Egidijus Mardosas

Fellow 2025-2026

Egidijus Mardosas forscht zu Fragen des Anthropozäns, zu kritischer Theorie, zu utopischem und ökologischem Denken. Er wurde 2017 in Politikwissenschaft promoviert mit der Dissertation zu „Alasdair MacIntyre’s Revolutionary Aristotelianism: Politics of Emancipation, Community, and the Good“. Seit 2022 leitet er das vom litauischen Wissensschaftsrat geförderte Postdoc-Projekt „The Anthropocene and the Emergence of Eco-Marxism“, das die Auswirkungen des Klimawandels auf das gesellschaftliche und politische Denken insbesondere im Rahmen linker Kapitalismuskritiken untersucht. Zudem war er Gastforscher des Vienna Anthropocene Network. Neben seiner akademischen Tätigkeit engagierte er sich als Redakteur des Ökologie-Ressorts von LŪŽIS, einer litauischen Zeitschrift für Kultur- und Politikkritik.

Forschungsskizze

Rethinking Utopia: Beyond Abundance and Harmony

Die Klimakrise erfordert ein radikales Neudenken des Utopiebegriffs. Die westliche Utopietradition beruht auf zwei zentralen Annahmen über die Natur: Überfluss – die Vorstellung, dass die Natur unbegrenzte Ressourcen für menschlichen Fortschritt bereitstellt, und Harmonie – der Glaube an eine stabile, vorhersehbare Natur, die ein Gleichgewicht zwischen Gesellschaft und Umwelt ermöglicht. Das Anthropozän hat diese Grundlagen erschüttert. Der Klimawandel zeigt die Natur als unvorhersehbar, fragil und nicht mehr als unerschöpfliche Quelle von Ressourcen.

Mardosas Forschung untersucht kritisch, wie diese Annahmen die westliche utopische Einbildungskraft geprägt haben und fragt, ob utopisches Denken ohne sie noch möglich ist. Mithilfe der Methode der ökologischen Geschichte der politischen Ideen (Charbonnier 2021) wird analysiert, wie utopische Vorstellungen historisch von Umweltbedingungen abhingen, die heute nicht mehr gelten. Der Fokus liegt auf frühneuzeitlichen utopischen Texten, deren ökologische Grundannahmen kritisch hinterfragt werden.

Durch die Aufdeckung dieser überholten Annahmen leistet die Studie einen Beitrag zur Neuausrichtung des utopischen Denkens in der ökologischen Krise. Wie lassen sich alternative Zukünfte entwerfen, wenn weder Überfluss noch Harmonie vorausgesetzt werden können? Die Forschung greift aktuelle Debatten zu Postwachstum und Degrowth auf und untersucht, wie neues utopisches Denken unter ökologischen Zwängen entstehen kann. Ziel ist es, einen interdisziplinären Dialog über die Neuerfindung des Utopismus in Zeiten ökologischer Instabilität zu eröffnen.

Ausbildung

2017 PhD Political Science, Vytautas-Magnus-Universität, Kaunas, Litauen
2012 MA Comparative Politics, Universität Vilnius, Litauen
2010 BA Political Science, Universität Vilnius, Litauen

Jüngste wissenschaftliche Position

Postdoktorand, Philosophische Fakultät, Universität Vilnius, Litauen. 

Jüngste Veröffentlichungen

»Technology, Virtue and the Good Life: Between Production and Consumption«, Filosofija. Sociologija 34, Nr. 1 (2023), S. 6–13. 
»Applying the MacIntyrean Theory of Practice and Institution for Technocriticism: Towards Practice-Focused Technological Innovation«, Philosophy and Technology (im Erscheinen).
Revolutionary Aristotelianism and Ideology: Alasdair MacIntyre on Practical Reason and Virtue, London: Bloomsbury, 2024.