Course Schedule


Lehrveranstaltungen

„Die Geschichte verfällt in Bildern, nicht in Geschichten“. Bilddenken und Philosophien der Geschichte (Seminar)

Dozent/in: Maria Teresa Costa

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 14:15 - 15:45 | 02.04.2024 - 05.07.2024 | C 14.102 b Seminarraum

Inhalt: Was vergangen ist, können wir nicht betrachten. Alles, was wir von der Vergangenheit wissen, erfahren wir nämlich durch eine Vermittlung: durch Erinnerungen, Erzählungen, Objekte, Text- und Bildquellen. Das heißt, dass unser Zugang zur Geschichte kein direkter und linearer Weg ist, sondern bruchstückhaft ist und durch Umwege geht. Dass die Sprache als Leitmedium des Historischen gilt, kommt fast als Gemeinplatz vor. Es wird aber selten darüber nachgedacht, inwieweit Bilder ein wesentlicher Bestandteil unseres Zugangs zur Geschichte sind. Das hat wichtige Folgen sowohl für die Geschichtswissenschaften als auch für die Philosophie. Es ist kein Zufall, wenn die Theoretiker, die nach einem kritischen Geschichtsdenken strebten, oft das Bild als Erkenntnismedium benutzt haben. Dem Modell einer linearen, progressiven und kontinuierlichen Zeitlichkeit, welches im Abendland seit der Aufklärung herrscht, werden Diskontinuität und Zäsur als Kategorien alternativer Zeit- und Geschichtsauffassungen bevorzugt. Da Bilder ihrer Struktur wegen – im Gegensatz zu Texten – verschiedene Aspekte eines Objekts oder eines Ereignisses gleichzeitig enthüllen können, gelten sie sowohl als Medium als auch als erkenntniskritisches Modell einer diskontinuierlichen Zeitlichkeit. Das Thema wird im Seminar anhand einiger Fallbeispiele analysiert. Die theoretischen Kategorien für ein kritisches Geschichtsdenken werden wir im Werk von Walter Benjamin und Aby Warburg suchen.

"Überwachen und Strafen" von Michel Foucault (Seminar)

Dozent/in: Felix Fink

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 14:15 - 15:45 | 02.04.2024 - 05.07.2024 | C 12.101 Seminarraum

Inhalt: Für den Foucault-Biographen Didier Eribon ist „Überwachen und Strafen“ (1976) eines „der schönsten Bücher Foucaults, vielleicht sogar das schönste“, auf jeden Fall ist es zusammen mit „Die Ordnung der Dinge“ (1974) das erfolgreichste. Rezipiert wird es nach Erscheinen zunächst vor allem durch autonome und alternative Milieus in Italien und Deutschland und für Foucault selbst bildet es außerdem die Grundlage für seine politischen Interventionen, etwa gegen die französische und deutsche Strafjustiz oder gegen Folterhinrichtungen im faschistischen Spanien. An den Universitäten vollzieht sich die Rezeption deutlich langsamer und zurückhaltender, nach anfänglichen „Rezeptionssperren“ (Robert Seyfert) hinterlässt es dann aber ab den 1990er Jahren einen bleibenden Eindruck in den Geschichts-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Was Foucault in „Überwachen und Strafen“ als „Disziplinargesellschaft“ (269) bezeichnet und entwickelt, verläuft quer zu gängigen modernisierungstheoretischen Beschreibungen von kapitalistischen, bürgerlichen oder ausdifferenzierten Gesellschaften. Im Fokus steht die Entwicklung der Strafjustiz in Frankreich vom 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhundert. Materialreich beschreibt Foucault, wie die sogenannten „peinlichen Strafen“ (18) zunehmend in die Kritik geraten und sich das Gefängnis schließlich als allgemeine Strafpraxis durchsetzt. Das Gefängnis ist dabei exemplarischer Schnittpunkt verschiedener Techniken der „Messung, Kontrolle und Besserung“ (256), die Wissen über das Individuum generieren und es mit seinem Körper in ein Machtnetz einspannen, das die moderne Gesellschaft durchzieht. In Zentrum des Seminars steht die Lektüre des Buches „Überwachen und Strafen“ von Michel Foucault, das sich eignet, um sozial- und kulturtheoretische Grundbegriffe sowie deren Spannungsfelder zu diskutieren: Bspw. Individuum/Gesellschaft, Subjekt/Objekt, Theorie/Praxis, Handlung/Struktur, Kultur/Natur, Macht/Ohnmacht, Herrschaft/Unterwerfung. Das letzte Drittel des Seminars behandelt sozialwissenschaftliche und -philosophische Anschlüsse an das Buch (z.B. Agamben, Butler, Deleuze, Ewald, Fraser, Hardt/Negri, Link).

