Call for Papers

Workshop: Die Präsenz und der Einfluss Schwarzer Menschen in Europa vor der atlantischen Sklaverei

21.–22. Januar 2026 | Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society, Leuphana Universität Lüneburg

Dieser Workshop hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wissenschaftler zusammenzubringen, die sich mit der Geschichte der Schwarzen Diaspora befassen, insbesondere mit ihrer frühen Präsenz und ihrem Einfluss in Europa vor der Atlantischen Sklaverei. Der Fokus liegt dabei auf der Vorgeschichte, der Antike und dem Mittelalter. Auf der Grundlage empirisch untermauerter, kritisch reflektierter und methodisch fundierter Erkenntnisse möchte der Workshop neue Diskussionen über die historischen Verbindungen zwischen Afrika und Europa vor dem 15. Jahrhundert anregen. Im Wesentlichen geht es darum, das Feld der Black Diaspora Studies über den traditionellen Fokus auf die Atlantische Sklaverei hinaus zu erweitern.

Es gibt eine zunehmende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der tiefgreifenden und komplexen Geschichte der Präsenz und des Einflusses Schwarzer Menschen in Europa vor der Atlantischen Sklaverei. Historiker wie Runoko Rashidi, der die Präsenz Schwarzer Figuren in der antiken Welt, an mittelalterlichen Höfen und in der frühchristlichen Ikonografie in den Vordergrund stellte, legten den Grundstein für die Hinterfragung vorherrschender historischer Narrative, die Schwarze Menschen an den Rand der europäischen Geschichte drängten. Diese Bemühungen – ebenso wie einige andere – bleiben jedoch sowohl in ihrem Umfang als auch in ihrer Analyse fragmentiert und unzureichend. Dies hat zu einer anhaltenden Verzerrung und Marginalisierung der Rolle Schwarzer Menschen in der Frühgeschichte Europas geführt. Es ist daher kaum verwunderlich, dass sowohl in der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit nach wie vor erhebliche Wissenslücken über die Geschichte(n) Schwarzer Menschen in Europa bestehen.

Was die Vorgeschichte betrifft, so werden Funde von Hominiden und frühen Homo sapiens aus Afrika – wie beispielsweise die in Italien gefundenen Grimaldi-Überreste – oft aus den gängigen Darstellungen europäischer Ursprünge ausgeklammert. Die Antike, obgleich sie eine bedeutende Anzahl Schwarzer Händler, Soldaten, Philosophen und Diplomaten in griechisch-römischen Gesellschaften verzeichnete, wird selten über symbolische oder rein repräsentative Verweise hinaus analytisch untersucht. Im Mittelalter werden die bedeutenden Beiträge Schwarzer Muslime in Al-Andalus und im gesamten Mittelmeerraum trotz ihrer nachhaltigen Bedeutung weiterhin marginalisiert, exotisiert oder nur selektiv erinnert.

Dieser Workshop lädt Teilnehmende dazu ein, diese historiografischen Muster kritisch zu hinterfragen und neue Lesarten anzubieten, welche die Komplexität schwarzer-europäischer Verflechtungen vor dem 15. Jahrhundert neu beleuchten und kontextualisieren. Wissenschaftler*innen, die verschiedene Methoden und Ansätze anwenden, um frühe Schwarze Geschichten in Europa freizulegen und zu interpretieren, sind besonders dazu ermutigt, Beiträge einzureichen. Von besonderem Interesse sind dekoloniale Ansätze und methodologische Innovationen, welche dominante Epistemologien hinterfragen und inklusivere Rahmungskontexte für afrikanisch-europäische Geschichtsschreibung(en) bieten.

Um diese Diskussionen anzuregen, begrüßen wir insbesondere Beiträge, die sich mit den folgenden Fragen auseinandersetzen:
1.    Welche Arten von Zeugnissen ermöglichen es uns, die Präsenz und Bedeutung Schwarzer Bevölkerungsgruppen in Europa in prähistorischen, antiken und mittelalterlichen Kontexten nachzuzeichnen? 
2.    Inwiefern überschneiden sich aktuelle Bemühungen zur Bergung dieser Geschichten mit weiter gefassten intellektuellen Projekten, die auf die Dekolonialisierung von Wissen und die Neukonzeption der europäischen Vergangenheit aus der Perspektive einer historischen Präsenz Afrikas abzielen? 
3.    Welche methodischen Ansätze eignen sich am besten, um diese frühen Geschichten aus fragmentierten, verzerrten oder verschütteten Archiven und Quellen zu erschließen und zu rekonstruieren?
4.    Inwiefern haben Religion, Imperialismus, Migration und Handel die Art und Weise geprägt, wie schwarze Menschen in verschiedenen Regionen Europas aufgenommen, integriert und in Erinnerung gehalten wurden?

Durch die erneute Betrachtung dieser bisher wenig erforschten Verlaufslinien möchte der Workshop die frühen Geschichten der Schwarzen als wichtige Bestandteile der historischen Entwicklung Europas neu positionieren. Damit leistet er einen Beitrag zur laufenden Neubewertung der Geschichte der Black Diaspora und setzt sich gleichzeitig für ein stärker historisch fundiertes und global vernetztes Verständnis der europäischen Vergangenheit ein.

Hinweise zur Einreichung 

Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, Aktivist*innen und andere in diesem Bereich engagierte Personen, die sich mit dem zentralen Thema des Workshops befassen, sind eingeladen, Abstracts von maximal 300 Wörtern zur Begutachtung einzureichen. Einreichungen mit klarer Angabe der Ziele, Methodik und Bezugnahme auf die Workshop-Themen werden besonders berücksichtigt.

Einreichungsfrist für Abstracts: 30. September 2025
Benachrichtigung über die Annahme: 10. November 2025
E-Mail-Adresse für Einreichungen: temitope.fagunwa@leuphana.de