©Dr. Marietta Hülsmann
„Wenn ich versuche mich freiwillig klimaneutral zu verhalten, dann muss ich sehr viel Wissen mitbringen [...] Ein Preis aus CO2 nimmt uns hier das Denken ab, denn er bildet direkt ab wie klimaschädlich jedes Produkt ist", erklärt Dr. Johannes Lohse.

Probanden bekommen zehn Euro für die Teilnahme an einer Studie. Im Experiment müssen sie entscheiden: Spenden sie einen Teil für die Gemeinschaft und alle gewinnen? Oder behalten sie das Geld für sich und profitieren sogar noch von den Anschaffungen aus der Gemeinschaftskasse? Die Befragung ist anonym. Niemand merkt, wer gibt und wer behält.

Verhaltensökonomen sprechen von einem Kooperationsdilemma: „Selbst, wenn es um lächerliche Geldbeträge geht, ist kooperatives Verhalten nicht leicht zu erreichen. Noch schwieriger wird es, wenn die Menschen selbst keinen Nutzen aus einer Kooperation ziehen oder sogar nur andere profitieren“, erklärt Johannes Lohse. Für die Bekämpfung der Klimakrise stimmen die Experimente wenig optimistisch: „Wir wünschen uns viel Einsatz von der Gemeinschaft, möchten aber selbst wenig tun“, erklärt der Juniorprofessor für Recht und Ökonomik. 

In seiner Forschung beschäftigt er sich zudem mit der Frage, wie Menschen dazu gebracht werden können, nötige Maßnahmen umzusetzen: Brauchen wir Strafen oder reichen schon Vorbilder? Während der Corona-Pandemie testete Johannes Lohse beispielsweise wie sozialer Druck auf Menschen wirkt: „Interessanterweise reichte bereits die Betonung der wichtigsten Regeln und Normen, damit sich Unwillige an die Corona-Regeln hielten. Menschen tun bestimmte Dinge, damit nicht auffällt, wenn sie sie lassen“, fasst Johannes Lohse zusammen.

Allerdings war der Effekt nur kurzfristig. Für die Bekämpfung des Klimawandels reicht das nicht. Auch Vorbilder allein sind ungenügend. Die Empfehlung des Forschers ist deshalb klar: „Wir brauchen Regeln und einen staatlichen Rahmen, um öffentliche Güter zu finanzieren, von denen alle profitieren.“ Öffentliche Güter sind beispielsweise saubere Luft, ein mildes Klima oder Artenschutz. 

Nichts davon ist intuitiv erlebbar. Um zu verstehen, wie Menschen auf unsichtbare Bedrohungen reagieren, sammelt Johannes Lohse deshalb Daten in London. Der Forscher möchte wissen, wie Menschen reagieren, wenn sie erfahren, wie schmutzig die Luft vor ihrer Haustür tatsächlich ist. „In westlichen Großstädten ist die Luftverschmutzung nicht sichtbar. Gesundheitsschädlich kann sie trotzdem sein“, erklärt Johannes Lohse. Wenn die Menschen erfahren, wie dreckig die Luft in ihrem Stadtteil ist, ergreifen sie vielleicht Maßnahmen um sich selbst zu schützen, treiben also etwa draußen keinen Sport mehr. 

Die Konsequenzen des Klimawandels sind für viele Menschen noch weniger greifbar als Luftverschmutzung - was ein altruistisches Engagement erschwert. Der Forscher plädiert deshalb für die Bepreisung von CO2. „Wenn ich versuche mich freiwillig klimaneutral zu verhalten, dann muss ich sehr viel Wissen mitbringen. Ist die Orange klimaschädlicher als die Birne? Kommt es vielleicht auch auf die Jahreszeit an? Ein Preis auf CO2 nimmt uns hier das Denken ab, denn er bildet direkt ab wie klimaschädlich jedes Produkt ist. Der Vorteil gegenüber einem Verbot ist zudem, dass die Menschen selbst entscheiden können, wie sie das Geld ausgeben möchten. Es ist egal, wann und wo das CO2 ausgestoßen wird – ob durch Fleischverzehr oder den Flug nach Amerika. Kleinteilige Regeln bringen jedenfalls nichts“, erklärt Johannes Lohse. 

Johannes Lohse studierte Internationale Volkswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg und der University of Melbourne. Seine Doktorarbeit verteidigte er im September 2015 an der Universität Heidelberg. Während seiner Promotion absolvierte er einen Forschungsaufenthalt am Becker-Friedman-Institute der University of Chicago. Johannes Lohse war an der University of Birmingham als Assistant Professor und später als Associate Professor für Volkswirtschaftslehre tätig. Der britischen Universität ist er weiterhin als Honorary Senior Research Fellow verbunden. Seine Forschungsprojekte wurden unter anderem von der British Academy, dem ESRC, dem AHRC, UKRI und dem BMBF gefördert. Johannes Lohse ist Co-Editor bei Environmental and Resource Economics. Seit dem Sommersemester 2024 ist der Forscher W1-Professor für Law and Economics am Institut für Volkswirtschaftslehre sowie am Methodenzentrum der Leuphana Universität Lüneburg.

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  • Prof. Dr. Johannes Lohse