Course Schedule


Lehrveranstaltungen

"Visual Turn" in der qualitativen Sozialforschung (Seminar)

Dozent/in: Lena Respondek

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 17.10.2013 - 12.12.2013 | C 4.215 Seminarraum
Einzeltermin | Do, 19.12.2013, 16:15 - Do, 19.12.2013, 18:00 | C 5.325 Seminarraum
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 09.01.2014 - 30.01.2014 | C 4.215 Seminarraum

Inhalt: Gesellschaft hat auch eine visuelle Dimension, die durch den „Visual Turn“ in den Fokus rückt. Die Soziologie ist jedoch oft durch ein unbestimmtes und zugleich ambivalentes Verhältnis zur Bildhaftigkeit ihres Gegenstandes gekennzeichnet. Wo und wie wird nun der Visual Turn in der qualitativen Sozialforschung relevant? Visuelle Forschung ist durch unterschiedliche Verwendungsweisen vielfältigen „bildlichen Materials“ gekennzeichnet. In diesem Seminar soll der Schwerpunkt auf Fotografie (bzw. deren Interpretation) gelegt werden, denn diese macht die Bildlichkeit von Gesellschaft besonders gut deutlich und ist zudem leicht zugänglich. Fotografie ist in unterschiedliche Kontexte und Diskurse eingebunden. Auf ein Foto gebannte Spuren und Inszenierungen des Sozialen können durch methodisch kontrollierte Interpretation erfasst und wissenschaftlich genutzt werden. Gegenwärtig erarbeiten z.B. Ralf Bohnsack (dokumentarische Methode der Bildinterpretation) oder Roswitha Breckner (interpretative Bildanalyse als Segmentanalyse) spezifisch soziologische Methodologien und Methoden der Bildinterpretation und wenden diese in der empirischen Forschung an. Visuelle und ästhetische Dimensionen der modernen Gesellschaft spielten z.B. bereits bei Georg Simmel oder Walter Benjamin eine Rolle. Benjamins Zeitgenosse Karl Mannheim arbeitete an einer auf kunsthistorischen Methoden aufbauenden „dokumentarischen Interpretation von Sinngebilden“. In der akademisch etablierten Soziologie ließen sich bald weitere sehr unterschiedliche Arbeiten zu und mit Fotografie finden. In den USA entstanden in wissenschaftlichen und politischen Zusammenhängen die bekannten „FSA-Fotografien“. Auch Pierre Bourdieu setzte Fotografie in ethnologischen Untersuchungen ein und analysierte sie später kultursoziologisch. Neben der praktischen Anwendung von Methoden der Bildinterpretation bilden o.g. Beispiele sowie darüber hinausgehende bildwissenschaftliche und -theoretische Überlegungen inhaltliche Schwerpunkte des Seminars.

Cultural Turns (Vorlesung)

Dozent/in: Dominik Schrage

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 14:15 - 15:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | C HS 3

