Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society
Das Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) der Leuphana Universität Lüneburg wurde 2022 gegründet und ist ein Forschungsinstitut, das der Profilierung und Internationalisierung der universitären Forschungsschwerpunkte dient. Getragen von einem internationalen Fellowprogramm, begegnet es auf wissenschaftliche Weise den Herausforderungen einer globalisierten Gegenwart. Es trägt als Institution dazu bei, Niedersachsen zu einem Begriff für internationale Forschung und multiperspektivisches Denken zu machen. Die Bereicherung durch einen kontinuierlichen Austausch zwischen Wissenschaftler*innen, die Weiterentwicklung von Forschungsperspektiven haben hier eine Adresse und einen von vielen geteilten Ort. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Zusammenarbeit mit Fellows verschiedener Karrierestufen aus dem Globalen Süden. Angesiedelt in dem von Daniel Libeskind entworfenen Zentralgebäude der Universität, zeichnet sich das LIAS ferner durch universitäre Einbindung und Co-Creation aus.
Culture and Society in Transformation
Das LIAS in Culture and Society fördert diagnostische und kritische Forschung im breiten Bereich der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. Basierend auf dem Lüneburger Profil der Zusammenführung von geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Perspektiven überschreitet das LIAS in Culture and Society programmatisch akademische Disziplinen. Als Arbeit an gesellschaftlicher Potentialisierung im Zuge von Transformationsprozessen und Polykrisen werden am LIAS in Culture and Society Möglichkeiten erarbeitet, Zukünfte zu gestalten sowie Denk- und Handlungsoptionen zu erweitern. Es verwirklicht daher auch das erklärte Ziel der Leuphana, sich als Universität der Verantwortung für gesellschaftliche Transformationsprozesse zu stellen. Das LIAS in Culture and Society ist bis 2027 über das Programm »Spitzenforschung für Niedersachsen« (SPRUNG), ab 2027 über die Förderlinie »Potenziale strategisch entfalten« des Programms »Zukunft. Niedersachsen« aus Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur finanziert. Dabei ist es integraler Bestandteil der in diesem Rahmen geförderten strategischen Anstrengung der Leuphana Embracing Transformation.
Transformierendes Wissen
Ab Frühjahr 2027 beginnt die zweite Förderphase des LIAS. Entlang der etablierten Motti wie Thinking accross Hemispheres, Critique and Imagination, Potenzialialisation and Coexistence in a Globalized World liegt der Fokus des Instituts verstärkt auf gesellschaftlichen Transformationsprozessen in ihren historischen und gegenwärtigen Dimensionen sowie auf Szenen, Akteuren, Theorien, die selbst transformierendes Wissen hervorbringen. Ist Wandel zunächst per se als Problem der Moderne zu begreifen, so geschieht seit den 1950er Jahren (und noch einmal verstärkt seit 1989 und seit den 2000er Jahren) im Zuge von Kybernetisierung, Komputerisierung, Dekolonialisierung, Globalisierung und dem Hervortreten der Klimafrage eine zunehmende Fixierung von Wandel als vermeintlich gewaltfreie Transformation, die gestaltet, gesteuert, kontrolliert werden kann und muss. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und frühen 21. Jahrhunderts zeichnet sich womöglich eine neue Regierungsrationalität ab - eine Rationalität der Transformation - mit entsprechenden Wissens- und Machtformen, deren Genese und Effekte auf unterschiedlichen Schauplätzen zu untersuchen sind. Diese meist ökonomisch, technologisch oder politisch induzierten Wandlungsprozesse und Gouvernementalitäten gilt es in ihrer Form der Naturalisierung zu hinterfragen und den Blick auf Diskontinuitäten, Heterogenitäten oder Residuen aktueller und früherer Transformationsprozesse frei zu legen. Wir blicken auf Akteure, Nebeneffekte, Erfahrungen, Widerstände, Materialitäten, Narrative oder Konflikte von Transformation sowie auf transformative Praktiken und transformierendes Wissen in globaler, lokaler und multidirektionaler Hinsicht. Das LIAS fördert vor allem interdisziplinäre Forschung aus der gesamten Spannbreite von Culture and Society von für eine andere Imagination von Welt und des globalen Miteinanders eintreten, und damit Projekte, die selbst zu transformativem Wissen beitragen oder den Diskurs der Transformation als solchen hinterfragen.
[Stand 25. Oktober 2025]
©Collage: Niklar Keller; NASA (1972); Ebstorf World Map (um 1300), gemeinfrei via wikimedia; Daniel Sumesgutner
Programmatik und Selbstverständnis
Zielsetzung
Das LIAS in Culture and Society begegnet aktiv einem Diskurs der Alternativlosigkeit. Jenseits kurzfristiger Lösungsvorschläge zur Krisenbewältigung eröffnet es neue Perspektiven, Denk- und Handlungsräume. Entsprechend fördert es engagierte Wissenschaft zur Freilegung, Unterstützung und Vervielfältigung gesellschaftlicher Potentialisierungsweisen, d.h. eine Infragestellung vermeintlicher Gewissheiten, die neue Möglichkeiten der Forschung und Problemlösung aktiviert.
