Daryoush Danaii ©Svenja Appuhn
Daryoush Danaii (Copyright: Svenja Appuhn)

Das Mikrofon steckt in einer Plastiktüte. Daryoush Danaii betrachtet es skeptisch. In Coronazeiten muss man Mikrofone mit etwas umwickeln, das wäre sonst der*dem Nachredner*in gegenüber unhygienisch. Schade, dass es ausgerechnet Plastik sein muss. Doch es tut seinen Zweck und dämpft den Ton nicht wie Stoffbeutel. Das ist wichtig, damit er und die anderen Redner*innen von der Demomenge gut gehört werden. Es ist der 28. August 2020 und die LandesAStenKonferenz, die Danaii koordiniert, demonstriert zusammen mit anderen Akteur*innen des „Solidarsemester-Bündnisses“ gerade vor dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur in Hannover für Finanzhilfen für Studierende. Das Bündnis besteht aus über fünf landesweiten Jugendorganisationen. Etwa 100 Menschen sind gekommen, genau genug, um die Abstände zu wahren. Danaii ist ganz zufrieden, ein kleines Team vom Fernsehen ist auch da, diese und weitere Journalist*innen berichten später über die Forderungen der Student*innen. Die Demonstrant*innen halten Plakate und Banner hoch, handbeschrieben in der serifenlosen Schrift, die schon seit Generationen immer für Banner benutzt wurde.

Die LandesAStenKonferenz (LAK) ist der Zusammenschluss der niedersächsischen Studierendenschaften. Als Zusammenschluss der jeweiligen Allgemeinen Student*innen Ausschüsse (AStA) der Hochschulen vertritt sie die etwa 210.000 Studierenden in Niedersachsen in gesellschaftlichen und politischen Belangen. Danaii hatte bereits mit der Hochschulpolitik zu tun als er 2018 in das Studierendenparlament der Leuphana gewählt wurde. Als er 2019 Teil des AStA-Sprecher*innen Teams war, kam er mit landesweiter Hochschulpolitik in Kontakt. 2020 übernahm er schließlich gemeinsam in einer Doppelspitze die Koordination der LAK. In seinen Bereich fallen verschiedene Aufgaben: „Wenn die Landesregierung zum Beispiel das Hochschulgesetz ändert, das die Rahmenbedingungen der Unis betrifft, dann wird die LAK miteinbezogen und zu einer Anhörung vor dem niedersächsischen Landtag eingeladen. 2021 wird das niedersächsische Hochschulgesetz geändert, schon seit über einem Jahr arbeitet die LAK daran studentische Forderungen miteinfließen zu lassen. Während der Coronapandemie geht es hauptsächlich darum, die Studierenden krisenbezogen zu unterstützen. Wir stehen zum Beispiel für die Verlängerung der Regelstudienzeit. Unter anderem mit der letzten Demo und unserer landesweiten Petition konnten wir jetzt schon die zweite Verlängerung der Regelstudienzeit erwirken. Die Probleme der niedersächsischen Studierenden gehen aber über die Verlängerung der Studienzeit hinaus, in einer landesweiten Umfrage stellte die LAK fest, dass sowohl finanzielle Sorgen als auch die Distanzlehre weitere und auch langfristige Herausforderungen mit sich bringt. So stieg die Arbeitsbelastung und psychische Belastung deutlich für die Studierenden.“

Danaii versucht dabei, immer beide Seiten zu sehen: „Natürlich laufen auch Sachen gut. Wir haben festgestellt, dass es in Lüneburg schnell geklappt hat mit der Umstellung mit der digitalen Lehre. Wir sehen auch niedersachsenweit, dass sich viele Lehrende und Mitarbeitende der Univerwaltung so gut anstrengen, wie sie können. Und wir merken auch, dass kreative Sachen geschafft worden sind, was zum Beispiel neue Lernformate angeht. Auch kann der Digitalisierungsfortschritt gute Seiten haben - etwa ein spontaner Austausch mit Lehrenden, wofür nach der Präsenzvorlesung vielleicht keine Zeit war. Da die Herausforderungen derzeit überwiegen wird die LAK und das Solidarsemesterbündnis sicher weiterhin für ihre Mitstudierenden einsetzen.“

Er studiert das Studium Individuale. „Hätte ich nicht Studium Individuale entschieden, hätte ich vermutlich Lehramt studiert. Es war die richtige Entscheidung, weil mir mein Studiengang die Freiheit lässt, mir diejenigen Inhalte zusammenzustellen, die ich brauche; ich muss mich nicht einem starren Konzept anpassen.“ Danaii wählt seine Seminare und Studienarbeiten so, dass sie dazu passen, was er nach dem Studium machen möchte, nämlich Politische Bildungsarbeit. Was ihn bei seinen vielen Engagements motiviert? „Die Frage nach Gerechtigkeit und das Spüren von Ungerechtigkeit treibt mich an“, sagt er, „es muss so laufen, dass alle mitmachen können, aber auch so, dass die Leute fair behandelt werden.“

Danaii wünscht sich, dass sich die LAK künftig auch mit vielen weiteren wichtigen Themen beschäftigen kann, die Aufgrund der Corona-Pandemie in den Hintergrund geraten sind: Feminismus an Hochschulen, Antidiskriminierungsstrategien und die Förderung von Erstakademiker*innen beim Weg zur Hochschule.