Inhalt: Der „Cultural Turn“ ist ein wichtiges Schlagwort, mit dem der Erfolg der Kulturwissenschaften in den letzten Jahrzehnten oft verbunden wird. Bei näherer Betrachtung zeigt sich indes, dass der Cultural Turn kein auf einem einheitlichen Theorie- oder Forschungsprogramm basierender Paradigmenwechsel ist, wie ihn Thomas Kuhn beschrieben hat. Für Kuhn finden nämlich Paradigmenwechsel (oder „wissenschaftliche Revolutionen“) in begrenzten Forschungsfeldern vor allem in den Naturwissenschaften statt, in denen sich eine neue Konzeption des Forschungsobjekts und der Forschungsmethode gegen eine alte Sichtweise durchsetzt. Im Gegensatz dazu ist beim Cultural Turn die Wendung der Blickrichtung kein einmaliger Einschnitt, sondern ein dauerhafter Modus des kultur- und sozialwissenschaftlichen Diskurses: Die Hinwendung zu immer neuen Querschnittsthemen ist zu einem Organisationsprinzip in den Sozial- und Geisteswissenschaften geworden. So wie der Cultural Turn selbst eine Erweiterung des „Linguistic Turn“ der 1960er Jahre darstellt, so setzt er eine Vielzahl von neuen „Turns“ frei, die jeweils, wenn erfolgreich, immer neue Forschungsfelder etablieren: pictoral und iconic turn, spacial turn, emotional turn und viele mehr. Die Vorträge der Ringvorlesung „Cultural Turns“ geben einen Überblick über diese dynamischen Entwicklungen und stellen dabei zugleich wichtige Schwerpunktthemen der Kulturwissenschaften vor. Sie behandeln erstens thematische Bündelungen, Aufmerksamkeitsverschiebungen oder Wiederentdeckungen von Fragestellungen und Forschungsperspektiven, die über Disziplinengrenzen hinweg wirksam werden, zum Teil wird diskutiert, dass sie diese in Frage stellen. Zweitens geht es aber auch um die Effekte dieser Cultural Turns, die in etablierten Disziplinen (wie der Geschichte, Literaturwissenschaft, Soziologie, Philosophie oder Kunstgeschichte etc.) oder Forschungsfeldern stattfinden und deren Perspektiven verschieben.

Cultural Turns in der Soziologie - Soziologie der Cultural Turns (Seminar)

Dozent/in: Dominik Schrage

Termin:
Einzeltermin | Mi, 16.10.2013, 10:15 - Mi, 16.10.2013, 11:45 | C 5.109 Seminarraum
Einzeltermin | Mi, 23.10.2013, 10:15 - Mi, 23.10.2013, 11:45 | Raumangabe fehlt
wöchentlich | Mittwoch | 10:15 - 11:45 | 30.10.2013 - 31.01.2014 | C 14.201 Seminarraum

Inhalt: Schon lange vor dem "Cultural Turn" gab es in der Soziologie eine Auseinandersetzung mit "Kultur": Max Weber zum Beispiel begründete seine verstehende Soziologie kulturwissenschaftlich, und in Georg Simmels Analysen der von Urbanität, Geld und Rationalität geprägten Moderne spielt der Kulturbegriff eine durchaus wichtige Rolle. Gleichwohl ist der Kulturbegriff in der Soziologie sehr variabel und es gibt keine einhellig geteilte Definition, obwohl er seit den 1970er Jahren immer öfter verwendet wird. Das Seminar gibt Einblick in verschiedene soziologische Ansätze, die den Kulturbegriff verwenden und dabei von "Gesellschaft" abgrenzen. Dies geschieht unter einer dreifachen Fragestellung: 1. inwiefern verändern sich soziologische Verständnisse von "Kultur" unter dem Einfluss des "Cultural Turn"? 2. inwiefern trägt die Soziologie (im Verlaufe des 20. Jahrhunderts) selbst zum "Cultural Turn" bei? 3. Inwiefern kann die Soziologie gesellschaftliche (Hinter-)Gründe des "Cultural Turn" aufklären? Wichtige, im Seminar behandelte Themen sind: - Sozialstruktur und Kultur (beginnend mit Marx und Weber) - Ethnologie/Anthropology und Soziologie - (Post-)Strukturalismus und Soziologie - neuere Varianten der Kultursoziologie in Deutschland, Großbritannien und den USA

Cultural turns in sustainability discourses (Seminar)

Dozent/in: Sacha Kagan

Termin:
wöchentlich | Mittwoch | 10:15 - 11:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | C 5.310 Seminarraum

Inhalt: Can we speak of a "cultural turn" affecting sustainability studies and sustainability sciences? We will investigate this question in the seminar together, looking at a diversity of texts from two horizons: on the one hand, authors related to sustainability and sustainable development (whether as researchers or as policy makers and practitioners) which are, it seems, taking a 'cultural turn', on the other hand, authors from social and cultural studies whose arrays into specific themes and issues can inform further 'cultural turns' in sustainability studies.

