Interdisziplinäre Forschung

Die interdisziplinäre Forschungsinitiative „Die Disruptive Bedingung“ ist ein Verbund von Forscher*innen aus der Leuphana Universität Lüneburg, der TU Dresden, dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung sowie aus den Universitäten Hamburg und Göttingen. Als Teil des Center for Critical Studies (CCS) der Leuphana Universität Lüneburg führt die Initiative fakultätsübergreifend unterschiedliche Disziplinen zusammen, um die disruptive Bedingung in ihrer differentiellen Verfasstheit zu analysieren und kritisch zu hinterfragen. Zu diesem Zweck haben sich Arbeitsgruppen konstituiert, in denen die unterschiedlichen Expertisen der beteiligten Forscher*innen für die empirische Erforschung und theoretische Bestimmung der disruptiven Bedingung in Anschlag gebracht werden.

Gemeinsamer Ausgangspunkt der Forschung ist die Annahme, dass die disruptive Bedingung mehr ist als nur eine diskursive Konstruktion. Als generatives Moment zeitgenössischer Gesellschaften bringt sie vielmehr spezifische soziale, ökonomische, technische, rechtliche, politische, ästhetische, epistemologische und ökologische Formen und Praktiken hervor, die in ihren genealogischen Entstehungszusammenhängen, gegenwärtigen Konstellationen und spekulativen Zukunfts-Szenarien rekonstruiert werden. 

Die Forschung fokussiert die individuellen wie kollektiven Strategien des Umgangs mit zeitgenössischen Brucherfahrungen: Akzeptanz und Anpassung, Resignation oder Hoffnung, Vertrauen und (Für-)Sorge, Widerstand und Protest oder ein Immer-Wieder-Neu-Anfangen sind mögliche Reaktionen, welche die disruptive Bedingung zu bewältigen suchen und die sich als konstitutiv für die Reproduktion gegenwärtiger Gesellschaften und ihrer Funktionsbereiche Politik, Recht, Ökonomie, Kunst und Wissenschaft erweisen. Im Besonderen interessiert hier die Immanenz des Bruchhaften. Logiken des Bruchs bestimmen nicht nur die Selbstbeschreibung zeitgenössischer Gesellschaften, sondern auch ihr Welterzeugungsvermögen als solches: Auf drohende Zusammenbrüche wird oftmals selbst im Modus des Bruchs reagiert. In diesem Sinne erforschen wir, inwiefern sich das Bruchhafte bzw. die Disruption – also das Zerreißen, die Unterbrechung oder auch die Störung von Prozessen, Strukturen und Ordnungen – als formgebendes Moment zeitgenössischer Gesellschaften historisch konstituiert hat und welche gegenwärtigen Formationen und Zukünfte es generiert. 

Analyse und Kritik der disruptiven Bedingung und der ihr zugrunde liegenden Bruchlogiken werden von der Forschungsinitiative in ausgewählten Bereichen durchgeführt, für die folgende Fragen konstitutiv sind:

  • Welche Neu-Ordnungen vollziehen sich unter der disruptive Bedingung? Welche Organisationsformen ergeben sich aus der disruptiven Erfahrung?
     
  • Welche subjektiven und kollektiven Identitäten entwickeln sich aus der disruptiven Erfahrung? Welche möglichen Welten lassen sich unter der disruptiven   Bedingung imaginieren und kritisieren?
     
  • Wie generiert sich Wissen aus der disruptiven Erfahrung? Was bedeutet Wissensproduktion unter der disruptiven Bedingung?
     
  • Wie wollen wir in einer disruptiven Zeit leben? Wie wollen wir die als disruptiv erfahrene Welt bewohnen? Wie gestaltet sich das Zusammenleben unter der disruptiven Bedingung?