Course Schedule


Lehrveranstaltungen

Besitz und Eigentum in Kunst und Kulturtheorie (Seminar)

Dozent/in: Susanne Leeb

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 14:15 - 15:45 | 18.10.2021 - 04.02.2022 | C 40.108 Seminarraum

Inhalt: Im Zentrum des Seminars stehen künstlerische Arbeiten und Theorien des Eigentums resp. der Kritik an Eigentumsverhältnissen. Konzeptionen des Eigentums stellen dabei einen Knotenpunkt dar, an dem sich unterschiedliche ästhetische, politische und philosophische Einsätze verdichten. Die Diskussion um Eigentumsbegriffe wurde in jüngerer Zeit seitens der Critical Black Studies in ihrem Bezug auf Kolonialgeschichte und Geschichte der Sklaverei neu entfacht. Wissenschaftler*innen wie Saidiya Hartman, Fred Moten, Denise Ferreira da Silva u.a. gehen ausgehend von der Geschichte der Sklaverei Prozessen des Enteignetwerdens - von Grund und Boden, Subjektivitätt, Geschichte, Erinnerung und Rechten - nach. Brenna Bhandar hat in ihrem Buch "Colonial Lives of Property" die instrinsiche Verbindung von Kolonialismus und kapitalistischer Enteignungslogik dargelegt. Andererseits spielt in der Kunst die Frage des Eigentums seit Beginn der Moderne eine ambivalente Rolle: Künstler*innen scheinen einerseits selbst Inkarnationen des sog. "Besitzindividualismus" (McPherson) zu sein, arbeiten gleichzeitig aber permanent an der Überschreitung dieser Position oder an dem Versuch, Eigentumsverhältnisse umzudefinieren oder auszusetzen. Künstler*innen, die in jüngerer Zeit sich um die Eigentumsfrage befasst haben sind u.a. Kader Attia, Maria Eichhorn, Cameron Rowland oder Theaster Gates. Ihre Arbeiten werden im Seminar vorgestellt und diskutiert. Zahlreiche weitere künstlerische Arbeiten, die die Eigentumsfrage bearbeiten, werden ab dem 11. September im Rahmen der Ausstellung "Illiberal Arts" im Haus der Kulturen der Welt in Berlin zu sehen sein. Das Seminar beinhaltet eine Exkursion zu der Ausstellung. Ein weiterer Block des Seminars widmet sich darüberhinaus der ab Dezember laufenden Ausstellung des Archivs des Postosí Prinzips im Kunstraum der Universität Lüneburg. Das Postosí Prinzip war eine Ausstellung mit barocken Gemälden aus Potosí und der Gegend um La Paz, die von gegenwärtigen Künstler:innen beantwortet wurden. Potosí war eine der wichtigsten Silberabbaugebiete der Welt vom 16. bis 18. Jahrhundert. Das Projekt untersuchte den Einfluss der ersten globalen Ökonomie und stellte die Frage, wo ist heute das "Prinzip Potosí" - das Prinzip der ursprünglichen Akkumulation - zu finden. Das Archiv, bestehend aus 36 Themen- und Künstlerheften, aktualisiert die Frage. Im Seminar werden Auszüge aus den Heften gelesen und mit den Künstler:innen Alice Creischer und Andreas Siekmann diskutiert. Das Seminar verbindet auf diese Weise Critical Black Studies, Kunstwissenschaft und Philosophiegeschichte und geht anhand dessen Möglichkeiten der Kritik des Eigentums nach. Literatur (Auswahl) Étienne Balibar: »Die Umkehrung des Besitzindividualismus«, in: ders.: Gleichfreiheit, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2012, S. 121-170 Brenna Bhandar: Colonial Lives of Property. Law, Land, and Racial Regimes of Ownership, Durham: Duke University Press 2018, insbes. S. 157-179 [iEconomies of Land and Identity; The Appropriative Subject] Daniel Loick, Der Mißbrauch des Eigentums, Berlin 2012 Brenna Bhandar: »Property, Law, and Race: Modes of Abstraction«, in: UC Irvine Law Review (2014), S. 203- 218 https://scholarship.law.uci.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1124&context=ucilr Judith Butler und Athena Athanadiou, Disposessions: The Performative in the Political, Cambridge 2013 Cheryl Harris, »Whiteness as Property«, in: Harvard Law Review, Heft 106 (1993), 1709-1737 C. B. Macpherson: Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Von Hobbes bis Locke, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1967 Dieter Schwab: »Eigentum«, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 2 E–G, hg. von Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck, vor allem S. 65-83 Texte zur Kunst, Themenschwerpunkt "Property", Nr. 117 (März 2020).