Optimierung des ÖPNV: Die Störungen sind schon eingeplant

24.06.2019 In den ver­gan­ge­nen 20 Jah­ren ist das öffent­li­che Nah­ver­kehrs­netz ste­tig ge­wach­sen. Ge­ra­de Bus­se sind be­son­ders re­le­vant, da sie in Stadt und auf dem Land un­ter­wegs sind. Wis­sen­schaft­ler*in­nen der Leu­pha­na und FU Ber­lin ar­bei­ten jetzt in ei­nem neu­en For­schungs­pro­jekt über die ro­bus­te Op­ti­mie­rung im ÖPNV. Die Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) un­terstützt das zunächst auf 18 Mo­na­te aus­ge­leg­te Ko­ope­ra­ti­ons­pro­jekt mit der FU Ber­lin mit rund 280 000 Euro.

Wenn Lin Xie an der Hal­te­stel­le auf ei­nen Bus war­tet, denkt sie meist an ihre For­schung. Die Ju­ni­or­pro­fes­so­rin für Wirt­schafts­in­for­ma­tik, ins­be­son­de­re Ope­ra­ti­on Re­se­arch weiß, wie kom­plex die Lo­gis­tik von Bus­un­ter­neh­men ist. Zum ei­nen muss die lang­fris­ti­ge Pla­nung ste­hen: Wie ver­lau­fen Bus­rou­ten? Wie vie­le Fahr­zeu­ge be­trei­be ich? Wie sieht der Fahr­plan aus? Trotz ei­ner gut durch­dach­ten Sys­te­ma­tik ste­hen Bus­un­ter­neh­men tagtäglich neu­en Her­aus­for­de­run­gen ge­genüber: Staus, Kran­kenstände von Fah­rer*in­nen oder tech­ni­sche Pro­ble­me sind nur ei­ni­ge von sehr vie­len Va­ria­blen, mit de­nen Un­ter­neh­men je­den Tag rech­nen müssen. Doch trotz Störun­gen muss der Be­trieb wei­ter­lau­fen, aber auch die Be­triebs­kos­ten dürfen sich nicht stark erhöhen. Auf­grund der Kom­ple­xität von Ver­kehrs­pro­ble­men ent­wi­ckelt Lin Xie in Ko­ope­ra­ti­on mit der FU Ber­lin eine pro­to­ty­pi­sche Soft­ware, die später in Bus­un­ter­neh­men ge­tes­tet wer­den soll. Die Soft­ware kann mit Da­ten ver­gan­ge­ner oder ak­tu­el­ler Störun­gen gefüttert wer­den: Wo ist die Stau­ge­fahr etwa be­son­ders groß? Wel­che tech­ni­schen De­fek­te ent­ste­hen an Fahr­zeu­gen? Auf wel­chen Li­ni­en kommt es im­mer wie­der zu Ver­spätun­gen? Die Soft­ware soll Lösungs­mo­del­le er­rech­nen, durch die die Kon­se­quen­zen der Störun­gen möglichst klein ge­hal­ten wer­den.

Das For­schungs­pro­jekt „Ro­bus­te in­te­grier­te Um­lauf-, Ta­ges­dienst- und Dienst­rei­hen­fol­ge­pla­nung im ÖPNV“ ar­bei­tet an der ge­mein­sa­men Op­ti­mie­rung der tägli­chen Abläufe der Fahr­zeu­ge und der mo­nat­li­chen Pla­nun­gen der Fah­rer mit Berück­sich­ti­gung der Störun­gen. Al­ler­dings sind we­der die In­te­gra­ti­ons­as­pek­te noch die Ro­bust­heit bis­her aus­rei­chend er­forscht wor­den. Um das zu ändern, en­ga­gie­ren sich Wis­sen­schaft­ler*in­nen der Leu­pha­na und FU Ber­lin jetzt in dem For­schungs­pro­jekt. Das ers­te Tref­fen des Pro­jekts war am 14. Juni an der FU Ber­lin. Das For­schungs­pro­jekt hat sich zum Ziel ge­setzt, ein Pla­nungs­mo­dell zu ent­wi­ckeln, das ei­ner­seits für die Un­ter­neh­men kostengüns­tig ist und Res­sour­cen schont, an­de­rer­seits aber auch ge­gen Störun­gen ro­bust ist. „Das geht am bes­ten, wenn wir Störun­gen gleich mit ein­pla­nen. Des­halb bau­en wir zeit­li­che Puf­fer ins Sys­tem ein, aber die kos­ten eben auch Geld“, erklärt Lin Xie. 

Erst­mals berück­sich­ti­gen die Wis­sen­schaft­ler*in­nen nicht nur die tech­ni­schen Abläufe, son­dern auch die mensch­li­che Kom­po­nen­te: Die Zu­frie­den­heit der Bus­fah­rer*in­nen ist eine wei­te­re Va­ria­ble bei der Mo­del­lie­rung. „Kom­men die Mit­ar­bei­ter*in­nen gern zur Ar­beit, ist es auch für die Bus­un­ter­neh­mer*in­nen ein Ge­winn. Mit­ar­bei­ten­de, die sich in ih­ren Bedürf­nis­sen ernst­ge­nom­men fühlen, sind auch verläss­li­cher“, erklärt Lin Xie. 

Prof. Dr. Lin Xie ©Leuphana / Kersten Benecke
Prof. Dr. Lin Xie