UNESCO Chairs Konferenz: Mehr Nachhaltigkeit und Jugendbeteiligung an Universitäten
Internationale Tagung an der Leuphana mit 70 Teilnehmenden setzt Impulse
17.10.2024 Trommeln und Nachhaltigkeit sind Begriffe, die die meisten Menschen wohl kaum miteinander in Verbindung bringen. Für Ananda Abreed aber ist das selbstverständlich. Die Professorin für Theater hat in Ruanda Trommelkurse für junge Frauen und Mädchen initiiert. „Sie lernten darin, trommelnd, singend und tanzend ihre Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken“, erläutert Abreed. Ziel der Angebote war es, die Teilnehmerinnen mit Politiker*innen in Kontakt zu bringen, um so Einfluss auf die Gestaltung der Zukunft Ruandas und die Transformation der Gesellschaft zu nehmen. Aber nicht nur das ist ungewöhnlich an dem Projekt – war das Trommeln in Ruanda doch bislang der männlichen Bevölkerung vorbehalten. Die Vorgehensweise und die Ergebnisse ihres Projektes stellte die Professorin der University of Lincoln (Großbritannien) jetzt bei der internationalen UNESCO Chairs Konferenz vor 70 Teilnehmenden an der Leuphana Universität Lüneburg vor.
Die Präsentation Abreeds gehört zu den Momenten der Konferenz, in denen sich Prof. Dr. Daniel Fischer in seiner Arbeit besonders bereichert und unterstützt fühlt. Das resümierte der Professor für Bildung für Nachhaltige Entwicklung und Sachunterricht der Leuphana am Ende der drei Konferenztage. Seit Februar 2024 hat Fischer zusätzlich den UNESCO Lehrstuhl Hochschulbildung für Nachhaltige Entwicklung an der Leuphana inne. In dieser Funktion hat er seine Kolleg*innen aus Deutschland und der Welt zur jährlichen Konferenz eingeladen. Thema: Der Blick der UNESCO Lehrstühle auf die Ziele für Nachhaltige Entwicklung – die sogenannten „Sustainable Development Goals (SDG).
Der Lüneburger UNESCO Lehrstuhl ist der einzige in Deutschland, der sich mit Nachhaltiger Entwicklung in der Hochschulbildung befasst – insgesamt gibt es in unserem Land 17 von ihnen, weltweit mehr als 1000. UNESCO Lehrstühle verpflichten sich, durch internationale Zusammenarbeit, interkulturellen Dialog und interdisziplinäre Lehre und Forschung zu den Zielen der UNESCO beizutragen. In deren Zentrum stehen die SDG. Diese sollen bis 2030 erreicht sein, haben also die Hälfte ihrer Laufzeit hinter sich – ein Anlass, bei der Tagung eine Zwischenbilanz zu ihrer Umsetzung zu ziehen.
Erstmals waren bei einer Konferenz der UNESCO Lehrstühle auch junge Akademiker*innen der deutschen UNESCO Lehrstühle dabei. Die jungen Delegierten richteten den Blick in die Zukunft: Sie forderten die älteren Forschenden auf, sie stärker an ihrer aktuellen Forschung zu beteiligen und nicht nur über sie zu forschen. Immerhin gehe es um ihre Zukunft, so die Studierenden. „Wir wollen Veränderung bewirken“, betonte Linda von Heydebreck, die an der Leuphana studiert. Ihre Kommilitonin Unurjavkhlan Tuvshinbayar trug von den jungen Delegierten entwickelte Ideen vor, wie Studierende und UNESCO Lehrstühle an den Universitäten stärker zusammenarbeiten können. Am Leuphana-Lehrstuhl wird dies bereits aufgegriffen. So werde in den kommenden Wochen ein*e studentische*r UNESCO Lehrstuhl Vertreter*in ernannt, erläuterte Fischer und ergänzte: „Die Person wird unseren Chair beraten und unsere Arbeit stärker in die Studierendenschaft tragen.“ Seine Mitarbeiterin Deepika Joon ergänzte: „Ein studentischer UNESCO Chair ist ein ganz neuer Ansatz im Netzwerk der deutschen UNESCO Lehrstühle, der auch von den Kolleg*innen mit Interesse verfolgt wird.“
Während der Konferenz befassten sich die Gäste außerdem mit aktueller Forschung zum Thema Nachhaltige Entwicklung, aber auch mit möglichen Perspektivwechseln – um zu Nachhaltigkeit möglichst umfassend beitragen zu können. Dazu rege vor allem der Austausch mit den Teilnehmenden aus anderen Ländern und anderen Fachrichtungen an, so Daniel Fischer. Das Netzwerken, der gemeinsame Gedankenaustausch, das Betrachten und Reflektieren von Prozessen seien am besten in Präsenz möglich, betonte Florian Kübler, der als Vertreter der Deutschen UNESCO-Kommission die Konferenz begleitete.
Ganz praktische Ergebnisse stellte Ananda Abreed in ihrer Präsentation vor. Sie erläuterte, wie sehr sich die jungen Frauen in Ruanda durch das Trommelprojekt verändert hätten, das sie auch in anderen Ländern mit anderen künstlerischen Ausdrucksmitteln umgesetzt habe. Dazu gehörten Kasachstan, die Republik Kongo, Libanon, Indonesien, Japan, Nepal, Palästina und die Türkei. Die Teilnehmerinnen ihrer Angebote trögen das Erlernte nicht nur in die Politik, erläuterte Abreed: „Es wirkt auch bei ihnen zuhause und ermöglicht ihren Eltern und anderen Familienmitgliedern einen Perspektivwechsel“, ergänzte die Professorin und Künstlerin. So wirke die Arbeit weit in die Zukunft der Länder hinein.
Chair-Inhaber
- Prof. Dr. Daniel Fischer