Problemlage und Leitgedanken
Das LIAS in Culture and Society fragt nach notwendigen Um- und Aufbrüchen von Kategorien, Denkansätzen und Methoden. Ohne die Erschließung neuer Denk- und Herangehensweisen, so eine Prämisse, wird die Zukunft zunehmend als eine wissenschaftlich-technische Herausforderung verstanden, im Sinne einer programmierten bzw. programmierbaren Zukunft, während gleichzeitig überwältigende kulturelle und soziale Herausforderungen nicht mehr adressiert werden können. Die Kulturwissenschaften am LIAS in Culture and Society sind vor diesem Hintergrund bestrebt, in ihrer interdisziplinären und internationalen Verfasstheit systematisch freizulegen, was durch technowissenschaftliche Operationalitäten, durch politökonomische Kalküle, gesellschaftlich dominante Wissensmuster und verdeckte wie offene Gewaltverhältnisse verstellt ist.
Perspektivisch sucht das LIAS im Kontext zunehmend disruptiver gesellschaftlicher Entwicklungen eine Reformulierung der Kulturwissenschaften als gesellschaftliche »Potentialisierung« bzw. Pluralisierung des Möglichen, die soziale und kulturelle Fragen auf komplexe und produktive Weise durch »Critique and Imagination, so eines unserer Motti, in Angriff nimmt. Ziel dieses Vorgehens soll dabei stets die Wiedererlangung einer Antwortfähigkeit der Gesellschaften sein. Das LIAS ist sich dabei den globalen Herausforderungen bewusst und manifestiert seine Verantwortung für grenzüberschreitendes, vernetztes sowie multiperspektivisches Denken im Motto »Co-Existence in a Globalized World«. In der Programmatik des »Thinking Across Hemispheres« wird der Wirkung von verknüpften Problemlagen des sogenannten globalen Südens und Nordens Rechnung getragen. Auf diese Weise wird freigelegt, was ungedacht, unartikuliert, unbefragt geblieben ist.
Förderansatz
Das LIAS in Culture and Society fördert geistes-, kultur- und sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung an der Schnittstelle von gesellschaftlicher Diagnose, kritischer Reflexion und Imagination.
Es werden herausragende Projekte ausgewählt, welche die historischen, aktuellen, sozio-kulturellen, epistemologischen, politisch-ökonomischen, rechtlichen und technisch-wissenschaftliche Bedingungen des Zusammenlebens in einer globalisierten Welt untersuchen. Innerhalb einer Community von internationalen Wissenschaftler*innen werden verschiedene Perspektiven auf Forschungsgegenstände und wissenschaftliche Probleme zusammen gedacht. So
unterstützt das LIAS eine Forschung, die multiple Artikulationsformen sichtbar macht und auf Zusammenhänge verweist, die für eine Perspektive jenseits sozialer oder politischer Verwerfungen stehen. Mit seinem Bestreben der Potentialisierung setzt das LIAS in Culture and Society auf ein Ethos der Problematisierung, auf kritische Gegenwartsdiagnostik, auf Genealogien zeitgenössischer Konfliktlinien, methodische Offenheit und auf kulturelle Erfindungskraft. Dabei können empirische Methoden mit konzeptioneller und theoretischer Arbeit, lokales Wissen mit transnationalen Imaginationen verknüpft werden. Insbesondere wird ein Dialog mit Forscher*innen des globalen Südens akzentuiert, also Sichtweisen, die europäische Perspektiven eher als Peripherie konstituieren.
Das Institut öffnet sich zudem bewusst außeruniversitären Akteur*innen im co-kreativen Ansatz einer gemeinsamen Arbeit an Potentialisierungen und der gezielten Diskurserweiterung, indem diese Dialoggruppen gezielt angesprochen und eingebunden werden. Über die vom LIAS in Culture and Society eingeladenen Public Fellows werden zudem programmbezogene Impulse gesetzt.
In diese Programmatik des LIAS, die ebenso die eigene Wissenschaftspraxis kreativ hinterfragt und zu erweitern sucht, fließen kulturelle und künstlerische Praktiken ein, die mit ihren sinnlich-materiellen und intellektuellen Qualitäten zu einer Vervielfältigung der Denkweisen, Methoden und Wahrnehmungen beitragen. Um diesen Akzent zu unterstreichen, vergibt das LIAS ein jährliches Artist Fellowship. Insgesamt fügen sich die Motti »Thinking Across Hemispheres«,»Potentialization«, »Critique and Imagination« und »Co-Existence in a Globalized World« zu einem ambitionierten und einzigartigen Resonanzraum und zu einer selbstreflexiven Auseinandersetzung mit Forschung und Universität.
©VolkswagenStiftung
©Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Kontakt
Leuphana Institute for Advanced Studies (LIAS) in Culture and Society
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