Opening Days Juni 2023
Die Opening Days mündeten in die offizielle Eröffnung des Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society am 8. Juni.
Der Interactive Workshop zur Klimakrise sprach Studierende an, die Podiumsdiskussion perspektivierte den zentralen Begriff der Potentialisierung und die Vorlesung zu "Thinking Across Hemispheres“ war einem weiteren Leitbegriff des Instituts gewidmet. Die feierliche Eröffnung mit Sound Performance und Werkstattberichten gestalteten Fellows und Beiratsmitglieder mit. Die akademischen Direktoren stellten das Konzept und die Programmatik des LIAS vor.
Podiumsdiskussion "Activating the Possibles"
The Humanities and the Task of Social Potentialisation
Anlässlich der Eröffnung des Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society diskutierten Rosalind Morris, Erich Hörl und Daniel Nemenyi das zentrale Thema "Potentialisierung".
Mit den Opening Days in den vergangenen drei Tagen, ging das Institute for Advance Studies (LIAS) in Culture an Society mit zahlreichen Veranstaltungen an den Start. Erich Hörl, Vizepräsident für Forschung und Co-Direktor des LIAS, nutzte die Gelegenheit, um in einer Podiumsdiskussion das zentrale Konzept des LIAS entlang des Begriffs der „Potentialisierung“ vorzustellen und lud dazu Senior Fellow Rosalind Morris, Professorin für Cultural Anthropology, Columbia University, New York sowie LIAS Fellow Daniel Nemenyi ein.
Die Alternativlosigkeit, welche die Politik seit den 1970er-Jahren prägt ist, so Hörl, nicht nur der Hintergrund der andauernden Krisenpolitik, die unsere Zeit prägt, sondern geradezu eine expertokratische Situation, die Möglichkeiten verstellt. Insofern ergeht an die Geistes- und Sozialwissenschaften die Frage, was sie in dieser Situation offerieren. Hörl bezeichnete dies auch als Aufgabe der Universität.
Deutlich wurde, dass die Vorherrschaft des Aktuellen, die Unterordnung des Potentiellen unter das Aktuelle Potenziale reduziert. Nemenyi verwies auf einen ähnlichen Gedanken bei Leibniz, nämlich die Idee, dass Potential in dem liegt, was wir nicht voraussehen können. Rosalind Morris betonte für die Geisteswissenschaften den Unterschied zwischen Lernen und Bildung und führte letztere als Argument gegen die Kybernetik an.
Die New Yorker Künstlerin Heather Klar erstellte gleichzeitig ein Graphic Recording, welches das Konzept des LIAS kompakt und für alle nachvollziehbar festhält.
LIAS Lecture "Thinking Across Hemispheres"
Die Apartheid aufheben: Race und die Aufgaben des Denkens jenseits der Hemisphären
Anlässlich der Eröffnung des Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society hielt Premesh Lalu, Direktor des Zentrums für geisteswissenschaftliche Forschung der Universität Kapstadt, die zentrale Eröffnungsvorlesung zum LIAS-Motto "Thinking Across Hemispheres".
Premesh Lalu, Forschungsprofessor und Gründungsdirektor des Zentrums für geisteswissenschaftliche Forschung an der University of the Western Cape, reflektierte in seinem gut besuchten Vortrag ausgehend von seiner kürzlich erschienenen Monografie „Undoing Apartheid“ dass Geisteswissenschaftler*innen eine Praxis des Denkens jenseits der Hemisphären entwickeln. Der Vortrag bezog sich auf drei Theaterstücke – Faustus in Africa, Woyzeck on the Highveld und Ubu and the Truth Commission – von William Kentridge, Lesego Rampolokeng, Jane Taylor und der Handspring Puppet Company, die anlässlich des offiziellen Endes der Apartheid bzw. der Einrichtung der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika sowie des Falls der Berliner Mauer auch in Deutschland aufgeführt wurden. Das Theater, so Lalu, biete eine Möglichkeit, über die grundlegenden ‚fictions of race' nachzudenken, die sich in der Apartheid niedergeschlagen haben, und in der die Funktionsweise einer sinnlichen Ordnung und ihre gleichzeitige Aufhebung durch eine ästhetische Erziehung, etwa nach Friedrich Schiller offenbart wird. Vor allem aber fordert „Undoing Apartheid“ ein Denken über Hemisphären hinweg, sowohl geopolitisch als auch in Bezug auf Aufteilungen des Sinnlichen.
