretisch, mikroökonomisch, ökonometrisch/statistisch und sind anwendungsbezogen/empirisch fundiert.

Methodisch werden für die theoretisch und empirisch fundierten Analysen – aufbauend auf der beschreibenden Analyse – sowohl quantitative als auch qualitative Ansätze verfolgt. Im Bereich der quantitativen Ansätze werden einerseits typisch mikro-ökonometrische Verfahren herangezogen, die im Umfeld von diskreten Entscheidungsmodellen 0/1 Entscheidungen wie Existenzgründung/ oder nicht, Beschäftigung und Arbeitsangebot oder nicht, Erfolg oder nicht oder generell Änderung einer Struktur auch über mehrdimensionale Muster statistisch adäquat sind. Andererseits werden multivariate Verfahren einbezogen, die die mikroökonometrischen Ansätze ergänzen. Das Instrument der Mikrosimulation hilft dabei, die evtl. unterschiedlichen Wirkungen wirtschafts- und sozialpolitischer Maßnahmen auf unterschiedliche KMU/Freie Berufe-Gruppen effizient zu untersuchen.

Datengrundlage sind damit Umfragedaten wie bspw. das Sozio-ökonomische Panel, das Hannoveraner Firmenpanel, das Gründungspanel NRW, eigene Erhebungen (z.B. zum Gesundheitswesen) auch mit qualitativen Interviews (z.B. zu Sustainable Champions) sowie nicht-amtliche Daten wie auch amtliche Mikrodaten (Einkommensteuerstatistik, Mikrozensus, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe). Hinzu kommen Fallstudien und die Dokumentation firmenbezogener Entwicklungen.

Das besondere Merkmal des Lüneburger Forschungsschwerpunkts ist die gemeinsame - sowohl die angebots- als auch nachfrageseitige - Analyse der mittelständigen Wirtschaft auf der Ebene des Einzelnen mit ihren übergreifenden neuen unternehmensspezifischen wie auch unternehmer- bzw. freiberuflichspezifischen Entwicklungen. Da zentrale Datensätze, wie das Sozio-ökonomische Panel, das Gründungspanel NRW oder auch das Hannoveraner Firmenpanel Paneldatensätze, Daten aus wiederholten Befragungen der gleichen Einheiten sind, sind für die dynamischen Analysen auch die besonders anspruchsvollen Mikrodaten vorhanden und analysierbar. Hervorzuheben ist, dass Mitglieder der Lüneburger Forschungsgruppe an der Entwicklung dieser innovativen Datenbasen bereits direkt mitgewirkt haben (z.B. Sozio-ökonomisches Panel; Hannoveraner Firmenpanel, Gründungspanel NRW) und darüber hinaus eigene Erhebungen zur empirischen Fundierung aktuell durchführen (z.B. zum Gesundheitswesen, zur Existenzgründung, zu Sustainable Champions).

Interdisziplinär ist die unterschiedliche sich ergänzende Perspektive der einzelnen inhaltlichen Schwerpunkte, die natürlich eng mit der jeweiligen Ausrichtung der Forscher aus der BWL, VWL, Ökonometrie/Statistik, Wirtschaftsinformatik und den Umweltwissenschaften getragen wird.

Einbindung in die internationale und nationale Forschung
CREPS legt explizit Wert auf die Einbindung in die internationale und nationale Forschung. Verwiesen sei auf unsere bisherigen nationalen und besonders internationalen Kontakte und Kooperationen (siehe Kapitel 3). Im deutschsprachigen Raum gibt es einen relativ kleinen und gut überschaubaren Kreis von wissenschaftlichen Instituten, die sich explizit und schwerpunktmäßig mit der Mittelstandsforschung beschäftigen. Hierzu gehören die Institute für Mittelstandsforschung (bzw. entsprechende Professuren) an den Universitäten Bayreuth, Flensburg, Köln, Lüneburg, Mannheim, Siegen, Trier, der Hochschule St. Gallen und der Wirtschaftsuniversität Wien. Die inhaltliche und methodische Ausrichtung der wissenschaftlichen Einrichtungen ist sehr unterschiedlich und nicht immer von einer klaren Profilbildung gekennzeichnet. Die bestehenden Kontakte und Kooperationen mit diesen Instituten werden weiter im Zuge unserer Forschung vertieft.

Forschung und Lehre
Der Forschungsschwerpunkt ist zugleich einen Forschungsimpuls für die Lehre in den neuen Bachelor- und vor allem Masterstudiengängen der eigenen Fakultät aber auch in die anderen Fakultäten hineinragend (Stichworte: Mittelstandsökonomie, Umweltmanagement, Arbeitsmarkt, Freie Berufe und Selbständigkeit, Empirische Wirtschaftsforschung). Zudem werden Impulse auch in den neuen MBA-Ergänzungsstudiengang des Fachbereichs ‚Management ambulanter und integrierter medizinischer Versorgung’ gegeben.

Hinzu kommt ein neuer Weiterbildungsstudiengang "Sustainable Entrepreneurship (STEP)" der von der EU gefördert wird. Außerdem besteht jetzt schon ebenfalls in Verbindung mit dem Fachbereich Umweltwissenschaften für die Fernuniversität Hagen ein Fernstudienprogramm zur Weiterbildung im Bereich des Umweltmanagements und der umweltorientierten Unternehmensgründung und –führung.


Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz
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