Course Schedule


Lehrveranstaltungen

Swifties, Army, BeyHive - Macht, Ökonomie und soziale Bewegung im popkulturellen Fandom (Seminar)

Dozent/in: Serhat Karakayali

Termin:
wöchentlich | Dienstag | 12:15 - 13:45 | 02.04.2024 - 07.05.2024 | C 25.021 Seminarraum
Einzeltermin | Di, 14.05.2024, 12:15 - Di, 14.05.2024, 13:45 | C 40.254 Seminarraum | Raumwechsel am 14.05.24
wöchentlich | Dienstag | 12:15 - 13:45 | 21.05.2024 - 18.06.2024 | C 25.021 Seminarraum
Einzeltermin | Di, 25.06.2024, 12:15 - Di, 25.06.2024, 13:45 | C 6.317 Seminarraum | Raumwechsel am 25.06.24
Einzeltermin | Di, 02.07.2024, 12:15 - Di, 02.07.2024, 13:45 | C 25.021 Seminarraum

Inhalt: Anhänger der K-Pop Band BTS, auch als „Army“ bekannt, intervenierten in die Auseinandersetzungen rund um den gewaltsamen Tod von George Floyd im Mai 2020 und stellten ihr weltweites Netzwerk in den Dienst der Black Lives Matter Bewegung. Nicht nur animierten sie zahlreiche junge Menschen weltweit, sich an den Protestkundgebungen zu beteiligen, sie legten u.a. Webseiten von Polizeibehörden lahm oder sabotierten Wahlkampfveranstaltungen der Republikanischen Partei in den USA. Auch den als „Swifties“ bezeichneten Fans von Taylor Swift, der derzeit weltweit erfolgreichsten Musikerin, wird politische Macht zugeschrieben (und gefürchtet). Anhänger Trumps (und er selbst) attackieren die Musikerin wegen ihres möglicherweise entscheidenden Einflusses auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen. Im Zentrum des Seminars steht der Nexus von Politik und Pop und die Frage, welche Rolle in dieser Konstellation insbesondere organisierte Formen des Fandom für die Verbreitung und Herausbildung weltanschaulich-politischer Einstellungen spielen und schließlich auch, ob es sich denn um eine neue Form popkulturell vermittelter politischer Öffentlichkeit handelt oder nicht in Wirklichkeit doch um die kommerzielle Simulation von sozialer Bewegung? Um diesen Fragen nachzugehen, lesen wir zunächst grundlegende Texten zu Popkultur und Politik, Literatur über Fandom im Allgemeinen und über relevante aktuelle Fandoms im Besonderen, und fragen im Laufe des Seminars auch: Kann es zwischen Fans und Künstler*innen (sowie Plattenfirmen) Konflikte in Sachen Weltanschauung geben und wenn ja, wie werden sie prozessiert? Was bedeutet es überhaupt, von jemandem oder einer Sache „Fan“ zu sein? Gab es Fans schon immer und warum nicht? Gibt es für alles ein Fandom und wenn nein, warum? Unterscheiden sich Fans einer Fußballmannschaft von denen einer Fernsehserie oder einem Popstar und in welcher Hinsicht? Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen Anhängern und Stars? Was passiert mit Fans, wenn eine Band aufhört zu existieren (wie im Fall von BTS)? Wie bleiben Fans dem Objekt der Bewunderung bei Genre-Wechsel, politischen oder sexuellen Bekenntnissen, usw. treu? Diese Lektüren werden im Seminar anhand aktueller ausgewählter Fandoms am empirischen Gegenstand geprüft und diskutiert.