Der Emotional Turn in der Soziologie (Seminar)

Dozent/in: Julia Böcker

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | C 12.102 Seminarraum
Einzeltermin | Do, 05.12.2013, 16:15 - Do, 05.12.2013, 17:45 | fällt aus !
Einzeltermin | Fr, 13.12.2013, 14:00 - Fr, 13.12.2013, 16:00 | V 00.114 Seminarraum
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 19.12.2013 - 31.01.2014 | C 12.102 Seminarraum

Inhalt: Die Bedeutung menschlicher Emotionen für das soziale Zusammenleben ist in der Soziologie, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, von Anfang berücksichtigt worden. Georg Simmel etwa widmete sich konkreten Gefühlen, wie Treue oder Gier, um Inhalt und Entstehung bestimmter sozialer Gebilde zu untersuchen. Emil Durkheim sah in kollektiven Emotionen das soziale Bindemittel, das Voraussetzung für gesellschaftliche Integration ist. Bei Max Weber begründen Affekte einen eigenen Typ sozialen Handelns, wenngleich 'affektuelles Handeln' dabei eher den Charakter einer Restkategorie trägt, die spontanes Reagieren oder Verhalten bezeichnet. Gefühle seien eben nicht rational zu erklären. Im Zentrum des Seminars steht der in den Sozialwissenschaften proklamierte 'Emotional Turn'. Mit dieser Hinwendung zu emotionsbezogenen Themen und Phänomenen wird nunmehr beansprucht, Emotion als eigenständige Grundkategorie einzuführen, um Soziales systematisch neu zu betrachten und zu verstehen. Eine emotionstheoretische Perspektive müsste sich mittels eigener Begriffe und Methoden gegenüber einer Sichtweise behaupten, der zufolge Rationalität seit der Moderne als Primat des Handelns gilt. Diese Hinwendung wird aber erst dann zu einem 'Turn', wenn Gefühle nicht bloß als 'irrationale Platzhalter' zur Plausibilisierung von Ungeklärtem verwendet werden. Neben der Frage, was Gefühle eigentlich sind, wie sie also begrifflich gefasst werden können, wird diskutiert, worin eine grundlagentheoretische Umwälzung – ein 'Turn' – begründet ist. Dazu werden neben soziologischen Theorien auch Schlüsseltexte anderer Disziplinen wie der Psychologie und Ethnologie behandelt, die Eingang in die (kultur)soziologische Emotionsforschung gefunden haben. Die Durchdringung theoretischer Ansätze steht im Vordergrund. Sie werden exemplarisch anhand von empirischen Studien diskutiert und auf ihren Gehalt und auf den behaupteten eigenständigen Erklärungsanspruch hin geprüft.

Digital Turn (Seminar)

Dozent/in: Yuk Hui

Termin:
Einzeltermin | Sa, 19.10.2013, 10:00 - Sa, 19.10.2013, 17:00 | C 5.326 (ICAM)
Einzeltermin | Sa, 16.11.2013, 10:00 - Sa, 16.11.2013, 17:00 | C 5.326 (ICAM)
Einzeltermin | Sa, 30.11.2013, 10:00 - Sa, 30.11.2013, 17:00 | C 5.310 Seminarraum
Einzeltermin | Mo, 13.01.2014, 10:00 - Mo, 13.01.2014, 13:30 | C 11.319 Seminarraum
Einzeltermin | Mi, 15.01.2014, 10:00 - Mi, 15.01.2014, 13:00 | C 7.320 Seminarraum
Einzeltermin | Fr, 17.01.2014, 10:00 - Fr, 17.01.2014, 13:00 | C 13.316 Labor

Inhalt: In this seminar, we will together conceptualise the digital turn through some historical, political and philosophical reflections. The central questions are: what is digital? And what is the implication of this turn? On one hand, this seminar will look at the historical development of different forms of writing (writing, printing to analogue and then digital) and history of cybernetics and data processing, and reflect on how the social and technological conditions have been transformed after the digital turn starting around mid 20th century; on the other hand, we will reflect on contemporary issues concerning the digital in our everyday life, around networks, big data, open data, participation culture, etc. Please find all reading materials attached in the folder "Material"