Im Anschluss an die Vorlesung diskutierte Premesh Lalu mit Paula Banerjee, ebenfalls Beiratsmitglied des LIAS. Susanne Leeb moderierte die zahlreichen Fragen aus dem Publikum.
Interaktiver Workshop: "Who said 'Climate Crisis'?"
"Who said 'Climate Crisis'?"
Ein Dutzend interessierter Studierender nahm am Barcamp mit Radha d'Souza am 7. Juni teil. In drei Arbeitsgruppen diskutierten sie mit der Rechtswissenschaftlerin über die Klimakrise.
Nach der Diskussion über drei mögliche Verständnisse der Klimakatastrophe als Wetterphänomen, Folge des Anthropozäns oder als Ziel politischer Abkommen, etwa das Kyoto-Protokoll, überraschte Radha d'Souza die eingeladenen Studierenden mit ihrer These, dass Ursachen der Klimakrise in der Rechtsgrundlage von Unternehmen als 'Körperschaften' zu suchen sind - eine These, die sie am LIAS ausarbeiten wird.
Radha d’Souza ist Autorin des Buches „What‘s Wrong with Rights?“ (2018) und hat gemeinsam mit dem Künstler Jonas Staal den „Court for Intergenerational Climate Crimes“ (CICC) ins Leben gerufen.
LIAS Filmreihe: "We Are Zama Zama"
In der LIAS Filmreihe werden in der ersten Woche im Monat internationale Filme zu kultur- und sozialkritischen Themen von Einführungen und Diskussionen begleitet. Während der Opening Days präsentierte Senior Fellow Rosalind C. Morris ihren Film "We are Zama Zama" im Lüneburger SCALA Programmkino.
Über hundert Jahre lang war Südafrika der größte Goldproduzent der Welt. Auf der Flucht aus dem benachbarten Simbabwe suchen drei Männer in den Ruinen nach Gold. Die mutigsten dieser illegalisierten Bergleute werden „Zama Zamas“ genannt, was so viel bedeutet wie „immer wieder versuchen“, aber auch „wetten“. Ohne Helme, Belüftung oder Entwässerung, ihren Weg mit Fahrradscheinwerfern ausleuchtend, sind Zama Zamas in der Tat Glücksspieler, die alles für ihr Überleben riskieren.
Das Publikum war vor allem von den Point-of-view-Aufnahmen der Bergleute beeindruckt, die die Minenarbeiter mit Go-Pro-Kameras selbst filmten. Im Director’s Cut sind auch jene Szene zu sehen, die Rosalind Morris während ihrer zweijährigen Dreharbeiten mit jenen Frauen erstellte, die in harter Arbeit von Hand Gestein zerkleinern, um Goldstaub zu gewinnen. Die Regisseurin erzählte in der anschließenden Diskussion mit dem Publikum von der Entstehungsgeschichte des Films und ihrer Weise der Zusammenarbeit mit den Minenarbeitern, mit denen sie nach wie vor in Kontakt steht. Auch über diesen Abend verständigte sie die Protagonist*innen via WhatsApp.
LIAS Interventions: In Media
"Trauma und das Visuelle im Journalismus"
LIAS Interventions ist eine neue Reihe des Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society. Der erste Workshop widmete sich den Film- und Fotomedien.
Gemäß dem Ziel des LIAS, Denk- und Handlungsoptionen zu erweitern, werden Workshops mit außerakademischen Akteur*innen veranstaltet, die von den jeweiligen Forschungsthemen der Fellows ausgehen und gemeinsame gesellschaftliche Problemlagen erarbeiten. Das Format ermöglicht den Fellows, ihre Inhalte außerhalb der Universität zu diskutieren, und es bringt eingeladene Akteur*innen in eine vertiefte Diskussion mit neuester Forschung.