Zugzwang: Kants umstrittenes Erbe (Seminar)

Dozent/in: Ulf Wuggenig, Cheryce von Xylander

Termin:
wöchentlich | Montag | 14:15 - 15:45 | 02.04.2024 - 05.07.2024 | C 5.325 Seminarraum

Inhalt: Unlängst gab der Gouverneur von Kaliningrad dem deutschsprachigen Philosophen Kant die Schuld am Ukraine Krieg. Dieser Vorwurf fiel nicht als beiläufige Floskel, sondern wurde in einem ausgearbeiteten Vortrag auf einer wissenschaftlichen Tagung vorgetragen. Der gesamte Wertekanon des Westens – welcher Ukraine und die NATO einer verwerflichen Freiheitsideologie unterworfen habe – gehe von diesem Aufklärungsdenker aus. Zu allem Überfluss stammte und wirkte besagter Bösewicht, zeitlebens, auch noch in besagtem Kaliningrad, ehemals Königsberg, der Hauptstadt Ostpreußens. Interessanterweise trifft Kant auf der Gegenseite auf ebenso erbitterte Gegner*innen: Freiheitsverfechter*innen, die zu Recht die Unterdrückung kolonialisierter Bevölkerungen ebenso wie von Frauen verurteilen, sehen in Kant den Urheber des "scientific racism" (siehe englischen Wikipedia Eintrag zu Kant). Dieser habe die Unterdrückung für legitim und rechtmäßig erklärt sowie maßgebliche Denkmuster des nationalsozialistischen Vernichtungsprograms mitgeprägt. Zudem hat Kant noch falsche Freunde unter glühenden AfD-Anhänger*innen, die in ihm einen strammen Preußen erkennen, der das Herz vereidigter Reichsbürger*innen höher schlagen lässt. Es gibt eine kleine aber inbrünstige Gefolgschaft von Kant Getreuen, die in ihm die Vollendung einer verloren gegangenen Hochkultur hochhalten, das Ostpreußen der Kaiserkrönungen und Trakehner Gestüte, die das deutsche Militär mit Kampfpferden bestückten. Und dann kommt noch der hegemoniale Konsens hinzu – sämtliche staatstragende Organe und die Garde hiesiger Berufspolitiker*innen, die alle wie selbstverständlich diesen Weltweisen zitieren als bedürfe die Behauptung seiner unanfechtbaren Größe keiner weiteren Rechtfertigung. Ein seltsames Erbe. Warum also in Gottes Namen sollte sich irgendjemand noch für Kant interessieren, geschweige denn sich mit Kant näher befassen? Die Gründe dafür werden wir in dem Seminar eruieren. Aber ein erster Hinweis ergibt sich schon aus den widersprüchlichen Auf- und Anrufungen dieses Denkers -- warum wird gerade er heute in so plakativer Weise im Munde geführt? Und wie können sich derart radikal unvereinbare Auslegungen ergeben? Zugzwang heißt das Seminar, weil der politisch denkende Mensch in der gegenwärtigen weltpolitischen Lage es sich nicht leisten kann in Sachen Kant unbedarft, unbelesen und indifferent zu bleiben. Es steht zu viel auf dem Spiel. Womöglich hat der historische Kant mit seinen einseitigen Aneignungen wenig gemein? Warum wird sein Erbe dann für propagandistische Zwecke missbraucht? Handelt es sich um machtstrategische Spielzüge im Feld politischer Positionierungen? Das wirklich Bemerkenswerte daran ist dabei der außerordentlich hohe Stellenwert des Schachspiels in Kants eigener Theoriebildung. Eine frappierende Wiederkehr taktischer Tiefengrammatik. Ein weiterer Grund, dieses Seminar an der Leuphana anzubieten, ist darin zu sehen, dass die Hansestadt Lüneburg am Anfang der Kant-Dekade, verkündet anlässlich des bevorstehenden 300. Geburtsjahrs des Philosophen, zur Kant-Stadt erkoren wurde. In diesem Jahr erreichen die Feierlichkeiten ihren Gipfel: Kant wurde am 22. April 1724 geboren. Um zu erfahren, wie Lüneburg (928,5 km von Kaliningrad entfernt) zu dieser Ehre gelangte, sind Sie herzlich zur Teilnahme an diesem Seminar eingeladen.