Research >> Transformation: „Die Welt neu erfinden“

27.09.2024 „Um Transformation geschehen zu lassen, muss nachhaltiges Handeln zur ersten Wahl werden.“ Dies gelte für zivilgesellschaftliche Akteur*innen ebenso wie für politische Entscheidungsträger*innen und Produzent*innen akademischen Wissens, so Dr. Johan Schot, Professor für „Global History and Sustainability Transitions“ an der Universität Utrecht. Er diskutiert, ebenso wie Dr. Nina Smidt, CEO und Vorstandssprecherin der Siemens Stiftung, während der Graduate School Opening Days mit bei der Podiumsdiskussion „Research >> Transformation“ am 11. Oktober. Dort wird auf die akademische Debatte um Transformation mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und Systemwandel eingegangen. Vorab geben Prof. Dr. Schot und Dr. Smidt einen kurzen Einblick in die Frage nach Transformation und Veränderung.

Prof. Dr. Johan Schot

©Johan Schot
„Nachhaltige Transformation ist das Neuerfinden der Welt, die wir mit der industriellen Revolution geschaffen haben.“

Für Prof. Dr. Schot ist klar: Eine nachhaltige Transformation bedeutet nichts weniger als eine fundamentale Neugestaltung der Spielregeln. Doch dieser Wandel passiert nicht über Nacht. „Wir brauchen neue Paradigmen, die Wissen aus verschiedensten Disziplinen miteinander kombinieren“, betont Schot und macht damit deutlich, dass ein solcher Prozess Zeit und interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert. Es müsse Raum für Alternativen geschaffen werden, die in geschützten Umgebungen wachsen können. Die „First Deep Transition“ der Industriellen Revolution habe die derzeit geltenden Regeln aufgestellt – nun sei es an der Zeit, diese in einer „Second Deep Transition“ neu zu schreiben. Besonders wichtig sei hierbei eine postkoloniale Perspektive: „Die ökologischen Probleme auf ungerechte Weise zu lösen, indem man den globalen Norden nachhaltiger gestaltet und den globalen Süden für die Folgen davon bezahlen lässt, wird diesmal nicht funktionieren.“

In einer Welt, die von Polykrisen geprägt ist – von der Klimakrise über steigende Ungleichheit bis hin zum Massenaussterben und der Ressourcenerschöpfung – muss, erklärt Schot, aktiv an einer besseren Zukunft gearbeitet werden. Seine Hoffnungen setzt er vor allem in die junge Generation: „Graduate Students können den Begriff des sozialen Fortschritts zurückerobern, diesen für sich beanspruchen und damit zu Architekt*innen einer neuen und nachhaltigeren Zukunft werden.“

Dass Veränderung möglich ist, zeigt sich laut Schot eindrucksvoll an der Energiewende. Was vor dreißig Jahren noch als undenkbar galt, ist heute Realität. Die Denkweise hat sich gewandelt, und die fossile Brennstoffindustrie, so Schot, sei „alt und im Untergang begriffen.“ Der Beweis: Transformation ist nicht nur möglich, sie findet bereits statt – und die nächste Generation ist bereit, die Zukunft in die Hand zu nehmen.

Dr. Nina Smidt

©©Enno Kapitza
„Lokale Ansätze und interdisziplinäre Zusammenarbeit treiben nachhaltige Veränderungen voran.“

Was bedeutet (nachhaltige) Transformation für Sie?

Nachhaltige Transformation bedeutet für mich tiefgreifende, systemische Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt, um eine zukunftsfähige, resistente Welt für alle zu schaffen. Es geht darum, soziale, ökologische und wirtschaftliche Ziele in Einklang zu bringen und sicherzustellen, dass unsere heutigen Entscheidungen die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen stärken.

Warum sollte sich jede*r Graduate Student mit Transformationsprozessen befassen und über diese nachdenken?

Graduate Students sind die Gestalter*innen der Zukunft und stehen vor komplexen Herausforderungen, sei es technologischer, sozialer oder ökologischer Natur. Sich mit Transformationsprozessen auseinanderzusetzen, bedeutet, aktiv an Lösungen für globale Krisen wie den Klimawandel oder soziale Ungerechtigkeiten zu arbeiten. Wer versteht, wie unterschiedliche Systeme und Prozesse zusammenwirken, kann Veränderungen effektiv mitgestalten und eine nachhaltige, gesellschaftliche Entwicklung vorantreiben.

Welche Bedeutung hat das Konzept der Interdisziplinarität für nachhaltige Transformationsprozesse?

Interdisziplinarität ist entscheidend für nachhaltige Transformationen, da komplexe Herausforderungen wie der Klimawandel nicht isoliert gelöst werden können. Ko-Kreation bringt Expert*innen aus verschiedenen Bereichen – Bildung, Sozialunternehmertum, Kunst und Kultur – zusammen, um vielfältige Perspektiven und innovative Lösungen zu entwickeln. Nur durch diese Zusammenarbeit entsteht nachhaltige, wirkungsvolle Veränderung.

Was ist Ihre liebste Erfolgsgeschichte, wenn es um nachhaltige Transformation geht?

Es gibt viele Erfolgsgeschichten, da jede Transformation für sich einzigartig ist. Besonders inspirierend ist WeTu in Kenia, wo Solarenergie nicht nur die Grundversorgung sichert, sondern auch die lokale Wirtschaft stärkt. Ebenso bemerkenswert ist Experimento, das Kindern durch forschendes Lernen hilft, Lösungen für globale Herausforderungen wie den Klimawandel zu entwickeln. Diese Projekte zeigen, wie lokale Ansätze und interdisziplinäre Zusammenarbeit nachhaltige Veränderungen vorantreiben.

Mit den Graduate School Opening Days vom 2.-11. Oktober begrüßen wir die neuen Masterstudierenden und Promovierenden an der Leuphana. Diese Graduate Students haben dann unter anderem die Möglichkeit, den Campus der Leuphana und ihre Kommiliton*innen über Programmgrenzen hinaus kennenzulernen. Ein Highlight dieser Tage stellt dabei auch die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Research >> Transformation“ am 11. Oktober dar. Als weitere Expert*innen werden, neben Prof. Dr. Schot, Dr. Nina Smidt von der Siemens Stiftung und Prof. Dr. Farny von der Leuphana an der Diskussion teilnehmen. Die Veranstaltung ist hochschulöffentlich. 

„Die Podiumsdiskussion bzw. unser akademischer Diskurs im Rahmen der Opening Days“, erklärt Leiterin der Graduate School Anja Soltau, „drückt im Kleinen aus, was wir im Großen mit dem Masterstudium und der Promotion an der Graduate School verwirklichen wollen: Wissenschaftliches Durchdringen eines aktuellen, nur interdisziplinär greifbaren Themas, mit Impulsen von internationalen, renommierten Wissenschaftler*innen und das in Gemeinschaft mit unserer gesamten Graduate Student Community.“

Kontakt – Akademische Veranstaltungen

  • Luisa Hilmer
  • Tom Kleist, M.Sc.