Ein Cultural Turn in der Technikforschung - das Ende des Technikdeterminismus? (Seminar)

Dozent/in: Günter Burkart

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 10:15 - 11:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | C 6.321 Seminarraum

Inhalt: Die Ansicht, dass die Technikentwicklung eine lineare Entwicklung zu immer mehr Fortschritt und Effizienz durchläuft und dabei unser Leben nach technik-immanenten Maßstäben verändert, ist weit verbreitet (-> "Technikdeterminismus"). Doch auch in der Technikgeschichtsschreibung hat sich, wie auf vielen anderen Gebieten, seit den 1980er Jahren ein Cultural Turn eingestellt, der diese Ansicht gründlich in Frage stellte. Seither wird viel klarer und intensiver als früher der kulturelle Anteil an der Technikentwicklung gesehen und untersucht - bis hin zu Theorien, die Technik und Kultur begrifflich gar nicht mehr trennen wollen. An Fallbeispielen aus der Technikgeschichte sollen diese theoretischen Veränderungen nachgezeichnet werden.

Fotografie und die Folgen. Theorien eines medialen Umbruchs (Seminar)

Dozent/in: Franziska Brons

Termin:
wöchentlich | Mittwoch | 14:15 - 15:45 | 16.10.2013 - 29.01.2014 | C 5.325 Seminarraum

Inhalt: Die Fotografie markiert einen bis heute folgenreichen Wendepunkt sowohl in der Geschichte optischer Medien als auch für die Herstellung, Wahrnehmung und Verbreitung von Bildern aller Art und Herkunft. Im Unterschied zur Malerei und Handzeichnung gelang es durch die Kombination von Kameratechnik, lichtempfindlichem Material und chemischen Prozessen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, eine radikal andere Kategorie von Bildern zu produzieren. Diese beanspruchten, unmittelbare Spuren des Realen zu sein. Fotografische Bilder konnten massenhaft in Umlauf gebracht, nahezu endlos reproduziert, archiviert und gleichermaßen in Wissenschaft, Kunst und illustrierter Presse eingesetzt werden. Von Beginn an wurde diese neue Bildpraxis von theoretischen Überlegungen zu Funktion, Status und Bedeutung der Fotografie begleitet, deren Relevanz sich durch die heutigen digitalen Medien nur noch gesteigert hat, welche analoge Verfahren zunehmend obsolet erscheinen lassen. Wie kann die spezifische Qualität fotografischer Bilder adäquat beschrieben werden? Welche Konsequenzen hat ihr vielfältiger Gebrauch in historischer wie aktueller Perspektive für Definitionen des Kunstwerks, des Dokuments, der Objektivität, des Wissens, des individuellen Gedächtnisses und der kollektiven Erinnerung, der öffentlichen Kommunikation und des privaten Sammelns, des menschlichen Sehens und der Aufmerksamkeit? Diesen und anderen Fragen geht das Seminar in der Auseinandersetzung mit den Schriften von u. a. William Henry Fox Talbot, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, André Malraux, Rosalind E. Krauss, Roland Barthes und Susan Sontag nach. Einführende Literatur: Peter Geimer: Theorien der Fotografie zur Einführung, Hamburg 2009; Wolfgang Kemp (Hrsg.): Theorie der Fotografie, 4 Bände, München 1979-2000.

