Course Schedule

Veranstaltungen von Dr. phil. Tore Langholz


Lehrveranstaltungen

Verantwortung 7: Computerkolonialismus-Datenimperialismus-Medientotalitarismus (Übung)

Dozent/in: Tore Langholz

Termin:
wöchentlich | Freitag | 12:15 - 13:45 | 13.10.2025 - 30.01.2026 | C 12.010 Seminarraum

Inhalt: Die digitale Infrastruktur der Gegenwart ist eine Privilegien- und Machtordnung. Computerkolonialismus ist die systematische Besiedelung der Welt durch informationstechnologische Apparate. In weniger als 80 Jahren wurde alles, was wir denken und wissen, in digitale Infrastrukturen kanalisiert. Vom Urknall bis zum Rand des Universums, von der Quantenmechanik bis zur gesellschaftlichen Ordnung – nichts entzieht sich mehr der digitalen Erfassung. Datenimperialismus ist die Folge der Informationsexplosion. Daten sind nicht bloß eine Ware, sondern das Medium, in dem sich Realität formt. Was nicht im digitalen Raster existiert, existiert nicht. Die totale Erfassung der Welt durch Informationstechnologien geht über die klassische Idee der Überwachung hinaus. Medientotalitarismus bedeutet nicht nur Kontrolle, sondern die Konsequenz einer Medialität, die sich selbst perpetuiert. Fortschritt verlangt die permanente Verbindung von Mensch und Maschine, weil sich das System selbst aufrechterhält. Es gibt keinen Ort außerhalb der digitalen Ordnung. Wenn es stimmt, was ein berühmter deutscher Soziologe zum Einstieg in die Realität der Massenmedien schreibt: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“, dann bedeutet dies, dass die Welt total computierbar ist. Das aber ist nur primitiver Aberglaube digitalisierter Wünschelrutengänger. Wenn wirklich alles, was wir über die Welt wissen, aus Medien stammt, dann heißt das nicht, dass die Welt so ist – sondern nur, dass wir nichts anderes mehr als digital strukturierte Verhaltensimperative empfangen. Und das ist genau die kybernetische Verzauberung der Welt durch Täuschung. Computerkolonialismus, Datenimperialismus und Medientotalitarismus sind nicht die Werkzeuge politischer Kontrolle, sondern die Folge einer kybernetischen Realität. Die Frage ist nicht, wie man sich entzieht, sondern was außerhalb des digital codierten Empirismus existiert.

Verantwortung 6: Der Begriff des Politischen im Informationszeitalter (Übung)

Dozent/in: Tore Langholz

Termin:
wöchentlich | Freitag | 14:15 - 15:45 | 13.10.2025 - 30.01.2026 | C 11.307 Seminarraum

Inhalt: Das Seminar geht von der Voraussetzung aus, dass politisches Denken und damit der Begriff des Politischen auf der Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit beruht. Totalitäre Systeme hingegen versuchen genau diese Differenz aufzuheben. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob diese Trennung im Zuge der medialen Entwicklung – vom Rundfunk bis zum Internet – weiterhin ausreicht, um das Politische zu bestimmen. Besonders seit 1998, mit der massenhaften Verbreitung des Internets, könnte die Auflösung dieser Trennung dazu führen, dass das Politische selbst obsolet wird. Als heuristischer Ansatz wird die historische Umkehrung betrachtet: Während 1933 das Politische die Medien, Gewerkschaften, Vereine und Institutionen gleichschaltete, könnte der Medientotalitarismus heute dabei sein, durch die Aufhebung der Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit das Politische als Begriff selbst zu zerstören – oder uns zwingen, einen neuen Begriff des Politischen zu gestalten, der genau dieser Herausforderung gerecht wird. Kernfragen: Ist die Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit unter digitalen Bedingungen noch tragfähig? Wie verändern digitale Technologien, algorithmische Steuerung und Massenmedien politische Prozesse? Welche Rolle spielen Affektsteuerung und algorithmische Prozesse in politischen Debatten? Wie haben sich Narrative in Migration, Klimawandel, Pandemie, Antisemitismus, Islamophobie und dem Genozidvorwurf gegen Israel medial formiert? Welche Bedeutung haben Schuldbekenntnisse und Opferstatus als politische Steuerungsmechanismen? Welche Bedeutung hat Carl Schmitts Freund-Feind-Differenz im digitalen Raum? Was bedeutet die Post-Choice- und Post-Voting-Society, in der Wahlen durch kybernetische Steuerung ersetzt werden? Wie funktioniert Informationskapitalismus als Steuerungsmechanismus politischer Diskurse?