Course Schedule
Lehrveranstaltungen
Der vermessene Mensch (Seminar)
Dozent/in: Andreas Bernard, Christina Wessely
Termin:
wöchentlich | Donnerstag | 10:15 - 11:45 | 12.10.2015 - 29.01.2016 | C 5.111 Seminarraum
Einzeltermin | Do, 14.01.2016, 10:15 - Do, 14.01.2016, 13:45 | C 11.320 Seminarraum
Inhalt: Dass das Wissen über den Menschen immer auch mit seiner Vermessung zu tun hat, zeigt die digitale Kultur gerade in vielerlei Hinsicht. „Die Quantified Self“-Bewegung versucht durch Verfahren der Selbstmessung, die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern; die omnipräsenten „Profile“ der Sozialen Medien geben Aufschluss über ihre Besitzer; und die Resultate der „Big Data“-Analysen sollen das Verhalten ganzer Populationen steuern und vorhersagen. Unser Seminar versucht die Vermessung des Menschen als Erkenntnisinstrument zunächst in seiner historischen Entwicklung zu fassen. Auf der einen Seite wollen wir die medizinischen, psychiatrischen und kriminalistischen Strategien der Lesbarkeit menschlicher Regungen seit dem 18. Jahrhundert untersuchen: von der Physiognomik Lavaters über die Schädelkunde Franz Joseph Galls bis hin zu der buchstäblichen Körpervermessung verdächtiger Individuen in der Anthropometrie Bertillons. Auf der anderen Seite interessiert uns die Geschichte der Statistik als genuine Wissenschaft des Messens und Vermessens, die durch immer feinere Methoden der Quantifizierung Erkenntnisse über Individuen und Bevölkerungen zu erzielen versucht; hier wollen wir uns auf die Anfänge dieser Disziplin und ihre Entfaltung in Quetelets „Homme Moyen“ Mitte des 19. Jahrhunderts konzentrieren. Ausgerüstet mit diesen historischen Vorkenntnissen, wollen wir im letzten Teil des Seminars den Status des vermessenen Menschen in unserer Gegenwart erkunden: die bunten Hirnbilder der Neurowissenschaften genauso wie das Konzept des „Durchschnittsmenschen“ in Gestalt von „Otto Normalverbraucher“ und „Erika Mustermann“, die Lust am Selbstdesign in den Sozialen Netzwerken genauso wie die neue Konjunktur der Personenortung, die sich innerhalb kürzester Zeit von einem polizeilichen Fahndungsinstrument zu einer spielerischen Applikation in Freizeit und Nachtleben gewandelt hat.