LIAS Workshop „Critical Utopia: Capital, Nature, Desire”
15. Jan.
Mit LIAS Fellow Egidijus Mardosas und LIAS Fellow Jason Goldfarb
Datum: Mittwoch, 14. Januar, 19–21 Uhr | Donnerstag, 15. Januar, 9:30–18 Uhr
Ort: Mittwoch: Scala Programmkino, Apothekenstraße 17, 21335 Lüneburg
Donnerstag: Leuphana Campus, Zentralgebäude, C40.601
Vor dem Hintergrund des Scheiterns und der Sackgassen der Revolutionen des 20. Jahrhunderts untersucht „Critical Utopia“ die Schnittstellen zwischen utopischem Denken, politischer Ökonomie, ökologischer Krise und den libidinösen Investitionen, die imaginäre Zukünfte stützen – oder untergraben. In einem sich ständig ausweitenden globalen kapitalistischen System, das durch zunehmende Spannungen aufgrund von Klimakatastrophen, neuen rassifizierten Diskriminierungen und wachsenden Überbevölkerungen gekennzeichnet ist, hinterfragen wir die Rolle spekulativer Zukunftsvisionen und utopischer Impulse in der heutigen Zeit. Ist es möglich, einen utopischen Zustand zu denken, der die Hoffnungsindustrie der Gegenwart vermeidet, ohne gleichzeitig in eine Verzweiflung zurückzufallen, die nur dazu dient, den Status quo zu bekräftigen? Wie könnte das Gespenst des emanzipatorischen utopischen Verlangens durch unsere libidinöse Ökonomie und die katastrophalen Folgen der kapitalistischen Organisation der „Natur“, sowohl der menschlichen als auch der nicht-menschlichen, geprägt werden?
Der erste Teil des Workshops „Critical Utopia” konzentriert sich auf die Auswirkungen der kapitalistischen Umweltzerstörung auf die utopische Rationalität. Einerseits äußern immer mehr Wissenschaftler*innen und Schriftsteller*innen die Notwendigkeit, die utopische Rationalität bei der Suche nach nachhaltigen Existenzformen wieder zu aktivieren. Andererseits stellt die fortschreitende Klimakatastrophe die Möglichkeit einer utopischen Form infrage. „Critical Utopia“ steht in diesem Spannungsfeld und fragt: Wie können wir utopische Rationalität auf einem bereits geschädigten Planeten kultivieren? Wie können wir emanzipatorische utopische Sehnsüchte bewahren, ohne verschiedene idealisierte Vorstellungen von „Natur“ wieder einzuführen?
Der zweite Teil des Workshops befasst sich mit der Beziehung zwischen Sehnsucht, Kritik und Utopie in der heutigen Zeit. Über die abgedroschenen Formeln des Mai 1968 von ungehindertem Genuss (jouissez sans entraves), totaler Befreiung und Entfremdung hinaus fragt er: Welche Formen des materiellen Kampfes, der Vermittlung oder der kritischen Ästhetik sind in der Lage, die libidinösen und wirtschaftlichen Kreisläufe zu unterbrechen, die die Gegenwart aufrechterhalten? Welche Arten utopischen Genusses – oder dessen Ablehnung – können Raum für neue Formen des kollektiven Lebens und der politischen Vorstellungskraft eröffnen? Und wie könnten diese materiellen und libidinösen wirtschaftlichen Elemente uns dazu zwingen, die Rolle der spekulativen und kritischen Ästhetik heute zu überdenken?
„Critical Utopia” zielt also weder darauf ab, idealistischen Eskapismus blind zu reproduzieren, noch eine Verriegelung der Zukunft aufrechtzuerhalten, sondern vielmehr darauf, die „ewige Gegenwart” zu kartografieren und transformative Möglichkeiten innerhalb des Raums zeitgenössischer soziopolitischer Misserfolge und der Katastrophe selbst zu lokalisieren. Es stellt die Herausforderung dar, die Rolle von Spekulation und Genuss in einer Ära der Stagnation, Verriegelung und des falschen Optimismus zu überdenken – einer Ära, in der Normen und Überschreitungen sich überschneiden.
Mit: Carl Cassegård, Universität Göteborg, Schweden | Joe P. L. Davidson, Loughborough University, Großbritannien | Lisa Garforth, Newcastle University, Großbritannien | Egidijus Mardosas LIAS Fellow | Gregor Moder, Universität Ljubljana, Slowenien | Anna-Maria Murtola, Universität Ostfinnland, Finnland | Barbara Ulrich Straub, Schweiz | Benjamin Studebaker, unabhängiger Wissenschaftler, USA
Programm:
14. Januar
19–21 Uhr LIAS-Filmreihe, SCALA Programmkino Cinema, Apothekenstraße 17, 21335 Lüneburg
Operai, contadini, Regie: Danièle Huillet und Jean-Marie Straub, Frankreich, 2001
Einführung und Diskussion: Barbara Ulrich Straub und LIAS-Fellow Egidijus Mardosas
15. Januar
ZENTRALGEBÄUDE, C40.601
9:30 Uhr Einführung in den Workshop
Teil I – Ecology and Utopia
9:45–11:15 Uhr Sitzung 1
Lisa Garforth, Newcastle University, Großbritannien: „Modest Climate Utopianism: Desiring, Describing, Decentring ”
Joe P. L. Davidson, Loughborough University, Großbritannien: „After the End of the World: Utopian Fiction Confronts the Climate Catastrophe ”
11:30–13 Uhr Sitzung 2
Carl Cassegård: Universität Göteborg, Schweden: „Two Models of Freedom: Marcuse, Adorno, and Planetary Ecological Catastrophe ”
Egidijus Mardosas, LIAS-Stipendiat: „Climate Crisis and the New Utopian Spirit ”
Teil II – Utopia, Enjoyment, and Critique
14–16 Uhr
Gregor Moder, Universität Ljubljana, Slowenien: „Against Utopia: From Marx to Lenin and Beyond”
Anna-Maria Murtola, Universität Ostfinnland, Finnland: „Waste, Subsistence, and Social Reproduction: Back to Basics”
Benjamin Studebaker, unabhängiger Wissenschaftler, USA: „Beyond ‘Work Hard, Play Hard’: Cultivating Alternative Sources of Motivation”
Anfragen und Kontakt:
- Dr. Christine Kramer