Historiographie des Wissen: Archäologie, Genealogie, Historische Epistemologie (Seminar)

Dozent/in: Birgit Stammberger

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | C 12.108 Seminarraum

Inhalt: Das Seminar bietet einen Überblick über wissenschaftshistorische Analysen und Problematisierungen und führt in historisches Denken ein. Anhand theoretischer Texte von G. Canguilhem, M. Foucault und H.-J. Rheinberger sowie exemplarisch empirischer Studien werden die grundlegenden Fragestellungen und Vorgehensweisen der Archäologie, Genealogie und historischen Epistemologie erschlossen. Ziel des Seminars ist es zu erörtern, wie die jeweiligen Ansätze die Kategorien zur Erklärung von Kultur und Gesellschaft um eine wissenschaftshistorische Perspektive ergänzen. Die begrifflichen und methodischen Werkzeuge der jüngeren Wissenschaftsforschung sind nicht nur für Befragungen von Wissenschaft im engeren Sinne sondern auch für die Kulturwissenschaften relevant. Archäologie, Genealogie und historische Epistemologie sind dabei Weisen der radikalen Historisierung der Gegenstände des Wissen, mit denen aus einer wissenschaftshistorischen Perspektive kulturelle Konzepte befragt und auf ihre Verknüpfungen mit wissenschaftlichem Wissen analysiert werden. Welche Dynamiken wissenschaftliche Entwicklungen bestimmen, wie neues Wissen entsteht und welche Rechtfertigungsweisen die Entdeckungen des Wissens bestimmen, lässt sich damit nicht mehr nur aus einer wissenschaftsinternen Perspektive beantworten, sondern für die Beantwortung dieser Fragen werden nun die Entwicklungen der Wissenschaften in ihre gesellschaftlich-kulturelle Kontexte gestellt. Die praexologisch und philosophische ausgerichtete Ansätze der Wissenschaftsforschung schlagen somit eine Brücke zu kulturwissenschaftlichen Fragestellungen, die trotz ihrer unterschiedlichen thematischen und gegenständlichen Ausrichtungen von der gemeinsamen Einsicht getragen sind, dass kulturelle Konzepte wesentlich von Wissen geprägt sind. Es war vor allem Michel Foucault, der mit seinen Arbeiten die Archäologie – ursprünglich als ein Begriff für eine historische Disziplin – und später dann die Genealogie zu einem neuen Paradigma des historischen Denkens erhob. Die Frage nach der Geschichtlichkeit des Wissens nahm in seinen Arbeiten eine zentrale Stellung für methodische, theoretische und philosophische Auseinandersetzungen mit der Geschichte und den Entstehungsbedingungen von Wissens- und Diskursformationen ein. Geprägt von den Werken Georges Canguilhems und Gaston Bacherlards erweiterte Foucault so den Blick von der Wissenschaft auf einen ganzen Komplex des Wissens. Im Mittelpunkt der archäologischen und genealogischen Unternehmungen stehen dabei die Aussagen, Machtbeziehungen und Erkenntnisweisen der Humanwissenschaften und damit die historisch spezifischen Praktiken, in denen die Gegenstände des (Menschen-)Wissens hervorgebracht werden. Auf der „Suche nach einer ganz anderen Geschichte“ fragte Foucault, wie sich Denken und Wissen möglichst voraussetzungslos und ohne Einschreibung des Subjektes analysieren lassen. Die zentrale Einsicht, dass es die Wissenschaften keinesfalls mit „natürlichen Gegenständen“ zu tun haben, begründet das kritische Unternehmen einer Historisierung dessen, was bisher keine Gesichte hatte: die Körper, Lüste, Affekte. Was hierbei in den Blick gerät und kritisch hinterfragt wird, sind die lokalen Schauplätze historischer Wissens- und Diskursformation. Diese Analysen schließen dabei nicht nur relevante Kategorien wissenschaftlicher Metabegriffe, wie Objektivität, Wahrheit und Erkenntnis ein, sondern umfassen mit Perspektiven der historischen Epistemologie kombiniert auch die Begriffe und Praktiken, die bis dahin als letzte Gewissheiten menschlicher Selbstverhältnisse galten. Indem Foucault seine Analyse an die Gewissheiten der eigenen Gegenwart adressiert, konnte er die Komponenten der Menschen-Form den historischen Prozessen des Werden zuführen. Die Verbindungen genealogischer Fragestellungen mit Perspektiven der historischen Epistemologie lassen nun die Selbst- und Disziplinartechniken in den Blick nehmen und als Genealogien moderne Subjektivierungsweisen verständlich machen. Die spezifischen und relevanten Zugangsweisen zur Geschichte des Wissens lassen sich somit für kulturwissenschaftliche Positionierungen und Kategorisierungen fruchtbar machen und um eine Perspektive auf eine Geschichte der Moderne erweitern. Die Fragestellungen, Problematisierungen und Analysen der Wissenschaftsgeschichte ergänzen die Frage nach der Wirksamkeit, Transformation und Stabilität von kulturellen Konzepten um eine Perspektive auf die Komplexitäten, Widersprüche und Diskontinuitäten des Wissens.

