Vorlesungsverzeichnis

Suchen Sie hier über ein Suchformular im Vorlesungsverzeichnis der Leuphana.


Lehrveranstaltungen

Algorithmische Kunst & Digitale Medien (Seminar)

Dozent/in: Frieder Nake

Inhalt: Ausgangspunkt für den Workshop ist die Behauptung, dass alle Dinge und Prozesse, die dem Computer verfallen, eine verdoppelte Existenz aufweisen. Sie werden in ihrer gewöhnlichen, stofflichen, uns vertrauten, jedenfalls prinzipiell zugänglichen Form begleitet von einer zweiten Form. In dieser zweiten Form erscheinen Dinge und Prozesse als berechenbare Zeichen. So sind sie "algorithmische Zeichen", die – wie ich sage – eine Oberfläche und eine Unterfläche aufweisen. Die Oberfläche ist für den Menschen sichtbar (oder, allgemeiner: sinnlich wahrnehmbar); der Mensch interpretiert sie. Die Unterfläche ist für den Computer berechenbar; er determiniert ihre Bedeutung im Kontext der Berechenbarkeit. Fünfmal hat die Veranstaltung in den letzten Wintersemestern stattgefunden. Ihr generelles Format hat sich bewährt. Es wird jedoch in diesem Winter etwas zugespitzt. Drei Themen werden anklingen und unsere Bemühungen kennzeichnen:die algorithmische Kunst – das algorithmische Denken – die digitalen Medien. Die beiden äußeren Themen klammern das mittlere ein und setzen ihm den Kontext. Der umfassende Kontext ist die seit den 1960ern Jahren in Wellen spürbare Algorithmische Revolution. Sie wälzt in wachsender Geschwindigkeit sämtliche technische Grundlagen der Gesellschaft in einer nie dagewesenen globalen Kulturrevolution um und um. Marx und Engels hatten schon 1848 im Kommunistischen Manifest geschrieben (in schöner englischer Übersetzung): "All that is solid melts into air." Diese Ahnung über den gnadenlos alles freisetzenden Gang des Kapitalismus erweist ich heute als stattfindende Wirklichkeit. Wir erlauben uns nun einen Blick aus harmlos erscheinender Distanz, indem wir ein wenig die Geschichte der in den 1960er Jahren aufkommenden Algorithmischen Kunst befragen (damals "Computerkunst" genannt) und Erscheinungen jetziger medialer Transformationen betrachten. Beide sind, wie alle derzeitigen gesellschaftlichen Prozesse, vor allem durch das algorithmische Prinzip gekennzeichnet, das ihnen unterliegt. Und das heißt: durch die Berechenbarkeit aller Prozesse. Zugegeben, das verlangt auch nach der Digitalität. Doch die digitale Form der Dinge ist notwendige Begleitung ihrer Algorithmisierung, ihrer Reduktion auf Berechenbares; sie ist nicht deren Kern. Wenn wir das in Ansätzen verstehen wollen, wenn wir der Umwälzung der Welt begegnen und von ihr nicht nur mitgerissen werden wollen, dann ist es notwendig, dass wir Grundkenntnisse dessen erlangen, was beim Programmieren geschieht. Deswegen ist der Kern des Workshop dem algorithmischen Denken gewidmet. Ihm werden z.B. in den USA und der Schweiz derzeit große Anstrengungen hin auf die Schulen erwiesen. Dort wird meist von computational thinking gesprochen. Das wird uns zu eng erscheinen. Wir nehmen die Mathematik zum Ausgangspunkt, nicht den Computer. In der oben angesprochenen Verdoppelung liegt die Besonderheit aller Computerdinge, nahezu aller Dinge also, die als Dinge heute relevant sind. In der Verdoppelung liegt das, worüber wir als digitale Kultur, digitale Gesellschaft, Digital Humanities etc. lesen. Diese Verdoppelung steht auch hinter dem, was Big Data genannt wird und allerlei mystische Nebelschwaden erzeugt. Die Verdoppelung ist einfach zu begreifen und doch von beliebiger Spekulation umwabert. Sie ist wesentliches Ergebnis der algorithmischen Revolution. Zumuten werde ich Euch, dass Ihr Euch auf die Ebene dessen aufschwingt, was heute Kultur ausmacht, oder, sagen wir es etwas bescheidener: was heute in kulturellen Prozessen wichtig ist.

Die Ankunft eines Kätzchens. Der Welt erste Computeranimation eines Lebewesens (Seminar)

Dozent/in: Clemens Krümmel, Wladimir Velminski, Martin Warnke

Termin:
14-täglich | Freitag | 10:00 - 12:30 | 15.10.2018 - 01.02.2019 | intern

Inhalt: Im Seminar wird es um die Analyse und Präsentation einer der ersten Computersimulationen von Bewegungen eines Lebewesens überhaupt gehen. 1968 schufen drei sowjetische Mathematiker eine 40 Sekunden dauernde Computeranimation – den Lauf einer Katze. Unter der Leitung von Nikolaj Konstantinov beschlossen die Mathematiker, die Gangart des Tieres mit Hilfe des Rechners BESM-4 zu simulieren und jede kleinste Veränderung auf dem Papier festzuhalten. Wie dem sechs Jahre später erschienenen Artikel »Programm, das einen Mechanismus modelliert und eine Animation darüber zeichnet« in der Zeitschrift Problemy Kibernetiki (dt. Probleme der Kybernetik) zu entnehmen ist, basierte die Simulation kontrollierter Beschleunigung von bestimmten Teilen des Körpers auf Differentialgleichungen zweiter Ordnung; die grafische Interpretation der Katze wurde unter Verwendung eines Zeichenfeldes erreicht.