Berufsbegleitend promovieren: Dr. Hendrik Leder – Das letzte Spiel
26.02.2025 Schreibmaschine, Verbrenner oder Brief – bei einem Endgame verabschieden sich ganze Industriezweige fast weitgehend aus der Wirtschaft. Der Wirtschaftsinformatiker Hendrik Leder promovierte zu dem wenig erforschten Thema – und gründet selbst aus einem scheidenden Wirtschaftszweig heraus.

Es klingt paradox: Aber die zunehmende Digitalisierung kann auch einem Software-Unternehmen zu schaffen machen. Bei Hendrik Leders altem Arbeitsgeber war dies der Fall. Die Firma entwickelte eine Software zur Dokumenten-Optimierung für den Briefmarkt: „Großkunden erhielten dadurch von der Deutschen Post Porto-Rabatte“, erklärt Hendrik Leder. Mit dem Einzug der E-Mail aber verlor die Software an Bedeutung. Die Branche erlebt ein so genanntes Endgame.
Der Wirtschaftsinformatiker promovierte zu diesem wenig erforschten Thema im Cotutelle-Verfahren: Das gemeinsame Prüfungsverfahren an zwei Universitäten - in diesem Fall der Universität Antwerpen und der Leuphana - wird mit einem binationalen Doktortitel abgeschlossen.
Nach seinem Diplom (FH) im dualen Studiengang Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule für die Wirtschaft in Hannover studierte Hendrik Leder den berufsbegleitenden Master Business Process Engineering und schloss das Programm 2008 mit dem Master ab. 2014 absolvierte er an der amerikanischen Purdue University - Krannert School of Management einen berufsgleitenden Master of Business Administration. „Ich habe berufliche Praxis und Studium immer miteinander kombiniert. Aufgrund meiner Branchen-Zugehörigkeit interessierte ich mich mehr und mehr für ,declining industries‘“, erinnert sich Hendrik Leder.
Mit Prof. Dr. Sascha Albers (Antwerpen) und Prof. Dr. Markus Reihlen, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Strategisches Management und Entrepreneurship, fand er zwei Doktorväter, die seine Verbindung zur freien Wirtschaft unterstützen: Während der Promotion gründete der dreifache Familienvater ein eigenes Unternehmen. Heute hat seine Software-Firma über 40 Angestellte. „Ich konnte Theorie und Praxis auch während meiner Promotion hervorragend verbinden. Beispielsweise habe ich eine Fallstudie in meiner alten Branche durchgeführt“, berichtet Hendrik Leder.
Der spannende Punkt: Ob sich eine Branche in einem Endgame befindet oder nicht, lässt sich immer erst viel später sagen: „Meine Untersuchung zeigte, dass sich Mitarbeiter und Management selbst in einer Firma, die mit Briefverkehr zu tun hat, in dieser Frage wenig einig sind.“ Oft wird deshalb erst einmal versucht, das Unternehmen zu retten. „Es reicht nicht immer, Kosten zu reduzieren. Manchmal muss ein ganzes Geschäftsmodell verändert werden“, sagt Hendrik Leder.
Aber ein Endgame muss nicht per se ein kompletter Abschied sein: „Es gibt oft den so genannten ,Last Iceman‘, also etwa ein Unternehmen, das beispielsweise trotz des PCs noch Schreibmaschinen herstellt. Diese Nischen können wirtschaftlich durchaus erfolgreich sein, aber eben nicht mehr in der Masse“, erklärt Hendrik Leder.
Drei Fachartikel sind bei seiner kumulativen Promotion entstanden, berichtet der Wirtschaftsinformatiker: „Das Forschungsfeld zu den Endgames entstand in den 80er Jahren, aber seitdem ist nicht mehr viel publiziert worden. Dabei wird es durch die Digitalisierung für viele Branchen in den kommenden Jahren ein Endgame geben.“
Let’s talk Karriere mit Dr. Hendrik Leder
Nach der Dissertation oder einer Postdoc-Phase ein Unternehmen zu gründen, stellt einen besonderen Wechsel für den Karriereweg dar. Die Forschungstätigkeit bringt gerade in anwendungsnahen Wissenschaften ein hohes Maß an Spezialwissen mit und in allen Disziplinen bedeutet Forschung Einfallsreichtum, (Selbst‑)Managementkompetenz sowie die Entwicklung von Innovationen – unentbehrliche Fertigkeiten bei der Etablierung eines Start‑ups. An der Leuphana promovierte Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen berichten von ihrer Unternehmensgründung und aus dem Alltag als Unternehmer*innen. Es besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und ins Gespräch zu kommen. Bei dem Format am 7. März 2025 von 9 bis 10.30 Uhr per Zoom berichtet auch Dr. Hendrik Leder von seinen Erfahrungen. Um Anmeldung über den unten stehenden Link wird gebeten.
Kontakt
- Prof. Dr. Markus Reihlen