Iconic Turns (Seminar)

Dozent/in: Holger Kuhn

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 17.10.2013 - 30.01.2014 | C 12.010 Seminarraum

Inhalt: Mit den Schlagworten des iconic und des pictorial turn wurden seit den 90er Jahren disziplinübergreifend große Projekte ins Auge gefasst. Manche sahen in dieser Wende und in der Begründung von Bildwissenschaften die Chance, auf eine angebliche Bilderflut zu reagieren, die die globalen Grundlagen der Kommunikation, der Argumentation und Information umwälzen würde. Die Bedeutung der Bilder, zumal derjenigen, die digital verteilt und archiviert werden konnten, schien seit den 90er Jahren unermesslich groß zu werden. Denn Bilder informieren, leiten, verführen und emotionalisieren. Rhetoriken von der Macht des Bildes wurden gängige Münze. Parallel zur diagnostizierten Wende zum Bild innerhalb der Kultur wurde ein Paradigmenwechsel innerhalb der Wissenschaften proklamiert. Forschungsschwerpunkte und Graduiertenkollegs wurden und werden begründet, um Antworten darauf zu finden, was ein Bild sei, bzw. was Visualität, Sehen und deren Medien ausmache. Ob diese Antworten aus Disziplinen wie der Kunstgeschichte stammen sollten, die sich seit jeher mit Bildern beschäftigte, oder aus einer umfassenden Mega-Disziplin, bleibt offen; der privilegierte Zugang zu den Bildern (ob semiotisch, hermeneutisch, anthropologisch, medienphilosophisch, etc.) ist nach wie vor umstritten. Im Seminar wird nicht nur die aktuelle Dimension des 'iconic turns' behandelt, sondern vielmehr wird es darum gehen, historisch divergente Momente in der Theorie und Praxis der Bilder zu diskutieren, in denen bereits von einer Wende zum Bild, oder vom Bild weg, von seiner angeblichen Macht, Ohnmacht, Flut oder Inflation die Rede war. Platon etwa verwirft die Bilder aufgrund ihres niedrigen ontologischen Status; im Byzanz des 8. und 9. Jahrhunderts tobt ein jahrhundertewährender Streit um die Bilder; im 16. Jahrhundert wird die Reformation von militanten Angriffen auf Bildwerke begleitet; im 18. Jahrhundert reformiert sich das Theater sowohl in Frankreich (Diderot) als auch in Deutschland (Lessing), indem es sich auf eine Bildtheorie beruft; Michel Foucault hat darauf hingewiesen, dass das Subjekt in der modernen Biopolitik auch durch die visuelle Überwachung (Panoptismsu) produziert wird; mit dem Aufkommen der Photographie im 19. Jahrhundert wird die Rede von der Inflation der Bilder vollends zum kulturkritischen Topos. Diese und weitere historische Momente der Bildkritik sollen in dem Seminar diskutiert werden, um ein neues Licht auf die aktuellen Diskussion zu werfen, in denen altbekannte Diskursformationen permanent reproduziert werden.