Bei der ersten LIAS Interventions: In Media ging es um das Forschungsprojekt "The Visual Witnessing of Trauma Phenomena Among Journalists: An Analysis of Various Media Images from East Africa" von Lydia Oumo Radoli. Sie erforscht darin die Folgen und Bedingungen der Traumatisierung von Bild- und Filmjournalisten.
Die Medienwissenschaftlerin und ehemalige Journalistin Lydia Ouma Radoli untersucht in ihrer Studie das Trauma von Journalisten in Ostafrika (Kenia, Ruanda, Uganda), die strukturellen Benachteiligungen innerhalb des Mediensystems und fragte nach einem alternativen Umgang mit einem in Ostafrika bislang kaum erforschten Phänomen.
Vor diesem Hintergrund war die langjährige Erfahrung des Journalisten und Autors Jay Tuck von zentraler Bedeutung, da er für die Teilnehmer des Workshops von den tatsächlichen Bedingungen der Berichterstattung aus zwei Golfkriegen berichten konnte und dazu eigenes Filmmaterial zeigte, das er als Leiter von TV-Teams gedreht hat.
Prof. Levi Obonyo, Dekan der School of Communication, Daystar University, Nairobi, ging der Frage nach, welche Mechanismen innerhalb der Mediensysteme die Auswahl von Bildern (TV, Foto) im Kontext der Krisen- und Kriegsberichterstattung in Ostafrika bestimmen und welche wirtschaftliche Situation den Mediensektor in Kenia und damit die Arbeitsbedingungen der Journalisten bestimmt.
Prof. Dr. Gertrud Koch, emeritierte Professorin für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin und Visiting Professor an der Brown University,USA, brachte ihre Einsichten in die Dynamik der Medien- und Bildproduktion ein. Sie reflektierte kritisch die gegenwärtige Funktion, Rolle und Pflichten von Journalisten.
Die teilnehmenden Journalist*innen aus Deutschland vor Ort und Kenia, Ruanda und Uganda online waren sich darin einig, dass die Erfahrungen der Journalisten trivialisiert werden. Die Erfahrungsberichte der Journalist*innen, das Teilen ihrer Emotionen führte schließlich auch zu dem Schluss, dass Gespräche über ihre traumatischen Erfahrungen Teil ihrer journalistischer Arbeit werden sollten und regelmäßig geführt werden müssten.
Feierliche Eröffnung
Die Opening Days endeten mit der offiziellen Eröffnung des Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society am 8. Juni. Das Konzept des LIAS und die Fellows wurden offiziell vorgestellt, erste Werkstattberichte gaben Einblick in die Arbeit und ihren Impact. Ein Musik- und Performanceprogramm rundete den Abend ab. Das Publikum reagierte überwiegend begeistert.
Sascha Spoun ordnete das LIAS in den Gesamtzusammenhang der Universität ein, Erich Hörl und Susanne Leeb, Co-Direktoren des LIAS stellten ihr Konzept anhand der zentralen Begriffe "Potentialisierung" und "Thinking Accross Hemispheres" vor.
Alain Pottage und Lydia Radoli berichteten jeweils vom Barcamp mit Rechtswissenschaftlerin Radha d'Souza sowie vom ersten LIAS Interventions: In Media am Nachmittag.
Das musikalische Programm wurde von Rebecca Lang und Quinn Frazee (Bratsche) sowie dem Leuphana Kammerchor gestaltet. Eine Sound-Performance von Artist Fellow Pedro Oliveira rundete den gut besuchten Abend ab.
Empfang des Präsidenten
Anlässlich der Opening Days lud Sascha Spoun, Präsident der Leuphana Universität Lüneburg, am 8. Juni Speaker, Beiratsmitglieder, Fellows und Professoren zum Empfang in das Zentralgebäude ein.