Course Schedule


Lehrveranstaltungen

Naive Kunst, Primitivismus und Gegen-Primitvismus (Seminar)

Dozent/in: Katharina Tchelidze

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 14:15 - 15:45 | 16.10.2023 - 02.02.2024 | C 5.019 Seminarraum | Gebäude 5
Einzeltermin | Sa, 13.01.2024, 00:00 - So, 14.01.2024, 23:59 | extern | Exkursion nach Brüssel

Inhalt: Das Seminar soll einen problemorientierten Zugang zu Kunstformen bieten, die in ihrer Auseinandersetzung das Ursprüngliche oder nach Authentizität suchten. Diese finden sich in der naiven Kunst und auch im Primitivismus. Für die Avantgarde in Europa boten sie wichtige Impulse und bildeten einen bedeutenden Faktor ästhetischer Neuerungen in der westlichen Moderne. In ein Austauschverhältnis mit außereuropäischer Kunst kamen sie nicht. Wie können wir heute angesichts von Weltausstellungen, Völkerschauen und Museen, die es erlaubten, die Wahrnehmung der als fremd konstruierten Ästhetik ohne einen Dialog mit den Produzent*innen der Kunstwerke zu einer fixen Vorstellung vom Wesen des Anderen zu formen, besprechen? Die Notwendigkeit einer rassismuskritischen Rezeption des Primitivismus in der Kunst bietet die Grundlage des Seminars. Lange Zeit als eine Facette der künstlerischen Avantgarde besprochen, erlebte der künstlerische Primitivismus während der Kolonialzeit ihre Hochphase. Obwohl die avantgardistische Haltung anfangs als eine Gegenbewegung zu etablierten akademischen Normen der Kunstproduktion gelesen wurde und eine kritische Perspektive auf gesellschaftspolitische Verhältnisse einnahm, war sie strukturell in die kolonialistische Weltsicht eingebunden. Sei es bei der Faszination Picassos für afrikanische Masken, bei Gaugins polynesischen Exkursionen oder bei Nolde, der das Ausleben von Exotismus und Primitivismus funktional in das kollektive Projekt des deutschen Kolonialismus integrierte. Die bis heute wirksamen Verstrickungen Deutschlands im Kolonialismus geben Auskunft über heutige rassistische Macht- und Dominanzverhältnisse, die es bei der Rezeption des Primitivismus zu berücksichtigen gilt. Thema wird ebenfalls die exotisierende und stereotypisierende Darstellung von BIPoCs sein, wie die Reaktion darauf bei beispielsweise Faith Ringgold.