Linguistic Turn (Seminar)

Dozent/in: Katrin Dettmer

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | C 12.112 Seminarraum
Einzeltermin | Di, 07.01.2014, 12:00 - Di, 07.01.2014, 14:00 | C 16.223 Seminarraum | Ersatztermin
Einzeltermin | Di, 07.01.2014, 16:00 - Di, 07.01.2014, 18:00 | C 11.117 Seminarraum | Ersatztermin

Inhalt: „Und überdies: wie steht es mit jenen Konventionen der Sprache? Sind sie vielleicht Erzeugnisse der Erkenntnis, des Wahrheitssinnes, decken sich die Bezeichnungen und die Dinge? Ist die Sprache der adäquate Ausdruck aller Realitäten?“ Friedrich Nietzsche, 1873. Obwohl Richard Rorty erst im Jahre 1967 den „linguistic turn“ diagnostizierte, gab es bereits seit den Anfängen der Sprachphilosophie und der Literatur kritische Auseinandersetzungen mit dem Medium „Sprache“, das als Voraussetzung aber auch als Grenze des Erkennbaren begriffen wurde. „Sprache“ ist damit nicht als ein neutrales Medium anzusehen, sondern als eines, das Realitäten schafft. Um 1900 griff schließlich eine tief empfundene Skepsis gegenüber den Möglichkeiten des sprachlichen Ausdrucks um sich, im Zuge derer der Zusammenhang von Sprache, Ich und Welt nicht mehr als selbstverständlich betrachtet wurde und neue Strategien der sprachlichen Repräsentation gesucht wurden. Besonders im 20. Jahrhundert gewinnt aber die differenzierte Erforschung sprachlicher Vermittlungsformen an Strahlkraft über Disziplingrenzen hinaus. „Sprache“ selbst wird zum Faktor für neue Forschungsansätze und theoretische Neuausrichtungen in den Literaturwissenschaften und der Philosophie, vor allem aber auch in den Geschichtswissenschaften, die sich nun verstärkt dem Problem der Konstruktion von Geschichte durch Sprache widmen. Seitdem prägt die Frage der Repräsentation von Realitäten durch Sprache das Selbstverständnis und die diskursbildenden Prozesse der geisteswissenschaftlichen Disziplinen. In diesem Seminar soll der „linguistic turn“ einführend und im Überblick untersucht werden. Ausgehend von frühen Tendenzen der Sprach- und Wissenschaftskritik bei Humboldt, werden auch literarische Auseinandersetzungen (Novalis, von Hofmannsthal) betrachtet werden, sowie die maßgeblichen kritischen Verhandlungen in den Texten von Saussure, Derrida, Wittgenstein, Habermas, Gadamer, J.L. Austin und Hayden White.

Räumliches Sehen. Der “Spatial Turn” in Kultur- und Sozialwissenschaften (Seminar)

Dozent/in: Felix Seyfarth

Termin:
Einzeltermin | Fr, 15.11.2013, 12:00 - Fr, 15.11.2013, 18:00 | C 6.316 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 16.11.2013, 10:00 - Sa, 16.11.2013, 16:00 | C 5.325 Seminarraum
Einzeltermin | Fr, 29.11.2013, 12:00 - Fr, 29.11.2013, 18:00 | C 12.101 Seminarraum
Einzeltermin | Sa, 30.11.2013, 10:00 - Sa, 30.11.2013, 16:00 | C 7.320 Seminarraum

Inhalt: In den Kultur-­ und Sozialwissenschaften hat die zunehmende Verbreitung und Bedeutung (human-­)geographischer Konzepte und Metaphern über disziplinäre und methodische Grenzen hinweg den Raum als konstitutiven Bestandteil für Gesellschaft, Kultur, Wissen, Identität, Ökonomie fest verankert. Dieser spatial turn sowohl in theoretischen “Schulen” und Modellen als auch im empirischen Fokus auf räumliche Gegebenheiten und Zusammenhänge eröffnet neue Möglichkeiten des Verstehens und Interpretierens von Prozessen die sowohl kulturelle Raumauffassungen als auch den kulturellen Raum selbst erst herstellen. Dieses Blockseminar befasst sich mit klassischen und jüngeren Theorien der Kultur und des Sozialen, die einen räumlichen oder humangeographischen Bezug haben und den von Ihnen beleuchteten Fragestellungen in den Kulturwissenschaften, und knüpft damit an die Vorlesung „Paradigmen der Kulturwissenschaften“ an. Der Kurs findet im November 2013 in vier Blocksitzungen statt, mit einer Vorbereitungssitzung im Oktober 2013.