Sehen und gesehen werden. Zur Frage des Subjekts und der Subjektivierung in der gegenwärtigen Philosophie (Seminar)

Dozent/in: Maria Teresa Costa

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 16:15 - 17:45 | 02.04.2024 - 05.07.2024 | C 14.201 Seminarraum

Inhalt: Das Thema des Sehens und des Blicks kann uns einen interessanten theoretischen Zugang zu einer der zentralsten Fragen der westlichen Philosophie liefern: die Frage des Subjekts und der Subjektivierung. Sehen und Gesehen Werden sind nämlich ein guter Ausgangspunkt, um über Praktiken der Machtausübung nachzudenken. In diesem Sinne besonders einleuchtend ist das, was wir „Sehen ohne gesehen zu werden“ nennen können. Von Jeremy Benthams „Panopticon“ über Foucaults Überwachen und Strafen bis zum Big Brother, Google Suche und Videoüberwachung werden wir uns im Laufe des Seminars mit folgender Frage beschäftigen: Wie kann die Dimension der Macht, aber auch der Ohnmacht des Blicks, die das Sehende und das dem Sehen ausgesetzte Subjekt stets in ambivalenter Weise in sich vereint, uns helfen, eine „Ethik des Sehens“ aufzubauen?

Theorien der Gewalt (Seminar)

Dozent/in: Felix Fink

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 12:15 - 13:45 | 02.04.2024 - 28.05.2024 | C 7.319 Seminarraum
Einzeltermin | Di, 04.06.2024, 12:15 - Di, 04.06.2024, 13:45 | C 12.010 Seminarraum | Raumwechsel am 04.06.24
wöchentlich | Dienstag | 12:15 - 13:45 | 11.06.2024 - 05.07.2024 | C 7.319 Seminarraum
Einzeltermin | Do, 20.06.2024, 16:15 - Do, 20.06.2024, 17:45 | C 11.319 Seminarraum | ggf. als Ersatz für 18.6.2024 (mit Gastvortrag)

Inhalt: Gewalt und Moderne stehen in einem widersprüchlichen Verhältnis zueinander. Einerseits gehören körperliche Unversehrtheit sowie innere und äußere Friedfertigkeit zu den tragenden Werten und Selbstansprüchen moderner Gesellschaften. Andererseits wurden in keiner anderen Epoche der Menschheit derart systematische und technisch potenzierte Möglichkeiten der Gewaltanwendung entwickelt und umgesetzt. Dieser Widerspruch spiegelt sich in der alltäglichen Wahrnehmung, in der Gewalt – zumindest in liberalen Demokratien – mit scheinbar außergewöhnlichen oder der eigenen Lebenswelt fremden Phänomenen assoziiert ist: Kriminalität, militante Proteste, autoritäre Regime oder (Bürger-)Kriege. Gleichzeitig fällt es schwer sich einen Tag ohne Nachrichten, Filme oder Videoclips vorzustellen, in denen über Gewalt berichtet oder diese fiktionalisiert dargestellt wird. Auch wenn Gewalt also im eigenen Alltag keine Rolle spielt, bleibt sie immer eine Möglichkeit des Sozialen. Die Rückkehr des Krieges in Europa hat dies zuletzt deutlich ins Bewusstsein gerückt. Ausgehend von diesen Beobachtungen beschäftigt sich das Seminar mit Gewalt als grundlegender Tatsache menschlichen Zusammenlebens, die zugleich eine Herausforderung für Sozial- und Kulturtheorien darstellt. Denn diese müssen sich mit dem Umstand auseinandersetzen, dass Gewalt kulturelle und soziale Ordnung (zer-)stört, diese zugleich aber auch hervorbringt. Im Fokus des Seminars stehen dazu klassische soziologische und sozialphilosophische Theoretisierung von Gewalt (z.B. Hobbes, Weber, Elias, Arendt, Popitz) sowie neuere Überlegungen aus der Gewaltsoziologie (Collins, Galtung, Reemtsma). Die Sitzungen im letzten Drittel des Seminars behandeln explizit Theorien zu kriegerischer Gewalt und ihren verschiedenen Formen.