Management-Modelle in der integrierten Versorgung

Mit jährlichen Kosten in Höhe von 6,3 Milliarden beziehungsweise 4,5 Milliarden Euro belasten die Erkrankungen Diabetes und chronische Wunden die deutsche Volkswirtschaft stark. Die hier anfallenden hohen Kosten könnten durch eine spezifische Ausgestaltung des Versorgungsablaufs (Ärzte, Pflege, Gesundheitszentren) gesenkt werden. Dennoch bestehen für Menschen mit diesen Krankheiten vielfach noch keine Angebote integrierter Versorgung, die ihnen ausreichend Hilfe bieten. So fehlt es an grundsätzlichem Wissen zum Patientenverhalten und zu Prozessabläufen und damit an Grundlagenwissen für integrierte Versorgungsstrukturen im Gesundheitssystem.


Ausgangspunkt des Kompetenztandems ist es daher, in einem ersten Schritt Geschäftsmodelle zur Diabetes-Versorgung und Wundversorgung aufzubauen, die neue Ansätze in der Steuerung von gesundheitlichen Versorgungsleistungen umsetzen. Als wirtschaftlicher Kooperationspartner agieren die Gesundheitsforen Leipzig, die als Wissensdienstleister für die Gesundheitswirtschaft tätig sind und Unternehmen in diesem Bereich bei Forschungs- und Projektarbeiten, dem Know-how-Aufbau und praxisorientierten Erfahrungsaustausch unterstützen. Das integrierte Versorgungsmanagement soll die unterschiedlichen Bestandteile der Patientenversorgung – zum Beispiel die Steuerung von Arzneimittelkäufen, das Krankengeld oder ärztliche Betreuung und Rehamaßnahmen –  bei einem Leistungserbringer bündeln. So können mithilfe einer integrierter Versorgung die individuellen  Anforderungen der Patienten besser erfüllt werden.

In einem zweiten Schritt werden die entwickelten Geschäftsmodelle überprüft. Dabei untersucht das wissenschaftliche Team insbesondere die Abläufe in der Versorgung der Patienten und deren Organisation bei den medizinischen Leistungserbringern und Versicherern. Sie prüfen auch, wo Innovationen in die Prozesse und Institutionsstrukturen eingeführt werden könnten.

Neue Ansätze für chronische Erkrankungen

Wer chronische Beschwerden hat, geht meistens zunächst zum Hausarzt, wird dann zu Fachärzten geschickt, muss eventuell zwischendurch ins Krankenhaus oder in eine Pflegeeinrichtung eingewiesen werden - und ist bis zu seiner Genesung durch die Hände vieler Fachpersonen gegangen. Das Problem dabei: Oft handeln die einzelnen medizinischen Leistungserbringer völlig unabhängig voneinander. Die Folge: Die Betreuung der Patienten verläuft unkoordiniert, sodass manche Symptome zu spät, andere doppelt therapiert werden. Und das ist nicht nur für die Erkrankten beschwerlich, sondern auch teuer.

Könnte man den Behandlungsablauf besser organisieren, ließen sich die hohen Kosten nachhaltig senken - so lautete der Ansatz des KompetenztandemsManagement-Modelle in der integrierten Versorgung. Unter anderem untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in insgesamt sechs Teilprojekten, wie integrierte Versorgungsstrukturen für Patienten mit Diabetes und chronischen Wunden aussehen müssten und welche Anreizmechanismen geschaffen werden sollten, damit Versorgungsabläufe besser aufeinander abgestimmt werden; ihre Forschungsarbeit an der Konzeption und Umsetzung integrierter Versorgungsstrukturen verknüpften sie also eng mit ökonomischen Fragestellungen. Neben organisatorischen Innovationen entwickelte das Forscherteam darüber hinaus neue Geschäftsmodelle im Versorgungsbereich.

Wissenschaftliche Leitung

  • Prof. Dr. Ursula Weisenfeld
  • Prof. Dr. Thomas Wein

Das Kompetenztandem beschäftigt sich mit der Frage, wie eine qualitativ hochwertige und gleichzeitig finanzierbare medizinische Versorgung für Patienten mit chronischen Krankheiten aussehen kann. Die Forschung zielt darauf ab, durch den Aufbau vernetzter Versorgungsstrukturen für Patienten mit Diabetes und chronischen Wunden neue und bessere Möglichkeiten der Patientenversorgung zu entwickeln.  Anhand von definierten Hebeln – wie beispielsweise dem systematischen Ausbau von Untersuchungen, die Risikogruppen frühzeitig erkennbar machen – sollen flächendeckend Behandlungskosten gesenkt und durch eine strukturierte Behandlung das klinische Ergebnis von gefährdeten Patienten verbessert werden.

Ziel der mit dem Geschäftsmodell verbundenen wissenschaftlichen Analysen ist die Identifikation von Ansatzpunkten, die die Versorgung von Patienten mit  Diabetes oder chronischen Wunden verbessern. Konkret sollen neben allgemeinen Hinweisen zur Verbesserung der Organisation des Gesundheitssystems (Prozessmanagement) Gestaltungs- und Optimierungshinweise für das Geschäftsmodell erarbeitet werden – insbesondere im Vertragsmanagement.

Das auf drei Jahre ausgelegte Projekt startete im Oktober 2011. Es analysiert die Netzwerke der integrierten Versorgung für die Krankheitsbilder Diabetes mellitus und chronische Wunden und evaluiert deren Versorgungsmanagement. Im Rahmen des Projektes werden bisherige Ansätze überprüft, die Implementation neuer Ansätze begleitet und es werden Entwicklungshinweise gegeben, die die integrierte Versorgung in den beiden Diagnosebereichen optimieren können. Im Einzelnen knüpft das Kompetenztandem an folgende Arbeitsbereiche an:

  • Betriebswirtschaftliche Studien zum Versorgungsmanagement und der Organisation von Versorgungsleistungen
  • Volkswirtschaftliche Forschung zu den Themenfeldern Versicherung, Marktversagen und Anreize von rechtlichen Regelungen und Institutionen
  • Medizinische und gesundheitsökonomische Forschung zur Qualität von unterschiedlichen Behandlungsabläufen

Zunächst werden mögliche Vertragsformen bewertet, um den Markt und das Marktpotential und damit auch die Einsparpotentiale genauer abzugrenzen. Darüber hinaus werden Prozesse der bisherigen Behandlungsabläufe untersucht, um Hinweise für Optimierungs-potentiale aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu erhalten. Es werden Profilanalysen der Akteure angestellt, die Auskunft geben, inwieweit anreizkompatible Verhaltensänderungen beim Patienten möglich sind. Zur Datenerhebung werden regelmäßig qualitativ ausgerichtete Interviews (Fallstudien) und quantitative Analysen verwendet. 


Die Leitung des Kompetenztandems übernehmen Prof. Dr. Thomas Wein, Professor für Volkswirtschaftslehre, und Prof. Dr. Ursula Weisenfeld, Professorin für Innovation Management am Institut für Unternehmensentwicklung von der Leuphana Universität. Prof. Dr. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie des Städtischen Klinikums Karlsruhe, und Dr. Holger Lawall, Leiter der Fachabteilung für Gefäßmedizin/Angiologie und Diabetologie der Asklepios Kliniken Hamburg, stehen dem Team als externe medizinische Partner zur Seite. Als internationaler Tandempartner für das Projekt konnte Prof. Dr. Peter Zweifel vom Department of Economics, Universität Zürich, gewonnen werden. Wirtschaftlicher Kooperationspartner sind die Gesundheitsforen Leipzig.