Nathalia de Castro Lavigne

Fellow 2025-2026

Nathalia de Castro Lavigne setzt sich kritisch mit den Schnittstellen von Technologie, Erinnerung und Kunst auseinander und fragt wie Kunst andere Formen von Verbindung und Vernetzung, jenseits von Social Media, herstellen kann. In ihrer Doktorarbeit (De)Musealizations and Counter-Collecting Practices in Instantaneous Archives untersuchte sie die Auswirkungen sozialer Medien auf Museums-Narrative, insbesondere im Zuge des Aufstiegs von Instagram im Jahr 2010. In ihrer aktuellen Forschung untersucht sie spekulative Alternativen zu digitalen Netzwerken und betont dabei de-koloniale und nicht-hierarchische Strategien in der zeitgenössischen Kunst und Aktivismus. Mit einem transdisziplinären Ansatz untersucht Lavigne, wie Künstler*innen und Kollektive mit den Fehlern des Web 2.0 umgehen und andere, von Gemeinschaften getragene Verbindungsmodelle vorschlagen. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit arbeitet Lavigne als freie Kuratorin und schreibt regelmäßig Kunstkritiken für Artforum, Contemporary & und Folha de São Paulo. Sie hat Ausstellungen in Brasilien, Deutschland und den Vereinigten Staaten kuratiert, darunter „Against, Again: Art Under Attack in Brazil“ (Shiva Gallery, New York) und „Disappearance Tactics“ (Paço das Artes, São Paulo). 

Forschungsskizze

After Networks: A Critical Examination of Horizontality and Speculative Forms of Connection in Contemporary Art and Activism

Mein Forschungsprojekt zielt darauf ab, das Verständnis von Netzwerken nach dem sogenannten verlorenen Jahrzehnt des Internets und dem Ende der Vorstellung, dass das Web 2.0 ein demokratisches und emanzipatorisches Umfeld sein würde, neu zu denken. In einer Zeit, in der die Politik der Überwachung eine weitere Dimension im Alltag erlangt hat, ist digitale Lethargie jener Zustand, der die heutige Gesellschaft als Reaktion auf die ständige Forderung, unser erweitertes Selbst auf verschiedenen Plattformen zu aktualisieren, durchdringt. Zu diesem Zweck wird eine ethnografische Forschung durchgeführt, die im Wesentlichen auf drei Fallstudien im Kunstbereich basiert, in denen Praktiken verteilter Intelligenz und nicht-hierarchische Machtmodelle zum Einsatz kommen – Ideen, die von Gruppen verbreitet werden, die aktiv an der Entstehung des Internets beteiligt waren. Die erste ist das Kollektiv Decolonize This Place, dessen Mitglieder aus der Occupy-Wall-Street-Bewegung (2011) stammen, als eine Welle des Aktivismus begann, soziale Medien zu nutzen. Das zweite ist die Documenta 15 (2022) unter der künstlerischen Leitung des Ruangrupa-Kollektivs, bei der die Idee der Horizontalität in der kuratorischen Arbeit aufgegriffen und sowohl in der Weise des Kuratierens als auch in der auf soziale Interaktion abzielenden Ausstellungsgestaltung verwirklicht wurde. Schließlich analysiere ich die Anwendung des Konzepts der „Netzwerkpädagogik“ in Projekten der indigenen Künstler Denilson Baniwa und Gustavo Caboco. In den letzten Jahrzehnten haben soziale Netzwerke einen enormen Einfluss auf die Stärkung des Kunstsystems als hocheffizientes internationales Netzwerk gehabt. Kunst- und Aktivist*innengruppen, die in diesem Kontext entstanden sind, haben viele dieser Aspekte übernommen. In einer Zeit, in der das Scheitern dieser Systeme offensichtlich ist, ist es jedoch notwendig, die dort erlernten Netzwerkmethoden in anderen Bereichen und Kontexten anzuwenden.

Ausbildung

2023 PhD (Kunstgeschichte), Fakultät Architektur- und Städtebau, Universität São Paulo, Brasilien
2014 MA Cultural and Critical Studies, Birkbeck, Universität London, Großbritannien
2004 BA Journalismus, Katholische Universität von Rio de Janeiro, Brasilien

Jüngste wissenschaftliche Position

Postdoc, Contemporary Art Museum, Universität von São Paulo (MAC USP)

Jüngste Veröffentlichungen

»Occupying the Archives: Agency over Images and Folksonomy Developed through Collaborative Initiatives«, in: Eva Bentcheva, Monica Juneja, Franziska Koch und Miriam Oesterreich (Hg.), Lessons Learned? Transcultural Perspectives in Curating and Pedagogies, Heidelberg Academy Volume, Heidelberg: ICI Berlin Press, 2024.
»Ways of Seeing: Visitors Inside the Galleries from the Post-Photographic to the Musealized Museum«, in: Claudia Mattos Avolese (Hg.), In Motion: Migrations. Proceedings of the 35th World Congress of Art History, São Paulo: Vasto Edições, 2023, S. 484–501.
mit G. Beiguelman, »The Museum with Only Walls: An Involuntary Memorial of Rio de Janeiro’s National Museum on Instagram«, in: Victoria G. Walden (Hg.), The Memorial Museum in the Digital Age, Falmer: REFRAME Books, 2022.