Pedro Oliveira

Fellow, Artist Fellow 2023-2024
Pedro J S Vieira de Oliveira forscht zu Stimmbiometrie und Migration. Seine wissenschaftliche wie künstlerische Arbeit im Bereich der Sound Art befasst sich mit dem Zuhören und seinen Auswirkungen auf rassistisch motivierte Gewalt und die polizeiliche Überwachung von Körpern in Grenzräumen. Mit seinem aktuellen Projekt zu Dialekterkennungssoftware untersucht er vor dem Hintergrund der globalen Migrations- und Flüchtlingsbewegungen in Deutschland jene Festschreibungen, die mit der Digitalisierung der menschlichen Stimme in Grenzkontrolltechniken einhergehen. In experimentellen, diskursiv-poetischen und theoretischen Konstellationen geht er mit seiner Forschung über klassische akademische Analysen hinaus, um Praxis als Theorie einzubeziehen und zu nutzen. Seine künstlerischen Interventionen gestaltet er neben und in Verbindung mit seinen wissenschaftlichen Texten als Klanginstallationen, Performances, Radiokunst sowie Audio Essays. Er ist zudem Mitbegründer der Forschungsplattform “Decolonising Design”.
Fellow-Porträt Pedro Oliveira
Projektskizze
Border Voices, Unknown Spectres
Wie hören Maschinen auf das „Menschliche“ und stellen es folglich (wieder) her? Wie kann dieses Zuhören und Herstellen wieder rückgängig gemacht werden? Mein aktuelles Projekt umfasst sowohl wissenschaftliche als auch künstlerische Arbeiten rund um Dialekterkennungssoftware, eine proprietäre Lösung, die vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Fällen von undokumentierten Asylbewerber*innen in Deutschland eingesetzt wird. Indem ich diese Dialekterkennungssoftware als einen materiell-diskursiven Raum verstehe, in dem ein (koloniales) Modell dessen, was ein Dialekt ist und sein sollte, angewendet wird, artikuliere ich Fragen über die Bedeutung des Zuhörens, der Stimme, der Migration und des „Menschseins“. Der Schwerpunkt liegt darauf zu zeigen, wie eine antikoloniale Auseinandersetzung mit maschinellem Zuhören das verkompliziert, in Frage stellt und oft ablehnt, was koloniale und wissenschaftliche Paradigmen versucht haben, als schlüssige Modi des Stimmenzuhörens zu etablieren. Ebenso geht es darum, wie dieses Zuhören den migrantischen Körper sedimentiert - und folglich definiert. Das Hauptziel ist die Arbeit an einer Monografie, die eine Reihe neuer theoretischer und poetischer Thesen zur Idee der Spektralisierung formuliert. Ein solches poetisch-theoretisches Potential ist möglicherweise nur durch die Auseinandersetzung mit der „spektralen Domäne“ aus einem antikolonialen Ethos heraus zu erreichen.
Ausbildung
2017 PhD Design Research, Universität der Künste Berlin
2012 MA Digitale Medien, Hochschule für Künste, Bremen
2008 BA Visuelle Kommunikation, Universidade Estadual Paulista, Bauru
2002 Diplom Elektrotechnik, Colégio Técnico Industrial, Bauru
Jüngste wissenschaftliche Position
Lehrbeauftragter für Sound Studies, Universität der Künste Berlin
Jüngste Veröffentlichungen
Pedro Oliveira, »How to Problematize a Border, or: Some Ongoing Notes on Transient Methodologies«, in: ArtNODES Journal, Sonderausgabe »Variantology«. no. 24, (2024): 1-8.
"»offensichtlich unbegründet«: a work in progress meditation on sonic biometry, migration and the archive". In: “Postcolonial Repercussions: On Sound Ontologies and Decolonised Listening”, herausgegeben von Ismaiel-Wendt, Johannes Salim und Andi Schoon,77-84. Bielefeld: transcript Verlag, 2022.
Mit Lee, Peggy, Kyoungwon, Osman, Shanti Suki and Marie Thompson. “A Conversation on Race, Sound, and the Im/possibility of Decolonised Listening”, Postcolonial Repercussions: On Sound Ontologies and Decolonised Listening, herausgegeben von Ismaiel-Wendt, Johannes Salim and Andi Schoon, 45-58. Bielefeld: transcript Verlag, 2022.