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Automatisiertes Fahren: Felix Kortmann – Big Data für mehr Sicherheit

29.03.2021 Informationen über den Zustand von Straßen sind sowohl für Kommunen als auch die Autoindustrie interessant. Der Doktorand in der Wirtschaftsinformatik hat ein Verfahren entwickelt, das stetige Messungen mit standardmäßig verbauten Auto-Sensoren ermöglicht. Zuletzt überzeugte der 29-Jährige bei einem weltweit ausgeschriebenen Wissenschaftswettbewerb zum Machine Learning.

Felix Kortmann im Anzug. ©Felix Kortmann
Felix Kortmann promoviert am Institut für Wirtschaftsinformatik.

Der Zustand unserer Straßen wird im Mittel etwa alle drei bis vier Jahre mit speziellen Messfahrzeugen ermittelt. Schäden werden deshalb häufig erst spät erkannt. Der Ingenieur Felix Kortmann arbeitet nun an einem System, das bestehende Sensorik in Autos nutzt, um permanent Daten über Straßenzustände zu sammeln. Er nutzt dabei die Sensoren für das Fahrzeugniveau und die Beschleunigung, die beide beispielsweise zur Leuchtweitenregulierung verwendet werden. Über das Feder-Dämpfer-System des Autos nehmen die Sensoren Höhenunterschiede beim Fahren auf, die etwa durch Schlaglöcher oder Wellen verursacht werden. Zusätzlich macht eine Kamera Aufnahmen. Mithilfe einer Software sollen die gesammelten Daten zeitnah in eine Cloud-Plattform geladen werden. Messergebnisse könnten so allen Autofahrer*innen übers Internet zugänglich gemacht werden. Die Entwicklung soll einerseits den Fahrkomfort verbessern, indem das Auto schon frühzeitig über Straßenunebenheiten, aber auch unterschiedliche Straßenbeläge informiert wird. Aber sie kann auch einen wichtigen Beitrag zum automatisierten Fahren leisten: „Um die Sicherheit bei dieser neuen Technik zu gewährleisten, brauchen wir sehr genaue Informationen über die Fahrumgebung“, erklärt Felix Kortmann. Er selbst hat zwei Fahrzeuge mit seiner entwickelten Technik ausgestattet, die nun Daten für ihn sammeln. Was also bisher Fahrer*innen mit ihren Augen oder Ohren erfasst haben, übernehmen dort Sensoren. 

Felix Kortmann hat sich bereits vor seiner Doktorarbeit mit dem Internet of Things auseinandergesetzt. Ziel ist es, Dinge aus der realen Welt mit dem Internet zu verbinden, um Funktionen intelligenter zu nutzen. Felix Kortmann war bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Unternehmensberatung Ernst & Young ein Jahr lang als Werksstudent beschäftigt und dann als Berater. Er verwendete dort das Internet of Things, um logistische Abläufe zu optimieren. Bereits während seines dualen Studiums der Mechatronik an der Hochschule Hamm-Lippe war er beim HELLA Konzern beschäftigt, einem börsennotierten Produzenten von Lichttechnik und Elektronikprodukten für die Autoindustrie. Nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Hochschule Mannheim schloss er bei dem Lippstädter Unternehmen eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an. „Ich habe mich aus der Wirtschaft für ein Promotionsstudium beworben“, berichtet Felix Kortmann. Über einen Freund in Berlin hörte er von Dr. Paul Drews, Professor für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Digitale Transformation und Informationsmanagement an der Leuphana Universität Lüneburg: „Ein tolles Match in Anbetracht der digitalen Herausforderungen des traditionellen Komponentenherstellers HELLA“, sagt Felix Kortmann. Seine wissenschaftliche Arbeit wird außerdem betreut durch Dr. Burkhardt Funk, Professor für Wirtschaftsinformatik, insbesondere E-Business und Dr. Jens Heger, Professor für Ingenieurwesen, insbesondere Modellierung und Simulation technischer Systeme und Prozesse, um dem interdisziplinären Ansatz gerecht zu werden. 

Die Ergebnisse von Felix Kortmanns Forschung sind aber nicht nur für die Autoindustrie interessant, sondern auch für Stadtplaner. Der Doktorand hat seine Entwicklung bereits in Frankreich präsentiert und angewendet. Zuletzt überzeugte er auf der renommierten IEEE International Conference on Big Data 2020. Die Veranstalter hatten einen internationalen Wettbewerb zur Objekterkennung ausgeschrieben: Mit Hilfe von 30 000 gelabelten Bildern von Straßenunebenheiten sollte ein neuronales Netz trainiert werden, um auf den noch unbearbeiteten Bildern beispielsweise Schlaglöcher zu erkennen. Der Doktorand gehörte zu den zwölf besten Teilnehmenden. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird er seine Doktorarbeit abschließen und kann sich eine weitere Tätigkeit in der Wissenschaft vorstellen.