The Immaterial Turn (Seminar)

Dozent/in: Armin Beverungen

Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 16:15 - 17:45 | 14.10.2013 - 31.01.2014 | Raumangabe fehlt

Inhalt: Nicht erst seit Maurizio Lazzarato’s (1996) bekanntem Aufsatz zu „Immaterial Labour“ messen kulturwissenschaftliche Studien gegenwärtiger Arbeitswelten der Kommunikation, der Kultur und der Information – kurz der Immaterialität – eine besondere Bedeutung bei. Produktion, so wird argumentiert, ist nicht wie im Fordismus der Nachkriegsjahre gezeichnet von Hand-, Muskel- und Knochenarbeit, sondern Wert wird vor allem durch die Kreativität und das Feingefühl der Arbeiter geschaffen und zum Beispiel durch Marken an Produkte oder Dienstleistungen gebunden. In diesem Post-Fordismus werden Unternehmen zu Hütern von Markenwerten, Management wird zur Image-Pflege, und Arbeiter werden zu Unternehmern die ihre eigenen kognitiven, affektiven und intellektuellen Fähigkeiten ständig pflegen müssen. Veränderungen in der Arbeitswelt werden demnach begleitet von parallelen Entwicklungen unter anderem in der Unternehmenskultur, in der Bedeutung von immaterieller Wertschöpfung und -gewinnung wie z.B. in der Finanzspekulation, sowie einer allgemeineren Abstraktion in der Kulturwelt die z.B. durch Markensymbolik dargestellt. Nicht nur die „post-operaistische“ Perspektive auf die immaterielle Arbeitswelt bewirkt demnach eine kulturwissenschaftliche Analyse von Immaterialität in Wirtshaft, Gesellschaft und Kultur. Allerdings ergeben sich gleichzeitig auch neue Impulse für eine kulturwissenschaftliche Analyse die gerade die Materialität der Arbeit beleuchtet. Zum einen zeigt die emotionale oder affektive Arbeit auf die Bedeutung des Körpers der solch eine Arbeit durch Gesichtsausdrücke und Gesten leisten muss. Zum anderen folgt auf die Hervorhebung von immaterieller Arbeit im Westen schnell eine post-koloniale Analyse die auf die transnationale Verteilung der Arbeit und die Entwicklung rasender Industrialisierung in China und anderswo in der alten zweiten und dritten Welt zeigt. Ebenso erfolgt ein Fokus auf die materielle Kultur nicht nur in der Konsumwelt, im Gegensatz zur Bedeutung von Markensymbolik. Das Seminar untersucht demnach die konstatierte „immaterielle Wende“ der gegenwärtigen Arbeitswelt kritisch und erörtert auch die kulturwissenschaftlichen Impulse die ihr folgen. Arvidssson, A. (2006) Brands: Meaning and Value in Media Culture. London: Routledge. Dowling, E., Nunes, R. und Trott, B. (2007) Immaterial and Affective Labour: Explored. Sonderausgabe von ephemera: theory & politics in organization, 7(1). (http://ephemeraweb.org/journal/7-1/7-1index.htm) Gregg, M. (2011) Work’s Intimacy. Cambridge: Polity. Ross, A. (2004) No Collar: The Humane Workplace and its Hidden Costs. New York: Temple University Press. Virno, P. und Hardt, M. (1996) Radical Thought in Italy: A Potential Politics. Minneapolis: University of Minnesota Press. (http://de.scribd.com/doc/38672798/Radical-Thought-in-Italy)